Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.06.2003; Aktenzeichen 2 A 10097/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, wie Beurteilungsbeiträge inhaltlich gestaltet sein müssen bzw. dürfen, wenn der Erstbeurteiler nicht selbst unmittelbarer Vorgesetzter des Beurteilten ist und daher auf Grund der anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien Beurteilungsbeiträge des unmittelbaren Vorgesetzten einzuholen hat. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil bereits auf Grund der Gesetzeslage feststeht und im Übrigen in der Rechtsprechung des Senats geklärt ist, dass Beurteilungsbeiträge die Informationen enthalten müssen, die es dem Erstbeurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt (Urteil vom 5. November 1998 – BVerwG 2 A 3.97 – BVerwGE 107, 360 ≪361 f.≫). Die Feststellungen und Bewertungen in einem Beurteilungsbeitrag sind, soweit sie keine Rechtsfehler aufweisen, insoweit beachtlich, als sie bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssen. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Regelbeurteilung. Dies schließt nicht aus, dass sich der für die abschließende Beurteilung Zuständige weitere Erkenntnisse über den Beurteilten für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, ferner dass er die tatsächliche Entwicklung – insbesondere bestimmte Vorkommnisse – außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet oder dass er zu einer abweichenden Bewertung gelangt. Deshalb ist er an die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung “fortschreibend” übernehmen müsste (Urteile vom 26. Juni 1980 – BVerwG 2 C 8.78 – BVerwGE 60, 245, vom 2. April 1981 – BVerwG 2 C 34.79 – BVerwGE 62, 135 ≪140≫ und vom 18. August 1992 – BVerwG 1 WB 106.91 – ZBR 1993, 89 f.; Beschluss vom 24. Oktober 1989 – 1 WB 194.88 – BVerwGE 86, 201 ≪203≫). Es ist jedoch nicht in sein Ermessen gestellt, ob und wie er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt (Urteil vom 5. November 1998 – a.a.O.).
Dabei versteht es sich von selbst, dass die Beurteilungsbeiträge im Rahmen ihrer Funktion als Erkenntnisquelle innerhalb der Gesamtbeurteilung im Grundsatz denselben Anforderungen unterliegen wie die Beurteilung selbst; auch ihr Verfasser darf also nicht den Begriff oder gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegt, verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Wertmaßstäbe missachten, sachfremde Erwägungen anstellen oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Er hat vielmehr von einem zutreffend ermittelten und – im Rahmen des von dem Beurteilungsbeitrag abzudeckenden Feldes – vollständigen Sachverhalt auszugehen; Wertungen müssen sich auf nachvollziehbare Feststellungen gründen. Leidet der Beurteilungsbeitrag insoweit an Mängeln und macht sich der Erstbeurteiler den Beurteilungsbeitrag ohne eigene Nachprüfung zu Eigen, so ist auch die Beurteilung selbst fehlerhaft (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl. 2003, B V. Rn. 282a m.w.N.). Dabei bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein Beurteilungsbeitrag mängelbehaftet ist, wenn sein Verfasser – gleichgültig, ob er in das weitere Beurteilungsverfahren einbezogen ist oder nicht – objektiv beurteilungserhebliche tatsächliche Umstände unterdrückt oder verkürzt oder unzutreffend darstellt, weil er sie für irrelevant hält. Soweit es sich um die Erfassung laufbahntypischer Aufgaben handelt, muss auch der Beurteilungsbeitrag nachprüfbare Feststellungen enthalten und darf sich nicht darauf beschränken – wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist –, beurteilungsrelevante Sachverhaltskomplexe “defizitär” darzustellen oder sogar lediglich eigene Werturteile beizutragen. Ebenso wenig bedarf der Klärung, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Beurteilungsbeitrag in den zu beachtenden Beurteilungsrichtlinien als ein vom Erstbeurteiler zu berücksichtigendes “Votum” bezeichnet wird, wie es hier der Fall ist (Nr. 1.2.1. der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt und Forsten vom 13. März 2001 – MinBl S. 308). Ob diese Grundsätze bei der Beurteilung des Klägers eingehalten worden sind oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls, die keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich ist.
Dasselbe gilt für die weitere Frage, mit welcher Detailtiefe der formell in das Beurteilungsverfahren eingebundene unmittelbare Vorgesetzte in seinem Beurteilungsbeitrag den Erstbeurteiler mit Tatsacheninformationen versorgen muss bzw. inwieweit sich der Erstbeurteiler in Detailfragen, denen er für die Bildung seines Gesamturteils nur untergeordnetes Gewicht zubilligt, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf das Werturteil des unmittelbaren Vorgesetzten verlassen darf. Die Beantwortung dieser Frage hängt in erster Linie vom jeweiligen Beurteilungssystem ab und entzieht sich damit einer allgemeingültigen Klärung. Mit dieser Frage wendet sich die Beschwerde vielmehr nach Art einer Berufung gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts, der unmittelbare Vorgesetzte habe die für die Bewertung der laufbahntypischen Aufgaben heranzuziehenden Sachverhalte nicht vollständig und richtig erhoben.
2. Das Berufungsurteil weicht auch nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Von dem Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen, ist das Berufungsgericht nicht abgewichen, sondern selbst ausgegangen. Sollte es, wie die Beschwerde meint, diesen Grundsatz verletzt haben, so hat es damit keinen abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern allenfalls einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts unrichtig angewendet. Das aber rechtfertigt nicht die Divergenzrevision.
3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor. Die Beschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht nur den Erstbeurteiler des Klägers als Zeugen vernommen hat; das Gericht hätte, so meint die Beschwerde, den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers zu der Frage vernehmen müssen, ob ihm die durch den Kläger vorgetragenen Aspekte bei der Abfassung seines Beurteilungsbeitrags bekannt gewesen seien und entsprechend Eingang in seinen Beurteilungsbeitrag gefunden hätten. Ausgehend von der für die Prüfung eines Verfahrensmangels maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bedurfte es einer solchen Vernehmung nicht. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts beruht der Beurteilungsmangel insgesamt darauf, dass dem Erstbeurteiler der beurteilungsrelevante Sachverhalt in wesentlicher Hinsicht nicht vollständig und zutreffend vorgelegen habe. Für die Fehlerhaftigkeit des Beurteilungsbeitrags war es nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung, ob dem Vorgesetzten des Klägers die vom Kläger vorgebrachten tatsächlichen Gesichtspunkte bekannt waren oder nicht. Im Übrigen verletzt ein Gericht seine Aufklärungspflicht nicht, wenn es davon absieht, einen Zeugen zu vernehmen, dessen Vernehmung eine rechtskundig vertretene Partei selbst nicht beantragt hat.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Dr. Kugele, Groepper
Fundstellen