Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamtenrecht. Auslegung der Besoldungsüberleitungsregelung des § 25 des Hessischen Besoldungsgesetzes; Wesenswandel (Harmonisierungsregelung) durch spätere Einfügungen?. Fürsorge-Schadensersatzansprüche bei Untätigkeit des Besoldungsgesetzgebers?
Normenkette
Hessisches Besoldungsgesetz 1957/61 § 1; Hessisches Besoldungsgesetz 1957/61 § 10; Hessisches Besoldungsgesetz 1957/61 § 25
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 28.07.1964; Aktenzeichen OS I 35/63) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 1964 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der im Jahre 1920 geborene Kläger bestand nach im Sommer 1939 begonnenem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften die 1. juristische Staatsprüfung im Jahre 1942 und legte im Jahre 1947 die 2. juristische Staatsprüfung ab. Nach vorübergehender Tätigkeit in einem Rechtsanwaltsbüro wurde er am 19. April 1948 zum Hilfsrichter (Assessor) bei dem Landgericht M… (Westfalen) bestellt und dort am 1. März 1949 zum Gerichtsassessor und am 1. Oktober 1950 zum Landgerichtsrat ernannt. Vom 25. November 1954 bis 1. Juni 1958 war er vom Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen an das Bundesjustizministerium abgeordnet worden. Mit Wirkung vom 2. Juni 1958 wurde er an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in K… versetzt und zum Oberverwaltungsgerichtsrat ernannt. Mit Wirkung vom 1. Juli 1961 wurde er zum Senatsrat beim Bundespatentgericht in M… ernannt.
Der Oberlandesgerichtspräsident in H… leitete im September 1958 auf Grund des Besoldungsanpassungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – BesAG – vom 13. Mai 1958 (GV.NW. S. 149) den Kläger rückwirkend zum 1. April 1957 aus seiner bisherigen Besoldungsgruppe – BesGr. – A 14 Fußnote 1 in die neue BesGr. A 13/14 Fußnote 1 über. Das Besoldungsdienstalter – BDA – des Klägers wurde zugleich auf den 1. Juni 1943 neu festgesetzt und ihm eine Ausgleichszulage gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 und 4 BesAG in Verbindung mit § 24 Abs. 4 BesAG ab 1. März 1958 bewilligt. Das Grundgehalt und die Ausgleichszulage beliefen sich zusammen auf monatlich 1 189 DM. In der Verfügung war außerdem festgelegt, daß das Grundgehalt und die ruhegehaltfähige Ausgleichszulage jeweils nach zwei Jahren bis zum Jahre 1966 anstiegen.
Der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs setzte am 8. November 1958 das BDA des Klägers gemäß § 6 Abs. 5 des Hessischen Besoldungsgesetzes vom 21. Dezember 1957 (GVBl. S. 177) – HBesG – in der BesGr. A 15 auf den 1. Juni 1947 fest und bewilligte ihm eine ruhegehaltfähige Ausgleichszulage nach § 10 Abs. 2 HBesG in Höhe von 35 DM vom 2. Juni 1958 bis 31. Mai 1959. Grundgehalt und Ausgleichszulage beliefen sich somit innerhalb dieses Zeitraums auf 1 189 DM monatlich, deckten sich also der Höhe nach mit den Bezügen, die dem Kläger auch als Landgerichtsrat in Nordrhein-Westfalen zuletzt zugestanden hatten.
Im Januar 1962 bat der Kläger um Überprüfung seiner Bezüge auf Grund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hessischen Besoldungsgesetzes vom 16. Juni 1961 (GVBl. S. 79). Der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs lehnte mit Bescheid vom 10. Mai 1962 diesen Antrag ab mit der Begründung, daß die sonst einschlägige Neufassung des § 25 Abs. 3 bis 6 HBesG (das Aufsteigen bei Ausgleichszulagen betreffend) auf den Kläger nicht anwendbar sei, weil er erst mit Wirkung vom 2. Juni 1958 in den hessischen Staatsdienst übernommen worden sei.
Der Kläger bat nochmals um Überprüfung. Der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs erteilte ihm daraufhin am 25. Mai 1962 erneut einen ablehnenden Bescheid. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den der Hessische Minister des Innern mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 1962 zurückwies.
Die daraufhin erhobene Klage, mit der der Kläger die streitige Ausgleichszulage für April bis Juni 1961 und hilfsweise in der Berufungsinstanz 330 DM als Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflichtverletzung begehrt hat, ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsurteil ist im wesentlichen wie folgt begründet:
Durch das genannte Besoldungsänderungsgesetz vom 16. Juni 1961 sei mit Wirkung vom 1. April 1961 in § 25 Abs. 3 HBesG Satz 4 eingefügt worden, der laufendes Aufsteigen in die nächsthöheren Dienstaltersstufen auch für die Fälle bestimme, in denen das neue Grundgehalt hinter dem Überleitungsgrundgehalt zurückgeblieben und durch eine ruhegehaltfähige Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages ausgeglichen worden sei. Während die Beamten und Richter nach bisherigem Recht erst dann wieder von zwei zu zwei Jahren entsprechend ihrem Dienstalter in der Besoldungsgruppe aufgestiegen seien, wenn sie nach neuem Recht diese Dienstaltersstufe erreicht hätten, steigere sich nunmehr das Grundgehalt zu den nach dem bisherigen Recht geltenden Zeitabschnitten. Diese Regelung gelte gemäß § 25 Abs. 4 HBesG (n.F.) entsprechend für Beamte und Richter, die nach dem 31. März 1957 und vor dem 20. Juni 1961 (Tag der Verkündung des genannten Besoldungsänderungsgesetzes) in eine Planstelle mit höherem Endgrundgehalt eingewiesen worden seien. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger insofern, als er nach seiner Versetzung nach Hessen in eine Planstelle A 15 HBesG mit einem Endgrundgehalt in Höhe von 1 490 DM eingewiesen worden sei, während er als Landgerichtsrat im Land Nordrhein-Westfalen nach BesGr. A 14 Fußnote 1 BesAG besoldet worden sei, deren Endgrundgehalt sich auf 1 365 DM belaufen habe. Jedoch sei § 25 Abs. 4 HBesG (n.F.) hier deshalb nicht anwendbar, weil sich der gesamte § 25 HBesG nur auf Beamte und Richter beziehe, die bereits am 31. März und 1. April 1957 in einem hessischen Amt gestanden hätten. Zwar spreche der Wortlaut der genannten Vorschrift nicht eindeutig für diese einengende Auslegung.
Denn § 25 Abs. 1 HBesG beziehe seinen Anwendungsbereich auf Beamte und Richter, die im Amt gewesen seien. Die Beschränkung auf ein hessisches Beamten- oder Richterverhältnis ergebe sich aber aus dem Sinn der Bestimmung.
Wenn auch von Bund und Ländern eine Besoldungseinheit angestrebt werde, bleibe doch den Ländern überlassen, die Besoldung ihrer Landesbeamten in eigener Verantwortung zu regeln. Deshalb hätten die Länder weiterhin hierfür das Recht zur Gesetzgebung, das nur durch Rahmenvorschriften des Bundes eingeengt werden könne (vgl. Art. 70, 75 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 72 GG). Entsprechend dieser Gesetzgebungshoheit sei das Hessische Besoldungsgesetz vom 21. Dezember 1957 erlassen worden. Abgesehen davon, daß dem hessischen Gesetzgeber auch keine über seine Landesgrenzen hinausgehende Gesetzgebungsbefugnis zustehe, habe er in § 1 HBesG ausdrücklich den Geltungsbereich des Gesetzes auf die Dienstbezüge für die Beamten des Landes und der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Geltungsbereich des Hessischen Beamtengesetzes sowie auf die Bezüge der Richter des Landes beschränkt. Der Begriff des Amtes und seine Begrenzung im Sinne von § 25 HBesG könne daher nur unter Hinzuziehung von § 1 HBesG ermittelt werden. Diese Einengung verdeutliche auch § 10 Abs. 2 HBesG, der zur Wahrung des Besitzstandes für Beamte und Richter geschaffen worden sei, die aus dem Dienst eines anderen Dienstherrn in den Dienst eines Dienstherrn im Geltungsbereich des Hessischen Beamtengesetzes überträten. Dieser Vorschrift, die eine Ergänzung zu § 10 Abs. 1 HBesG bilde, hätte es dann nicht bedurft, wenn unter “Amt” in § 25 HBesG jeder Dienstposten für Beamte und Richter im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu verstehen gewesen wäre. – Diese Auslegung werde aber auch durch § 25 HBesG selbst nahegelegt. Dessen Absatz 1 Satz 1 bestimme, daß nach der Überleitungsübersicht (Anlage III) übergeleitet werde. Diese Übersicht setze aber den neuen Besoldungsgruppen sowohl für die Regel als auch für die Sonderüberleitung als bisherige Besoldungsgruppen die der in Hessen geltenden Besoldungsordnungen gegenüber. Sie sehe dagegen nicht vor, daß auch nach den Besoldungsgruppen des Bundes oder anderer Länder, insbesondere des Landes Nordrhein-Westfalen, in die neuen Besoldungsgruppen übergeleitet werden könne.
Die Anwendung des § 25 Abs. 4 HBesG (n.F.) auf das Begehren des Klägers sei auch nicht damit zu rechtfertigen, daß der Kläger im Lande Nordrhein-Westfalen seit der Geltung des dortigen Besoldungsanpassungsgesetzes vom 13. Mai 1958 im Genuß der Ausgleichszulage gewesen sei und diese somit auch in Hessen erhalten hätte, wenn das Zweite Gesetz zur Änderung des Hessischen Besoldungsgesetzes bereits am 1. Juni 1958 in Kraft gewesen wäre. Dem Kläger sei zuzugeben, daß der hessische Gesetzgeber mit seiner Regelung im Jahre 1961 eine Angleichung an die Besoldung des Landes Nordrhein-Westfalen vorgenommen habe. Auch möge das Inkrafttreten dieser Bestimmungen nach seinem Übertritt in den Dienst des Landes Hessen für den Kläger eine Härte bedeuten. Diese Umstände rechtfertigten aber nicht eine erweiternde Anwendung der Vorschrift. Denn bei einem freiwilligen Amtswechsel habe der Betreffende genügend Gelegenheit gehabt, die besoldungsrechtlichen Auswirkungen des neuen Amtes vor dem Übertritt zu prüfen, und könne dann für etwaige Nachteile keinen Ausgleich verlangen; Bestimmungen, die an einen Stichtag anknüpften, seien überdies unvermeidbar mit Härten verbunden.
Auch der Hilfsantrag des Klägers sei unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht setze voraus, daß der Dienstherr eine ihm obliegende Pflicht verletzt habe. Der hessische Gesetzgeber sei aber während der Amtszeit des Klägers in Hessen nicht auch sein Dienstherr gewesen. Der ehemalige hessische Dienstherr des Klägers sei bei der Festsetzung der Dienstbezüge an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden gewesen, die aber, wie angeführt, die vom Kläger begehrte Vergünstigung nicht vorgesehen hätten. Die Fürsorgepflicht umfasse nicht die Berechtigung zur Verletzung der geltenden Gesetze.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Der Kläger hat Revision eingelegt. Er verfolgt sein Klagebegehren weiter, im wesentlichen mit folgender Begründung:
Die Gründe, die das Berufungsgericht für seine durch den Gesetzeswortlaut nicht gebotene einschränkende Auslegung der streitigen Vorschrift des § 25 Abs. 4 HBesG (n.F.) anführe, seien nicht überzeugend. Das Hessische Besoldungsgesetz gelte als Ganzes auch für aus anderen Ländern neu hinzugekommene Bedienstete, die also auch in den Genuß aller in diesem Gesetz vorgesehenen Verbesserungen gelangen müßten. Eine solche Verbesserung sei auch die Berücksichtigung der hier streitigen sogenannten Exspektanz. Die Übergangs- und Überleitungsvorschriften des § 25 HBesG seien zunächst erkennbar auf die Stichtage des 31. März und 1. April (bzw. 21. Dezember) 1957 zugeschnitten gewesen; insoweit habe es sich um echte Übergangsvorschriften gehandelt. Der erst durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Hessischen Besoldungsgesetzes in § 25 Abs. 3 angefügte neue Satz 4 und der neue Absatz 4 aber seien trotz ihrer Stellung und Bezeichnung im Gesetz keine Übergangs- und Überleitungsvorschriften mehr, vielmehr handele es sich dabei um eine aus Gründen der Angleichung (Harmonisierung) gewährte Besoldungsverbesserung für die Bediensteten, auf die eine Überleitungsregelung der in Hessen durch § 25 HBesG getroffenen, aber anläßlich der Besoldungsneuregelung des Jahres 1957 auch in allen anderen Besoldungsgesetzen regelmäßig wörtlich übereinstimmend geregelten Art einmal Anwendung gefunden habe. Zwar knüpften die neuen Vorschriften an § 25 Abs. 1 und 2 sowie Absatz 3 Satz 1 bis 3 HBesG an; insofern sei es gesetzestechnisch zweckmäßig gewesen, die Vorschrift des § 25 Abs. 3 neu zu fassen und einen neuen Absatz 4 zu schaffen. Die ursprüngliche Regelung habe aber seit etwa Mitte 1958 nur noch historische Bedeutung gehabt, weil bis dahin die Überleitung der Beamten und Richter, die am 31. März und 1. April (bzw. 21. Dezember) 1957 im Dienst gestanden hätten, abgeschlossen gewesen sei. Deshalb rechtfertige es sich, die im Jahre 1961 in den § 25 HBesG eingefügten Vorschriften selbständig und gesondert zu würdigen. Eine solche auf den Zweck der Neuregelung abstellende Auslegung dieser Vorschriften ergebe folgendes: Jeder Bedienstete, der auf Grund von Überleitungsvorschriften von dem bis zum 31. März 1957 geltenden Besoldungsrecht des Bundes und der Länder auf neues Besoldungsrecht übergeleitet worden sei und bei dieser Gelegenheit – wo auch immer – eine Ausgleichszulage erhalten habe, habe vom 1. April 1961 an alle zwei Jahre mit dieser Ausgleichszulage aufrücken sollen. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger. Er sei auf Grund der in allen Besoldungsgesetzen sachlich und wörtlich übereinstimmenden Überleitungsvorschriften übergeleitet worden und habe Anspruch auf eine Ausgleichszulage gehabt, wie sie wiederum in den Überleitungsvorschriften aller Besoldungsgesetze von Bund und Ländern vorgesehen gewesen sei. Der hessische Gesetzgeber hätte für seine Absicht, ab 1. April 1961 auch seine Bediensteten mit dieser Ausgleichszulage in den Genuß des Aufrückens gelangen zu lassen (wie das z.B. in Nordrhein-Westfalen schon von Anfang an vorgesehen gewesen sei), gesetzestechnisch auch einen anderen Weg als den der Ergänzung der alten Überleitungsvorschriften wählen können. Um umständliche Formulierungen zu vermeiden, habe er statt dessen die Formulierungen des drei Jahre älteren nordrhein-westfälischen Anpassungsgesetzes übernommen. Was aber in diesem Gesetz technisch sauber gewesen sei, habe in Hessen durch das dort nun zu verzeichnende Aneinanderreihen von obsolet gewordenen Vorschriften des § 25 HBesG und Neueinfügungen des Jahres 1961 zu scheinbaren Auslegungsschwierigkeiten geführt. Diese entfielen aber, wenn man sich den aufgezeigten Harmonisierungszweck der Neuregelung vor Augen führe. – Soweit sich das Berufungsgericht für seine abweichende Auslegung auf § 1 und auf § 10 Abs. 2 HBesG stützen zu können glaube, vermöge dies nicht zu überzeugen. Insbesondere sei unzutreffend, daß es der letztgenannten Vorschrift nicht bedurft hätte, wenn der Besitzstand des Klägers bereits durch die in § 25 Abs. 3 Satz 1 HBesG vorgesehene Ausgleichszulage garantiert gewesen wäre. Unter § 10 Abs. 2 HBesG fielen Beamte oder Richter, die irgendwann und irgendwo nach dem 1. April 1957 im Dienst gewesen seien und Besoldung nach neuem Recht erhalten hätten. § 25 Abs. 3 Satz 1 HBesG hingegen knüpfe gerade an das alte Besoldungsrecht an. Beide Vorschriften hätten miteinander nichts zu tun. So habe es der Kläger allein der Vorschrift des § 10 Abs. 2 HBesG zu verdanken, daß sein Grundgehalt nach seinem Übertritt in den hessischen Dienst und nach seiner Beförderung zum Oberverwaltungsgerichtsrat auf der Höhe der zuvor in Nordrhein-Westfalen bezogenen Landgerichtsratsbezüge (Grundgehalt zuzüglich nordrhein-westfälischer Ausgleichszulage) geblieben sei; ohne § 10 Abs. 2 HBesG hätte er lediglich die niedrigeren Dienstbezüge aus der BesGr. A 15 des hessischen Besoldungsrechts erhalten.
Fehlsam sei auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die hilfsweise geltend gemachten, auf Fürsorgepflichtverletzung gestützten Schadensersatzansprüche abgelehnt habe. Offenbar habe das Berufungsgericht den Begriff des Dienstherrn verkannt. Dienstherr sei die Gebietskörperschaft, also hier das Land Hessen. Dieses habe, wenn man der Auffassung des Berufungsgerichts über den Inhalt des § 25 HBesG folge, fürsorgepflichtwidrig vergessen (nicht etwa bewußt unterlassen), die hier streitige Verbesserung auch auf Fälle der hier zur Entscheidung stehenden Art zu erstrecken. Diese Fürsorgepflichtverletzung gehe zu Lasten des Landes ohne Rücksicht darauf, ob hierfür die Landesregierung, der Ministerpräsident, der Innenminister oder der Landtag verantwortlich seien. Der Kläger brauche nur darzutun, daß das beklagte Land objektiv die Fürsorgepflicht verletzt habe; es obliege dann dem Land darzutun, daß seine Organe kein Verschulden treffe. – In einem gleichgelagerten Falle sei, wie schon in der Berufungsschrift geltend gemacht, die Ausgleichszulage durch den Präsidenten des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bewilligt worden, und sie sei auch bis zum Ausscheiden des betreffenden Bediensteten gezahlt worden. Auch dann, wenn man den Fall des Klägers mit dem des Dr. M… vergleiche, eines anderen ehemaligen Landgerichtsrats, der in der fraglichen Zeit allerdings in Hessen im Dienst gestanden habe (und nicht wie der Kläger in Nordrhein-Westfalen), sei die daraus abgeleitete fortwirkend ungleiche Behandlung dieser beiden jetzt gleichermaßen beim Bundespatentamt tätigen Richter rechtlich nicht vertretbar; der Kläger dürfe nicht zum Opfer des besoldungsrechtlichen Föderalismus werden. Die von ihm bekämpften Nachteile seien für den Kläger bei seinem Übertritt in den hessischen Dienst entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht vorhersehbar gewesen.
Der Beklagte hat mit eingehender Begründung beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 141, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.
Die hier streitige Vorschrift des § 25 Abs. 4 (in Verbindung mit Abs. 3 Satz 4) HBesG ist – nachträglich eingefügter – Bestandteil eines Gesetzesparagraphen, der die Überleitung aus dem früheren für Hessen maßgebenden Besoldungsrecht in das ab 1. April 1957 geltende Hessische Besoldungsgesetz – HBesG – vom 21. Dezember 1957 regelt (GVBl. S. 177; neugefaßt durch Gesetz vom 11. Oktober 1965, GVBl. S. 237, dazu spätere Änderungen; die genannte Vorschrift war in § 25 HBesG mit Wirkung vom 1. April 1961 eingefügt worden durch Gesetz vom 16. Juni 1961, GVBl. S. 79). Dieser Gesetzesparagraph betrifft also Bedienstete, die berejts am 31. März und am 1. April 1957 in einem nach hessischem Beamtenrecht sich beurteilenden Dienstverhältnis standen – was beim Kläger nicht der Fall war. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß eine solcherart aus der Gesetzessystematik abgeleitete Schlußfolgerung zurücktreten müßte, wenn nach dem erkennbaren “Willen des Gesetzes” eine dabei zugrunde gelegte Verknüpfung der ursprünglichen Überleitungsregelung mit der hier streitigen, nachträglich eingefügten Regelung gerade nicht Platz greifen sollte; Systemwidrigkeiten bei der späteren Einfügung von Ergänzungsvorschriften in ein altes Gesetz sind nicht ohne Beispiel. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der im Jahre 1961 in § 25 HBesG eingefügte Absatz 4 (in Verbindung mit dem ebenfalls neu eingefügten Satz 4 in Abs. 3) sich nicht in einer Verbesserung der bisher von diesem Gesetzesparagraphen erfaßten Überleitungsfälle erschöpfen, sondern unter Preisgabe oder Vernachlässigung des systematischen Gefüges sich Gültigkeit auch für andersgeartete Fallgruppen zumessen wollte, sind jedoch nicht vorhanden. Die Revision selbst verkennt dies nicht, sondern hebt sogar hervor, daß die nachträgliche Einfügung, wenn man sie im Sinne des Klägers auslege, durchaus anderen Wesens sei als die ursprüngliche Überleitungsvorschrift, nämlich den Charakter einer auf Harmonisierung der verschiedenen Besoldungsregelungen des Bundes und der Länder zielenden Regelung gewinne. Aber angesichts der im Berufungsurteil zutreffend aufgezeigten Kompetenz der verschiedenen Gesetzgeber innerhalb der Bundesrepublik, in gewissen Grenzen gerade das Besoldungsrecht unterschiedlich zu regeln, und besonders angesichts der trotz aller Harmonisierungsbestrebungen auch tatsächlich zu verzeichnenden (fortdauernden und sogar neu hinzugekommenen) Unterschiedlichkeiten ist der Harmonisierungsgedanke unbeschadet seiner rechtspolitischen Bedeutung nur wenig geeignet, eine Auslegung zu korrigieren, die sich aus dem jeweils zur Anwendung stehenden Besoldungsgesetz selbst ergibt; und zwar hier, wie aufgezeigt, aus dem systematischen Gefüge des § 25 HBesG. – Das Berufungsgericht hat sich – mit gleichem Ergebnis – insbesondere noch auf § 1 und auf § 10 Abs. 2 HBesG gestützt. Der Revision ist zuzugeben, daß die erstgenannte Vorschrift, nach der der Geltungsbereich des Besoldungsgesetzes beschränkt ist auf die Beamten des Landes usw. im Geltungsbereich des Hessischen Beamtengesetzes und die Richter des Landes Hessen, für die hier streitige Frage kaum etwas hergibt; denn diese Definition des Geltungsbereichs schließt nicht aus, daß bei der Bemessung der Bezüge angeknüpft wird an Vorgänge, die vor dem Eintritt in den Dienst eines hessischen Dienstherrn liegen. Von einigem Gewicht ist jedoch die Berufung auf § 10 Abs. 2 HBesG. Dabei kann offenbleiben, ob es dieser Vorschrift überhaupt nicht bedurfte hätte, wenn § 25 HBesG im Sinne des Klägers auszulegen wäre, oder ob die gegen diese Ansicht des Berufungsgerichts erhobenen Angriffe der Revision durchgreifen. Jedenfalls ist der Vorschrift zu entnehmen, daß sich der hessische Gesetzgeber bei der Normierung des neuen hessischen Besoldungsrechts der besonderen Regelungsbedürftigkeit von Fragen, die “beim Übertritt aus dem Dienst eines anderen Dienstherrn in den Dienst eines Dienstherrn im Geltungsbereich des HBG” auftreten können, bewußt und damit ausdrücklich zu befassen gewillt war. Dieser Umstand spricht aber zusätzlich gegen eine Gesetzesauslegung, die dem Gesetzgeber unterstellen möchte, er habe eine diesen Komplex betreffende wichtige Harmonisierungsregelung im Rahmen der in solcher Sicht nicht einschlägigen Überleitungsvorschrift des § 25 HBesG bzw. einer Ergänzung hierzu versteckt mitregeln wollen.
Nach alledem erweisen sich die Argumente der Revision im wesentlichen als rechtspolitischer Natur, also als an die Adresse des Gesetzgebers zu richten, rechtfertigen aber noch nicht die vom Kläger vertretene Auslegung des geltenden Rechts. Daran ändert auch die Heranziehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nichts. Die von der Revision angeführten Beispiele einer günstigeren Behandlung anderer Bediensteter beruhen entweder auf falscher Rechtsanwendung (und zwar gerade des § 25 HBesG) und können schon deshalb nach anerkannten Grundsätzen eine entsprechende Behandlung des Klägers nicht rechtfertigen, oder sie sind in Punkten, die nach dem oben Dargelegten entscheidungserheblich sind, anders gelagert. Zur letztgenannten Gruppe gehört der vom Kläger im Schriftsatz vom 11. April 1967 genannte Fall seines jetzigen Kollegen im Bundesdienst Dr. M…; bei der hier von der Revision als unvernünftig gescholtenen unterschiedlichen Behandlung handelt es sich letztlich um eine mittelbare (und sich dadurch rationeller Würdigung allerdings besonders schwer erschließende, rechtspolitisch wohl auch wenig glückliche) Auswirkung des dem geltenden deutschen Besoldungsrecht eigentümlichen Umstandes, daß zwei Bedienstete mit gleichem Rang, gleicher Tätigkeit und auch sonst unter gleichen Voraussetzungen unterschiedlich besoldet werden können, wenn sie z.B. in zwei verschiedenen Bundesländern bedienstet sind.
Auch das auf angebliche Fürsorgepflichtverletzung gestützte Hilfsbegehren des Klägers ist nicht begründet. Die Pflicht zur Fürsorge trifft den Dienstherrn im Rahmen und nach Maßgabe der geltenden Gesetze, die sich ihrerseits allerdings wieder im Rahmen etwa einschlägiger höherrangiger Normen halten müssen, insbesondere derer des Verfassungsrechts und hier vor allem des Art. 33 Abs. 5 GG (Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums). Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist es aber, daß gerade die Besoldung durch Gesetz festgelegt werden muß und nur nach Maßgabe dieser gesetzlichen Regelung – also nicht etwa unter Zurückgreifen auf den allgemeinen Fürsorgeanspruch – gezahlt und gefordert werden darf (vgl. BVerwGE 19, 48 [54]). Mit dieser Rechtslage wäre es nicht vereinbar, wenn im Sinne der Revision auf dem Umwege über einen Schadensersatzanspruch, der letztlich an das Fehlen einer günstigeren Besoldungsgesetzgebung anknüpfte, eine Zahlungsforderung doch verwirklicht werden könnte, die das Besoldungsgesetz gerade nicht einräumt. Das muß jedenfalls dann gelten, wenn die erstrebten Leistungen wie hier nicht dem Kernbereich der Alimentierungspflicht zugehören, sondern im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt einer dem Harmonisierungseffekt dienenden Verbesserung gefordert werden. Eines Eingehens auf weitere Einwendungen, die dem vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch entgegengehalten werden könnten, bedarf es daher nicht.
Nach alledem war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zu entscheiden, wie geschehen.
Unterschriften
Prof. Dr. Fürst, Kellner, Dr. Waitz, Dr. Becker, Niedermaier
Fundstellen
Haufe-Index 5067378 |
DVBl. 1968, 723 |