Verfahrensgang
OVG der Freien Hansestadt Bremen (Beschluss vom 07.12.1979; Aktenzeichen II BA 64/79) |
Tenor
Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Bremen des vom 7. Dezember 1979 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht Bremen zurückverwiesen
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin der im Zentrum der Stadt Bremen gelegenen Grundstücke Bahnhofstraße 39, Herdentorsteinweg 49/50, Birkenstraße 1 – 5, Hillmannplatz 12 – 14, auf denen sich ein Geschäftshaus, das sog. Europa-Haus, mit mehreren von ihr verpachteten Geschäftslokalen und Büros befindet. Sie wendet sich dagegen, daß die Beklagte Teilflächen der Bahnhofstraße und des Hillmannplatzes zur Schaffung eines Fußgängerbereiches entwidmet hat. Zur Begründung ihrer gegen die Entwidmungsverfügung der Beklagten vom 29. Juli 1978 gerichteten Anfechtungsklage hat die Klägerin erst- und zweitinstanzlich im wesentlicher:
Durch die Einziehung von Parkflächen für den für die Nutzung ihres Geschäftsgrundstücks wesentlichen ruhenden Verkehr sei sie in ihren Eigentumsrechten beeinträchtigt. Die Möglichkeit der Aufnahme des ruhenden Verkehrs auf dem Hillmannplatz stelle ein Bedürfnis für die gewerbliche Ausnutzung ihres Grundstücks dar. Die Beklagte könne den ruhenden Verkehr nicht auf die Parkhäuser in der Innenstadt oder auf entfernter liegende Parkflächen verweisen, da die Geschäfte in ihrem Haus überwiegend vom Besuch ganz in der Nähe parkender Kunden lebten. Wegen des Wegfalls der Parkflächen auf dem Hillmannplatz sei bei ihren Mietern und Pächtern ein erheblicher Umsatzrückgang und sogar der Existenzverlust zu befürchten. Sie habe daher Kündigungen und Mietminderungen von zahlreichen Mietern und damit einen erheblichen Rückgang an Miet- und Pachteinnahmen zu erwarten. Es sei zwar richtig, daß bei der Aufstellung des hier einschlägigen Bebauungsplanes 796 von der Schaffung eines Fußgängerbereiches ausgegangen worden sei. Aus der Begründung zu diesem Bebauungsplan folge jedoch, daß das Problem der Aufnahme des ruhenden Verkehrs durch eine Hochgarage am Philosophenweg gesehen worden sei. Die Beklagte leugne nunmehr den inneren Zusammenhang zwischen der Schaffung von Ersatzparkplätzen und der verfügten Entwidmung.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. Juli 1979 abgewiesen. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Bremen durch Beschluß vom 7. Dezember 1979 im Verfahren nach Art. 2 § 5 EntlG als unbegründet zurückgewiesen. Es hat dazu ausgeführt:
Dadurch, daß die Teilentwidmung die auf dem Hillmannplatz vorhandene Parkmöglichkeit beseitige, werde die Klägerin nicht in ihrem Recht auf Anliegergebrauch (Art, 14 GG) beeinträchtigt. Der Hillmannplatz habe zwar bislang umfangreiche und günstige Parkmöglichkeiten geboten. Ein Anspruch auf den Fortbestand gerade dieser Parkgelegenheit lasse sich aus dem Anliegergebrauch der Klägerin aber auf keinen Fall herleiten. Wenn der Anliegergebrauch überhaupt sich auf die Möglichkeit zum Parken von Kraftfahrzeugen erstrecke, dann gehöre zu seinem Inhalt allenfalls, daß in angemessener Nähe des Grundstücks überhaupt eine Parkmöglichkeit bestehe. Einen Anspruch auf eine bestimmte Parkmöglichkeit in Grundstücksnähe gewährleiste er grundsätzlich nicht. Sollte der Anliegergebrauch des Eigentümers eines innerstädtischen Geschäftshauses sich darauf erstrecken, daß überhaupt eine Parkmöglichkeit in angemessener Nähe und angemessenem Umfang bestehe oder bestehen bleibe, was zu ihren Gunsten unterstellt werden könne, so beeinträchtige die angefochtene Teilentwidmung des Hillmannplatzes nicht Rechte der Klägerin. Mit dem Wegfall der Parkmöglichkeit auf dem Hillmannplatz möge sich zwar die Anzahl der Parkplätze in unmittelbarer Nähe ihres Grundstücks verringern; die Möglichkeit, in angemessener Nähe ihres Grundstücks zu parken, werde dadurch aber nicht beseitigt. Wie allgemein bekannt sei, bestünden in der Birkenstraße, der Contrescarpe, der Großen Weidestraße, im Philosophenweg und Breitenweg Parkgelegenheiten, die die Beklagte zum Teil sogar als Ersatz für die durch die Teilentwidmung wegfallenden Parkplätze erst neu geschaffen habe. Diese Parkgelegenheiten lägen in angemessener Nähe des Grundstückskomplexes der Klägerin, Die am weitesten entfernten im Breitenweg seien in weniger als fünf Minuten zu Fuß zu erreichen. Sie seien auch zahlenmäßig angemessen. Allein im Philosophenweg und in der Birkenstraße habe die Beklagte als Ersatz für die auf dem Hillmannplatz wegfallenden 104 Parkplätze 67 neue Parkplätze eingerichtet. Damit sei einem sich aus dem Anliegergebrauch ergebenden Anspruch der Klägerin auf Gelegenheit zum Parken in der Nähe ihres Geschäftshauses genügt. Einen weitergehenden Eigentumsschutz genieße sie nicht, selbst wenn die bisher vorhandenen Parkmöglichkeiten auf dem Hillmannplatz für sie günstiger gewesen seien und ihr Wegfall mit „Geschäftseinbußen” für die Klägerin verbunden sein möge. Insoweit handele es sich um Nachteile, die die Klägerin hinnehmen müsse: denn die Teilentwidmung des Hillmannplatzes greife nicht in eine ihr als Anliegerrecht zustehende rechtlich geschützte Eigentümerposition ein. Vielmehr entfalle lediglich ein tatsächlicher Lagevorteil und damit nur eins Chance, die der Parkplatz auf dem Hillmannplatz für die Nutzung der in seiner unmittelbaren Nähe liegenden Grundstücke geboten habe. Auf den Fortbestand eines solchen Lagevorteils bestehe kein durch das Anliegerrecht eigentumsmäßig geschützter Anspruch.
Mit der vom Senat wegen eines möglichen Verstoßes gegen die §§ 108 Abs. 2, 86 Abs. 1 VwGO zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg mit dem Ergebnis der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Sie rügt zu Recht eine Verletzung von Verfahrensrecht, nämlich der §§ 108 Abs. 2, 86 Abs. 1 VwGO. Die abschließende rechtliche Beurteilung des Streitfalles hängt von der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts (insbesondere des § 7 des Bremischen Landesstraßengesetzes vom 20. Dezember 1976, BremGBl. S. 341, – BremLStrG –) ab, die dem Berufungsgericht obliegt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
Die Klägerin begehrt in dem anhängigen Verwaltungsstreitverfahren die Erhaltung der zuvor auf dem Hillmannplatz in Bremen bestehenden Parkmöglichkeiten für die Kunden ihrer Mieter und Pächter, die zu einem wirtschaftlich rentablen Betrieb ihrer Geschäftslokale und Büros auf solche Parkmöglichkeiten angewiesen seien. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht hat sein klagabweisendes Urteil darauf gestützt, daß die landesrechtlichen Voraussetzungen einer Entwidmung (§ 7 BremLStrG) vorlägen und daß auch das Recht der Klägerin auf Anliegergebrauch (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht verletzt sei; denn dieses Recht erstrecke sich nicht darauf, daß ausreichende Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe ihres Geschäftshauses zur Verfügung stünden und erhalten blieben. Das Berufungsgericht hat durch den Hinweis, es wolle nach dem Entlastungsgesetz ohne mündliche Verhandlung entscheiden, zu erkennen gegeben, daß es seine Entscheidung in dem danach vorgezeichneten rechtlichen Rahmen auf der Grundlage des von den Parteien bislang erörterten Streitstoffes treffen werde. Deshalb mußte es die Klägerin – was sie nunmehr zu Recht rügt – überraschen, daß es nach der – zugunsten der Klägerin unterstellten – Rechtsauffassung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich sei, ob überhaupt eine Parkmöglichkeit in angemessener Nähe und in angemessenem Umfang bestehe bzw. bestehen bleibe, daß jedoch selbst diese – dem Anliegerrecht nach Art. 14 GG möglicherweise zu entnehmenden – Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, weil auf mehreren – vom Berufungsgericht näher bezeichneten – Straßen in angemessener Nähe des Grundstücks der Klägerin ausreichende Parkgelegenheiten zur Verfügung stünden. Mit der dadurch eingetretenen Wendung des Verfahrens ist die Klägerin überrascht worden, und zwar sowohl hinsichtlich der Veränderung des für die Entscheidung maßgeblichen rechtlichen Ansatzes als auch durch die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang getroffenen tatsächlichen Feststellungen. Der angefochtene Beschluß ist daher eine das rechtliche Gehör versagende Überraschungsentscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 108 Abs. 2 VwGO (vgl. z. B. Urteil vom 29. Juli 1977 – BVerwG 4 C 21.77 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 98).
Der Auffassung der Beklagten, die Klägerin habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren hinreichend Gelegenheit gehabt, zu den Problemen angemessener und ausreichender Parkmöglichkeiten Stellung zu nehmen, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Richtig ist zwar, daß sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in dem nachfolgenden gerichtlichen Streitverfahren erörtert worden ist, welche Parkmöglichkeiten ersatzweise für die Kunden des Europa-Hauses zur Verfügung stünden oder noch zu schaffen seien. Diese Erörterungen über Parkmöglichkeiten in der Nähe des Europa-Hauses stehen jedoch in einem anderen Zusammenhang. Es ging dort einmal um die Frage, ob der von der Klägerin behauptete Umsatzrückgang von der Einschränkung der Parkmöglichkeiten herrühre; zum anderen sollte auf diese Weise dargelegt werden, daß der Zugang und die Zugänglichkeit des Grundstücks, welche allein von dem Recht auf Anliegergebrauch gewährleistet würden, im vorliegenden Fall nicht in Frage stünden, sondern daß es um andere Dinge gehe, die hier keine rechtliche Bedeutung hätten. Für das Berufungsgericht haben diese Fragen dann aber dennoch aufgrund des von ihm unterstellten „Rechts auf eine Parkmöglichkeit in angemessener Nähe und angemessenem Umfang” entscheidende Bedeutung gewonnen. Von diesem Ansatz her kommt es nicht mehr nur auf die bislang nur ungenau bezeichneten Parkmöglichkeiten im näheren und weiteren Bereich des Europa-Hauses, sondern konkret darauf an, in welcher Nähe und in welchem Umfang den Kunden des Europa-Hauses die reale Chance geboten wird, ihr Auto in einer Entfernung zu diesem Geschäftshaus zu parken, in der das Transportieren von Kaufgegenständen und der durch längere Wege eintretende Zeitverlust zumutbar erscheint. Unter diesem Gesichtspunkt hat eine Erörterung der insofern maßgeblichen Umstände und deren Würdigung nicht stattgefunden. Die Klägerin darf sich daher durch die Wendung, die das Verfahren durch die berufungsgerichtliche Entscheidung genommen hat, zu Recht überrascht fühlen.
Wenn – wie das Berufungsgericht unterstellt hat – ein Anspruch auf Parkmöglichkeiten in „angemessener Nähe” und in „angemessenem Umfang” besteht, genügt für die Annahme solcher tatsächlicher Verhältnisse im vorliegenden Fall nicht das schlichte Aufzählen von Straßen der näheren Umgebung, in denen das Parken erlaubt ist. Hinzu kommen müßte ferner die Feststellung, daß diese Parkflächen trotz ihrer allgemeinen Beanspruchung im innerstädtischen Bereich überhaupt in der Lage sind, weitere Kraftfahrzeuge aufzunehmen. Erst in diesem Gesamtzusammenhang könnte festgestellt werden, ob die 67 neu geschaffenen Parkplätze (vgl. OVG-Beschluß S. 6) einen hinreichenden Ersatz bieten. Die auf der Grundlage der (unterstellten) Rechtsauffassung des Berufungsgerichts erforderliche Ermittlung und Bewertung des örtlichen Parkplatzangebots („angemessener Umfang”, „angemessene Nähe”) ist – insbesondere für den innerstädtischen Bereich einer Großstadt – allein mit „gerichtsbekannten” oder „allgemeinbekannten” Tatsachen nicht zu bewältigen. Deshalb ist auch die Aufklärungsrüge der Revision berechtigt. Das berufungsgerichtliche Verfahren verstößt insofern gegen § 86 Abs. 1 VwGO.
Der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichts müßte trotz der aufgezeigten Verfahrensmängel Bestand haben, wenn die Entscheidung selbst aus anderen Gründen richtig wäre (§ 144 Abs. 4 VwGO). Im Ergebnis richtig ist, daß die angefochtene Entwidmung des Hillmannplatzes nicht Rechte der Klägerin aus Art. 14 GG verletzt, denn die Anliegerrechte der Klägerin haben nicht die vom Berufungsgericht unterstellte Reichweite. Dennoch vermag der Senat die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu bestätigen, weil offen ist, ob die angefochtene Entwidmung Rechte der Klägerin verletzt, die sich aus nicht revisiblem Landesrecht ergeben können. Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
Zum Umfang des eigentumsrechtlich geschützten Anliegergebrauchs (Art. 14 Abs. 1 GG) hat der erkennende Senat mehrfach dargelegt, daß er jeweils nur so weit reicht, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert (vgl. insbesondere Urteil des Senats vom 29. April 1977 – BVerwG 4 C 15.75 – BVerwGE 54, 1 [3]). Der vom Berufungsgericht unterstellte Anspruch auf Parkmöglichkeiten in angemessener Nähe und angemessenem Umfang wird von den Gewährleistungen des Art. 14 Abs. 1 GG nicht umfaßt. Der Senat hat an das „Angewiesensein” des Grundstücks auf bestimmte Nutzungsmöglichkeiten in seiner bisherigen Rechtsprechung stets strenge Anforderungen gestellt und die wirtschaftliche Ausnutzung von Lagevorteilen nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterstellt. Unter dem hier allein interessierenden Gesichtspunkt der Straßenbenutzung zum Straßenverkehr sichert der Anliegergebrauch eine ausreichende Verbindung des Anliegergrundstücks zu dem davor liegenden Straßenteil und die Anbindung dieses Straßenteils an das allgemeine Verkehrsnetz (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1976 – BVerwG 7 C 24.73 – Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 S. 1 [9]). Gegenstand des durch den Anliegergebrauch gewährleisteten Schutzes ist demgemäß nicht etwa die Teilnahme am Straßenverkehr im Sinne des Straßenverkehrsrechts (zu dem der fließende und der ruhende Verkehr gleichermaßen gehören, vgl. Beschluß vom 7. Juni 1978 – BVerwG 7 C 2.78 – Buchholz 442.151 § 12 StVO Nr. 4 S. 5 [9]), sondern allein der Zugang des Grundstücks zur Straße und seine Zugänglichkeit von der Straße her, in aller Regel durch Zufahrten und Zugänge. In dieser Funktion als Gewährleistung der Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wegenetz umfaßt der Anliegergebrauch daher nur unmittelbar die Zugänglichkeit des Grundstücks selbst. Diese setzt dabei zwar unter den heutigen Verhältnissen des Straßen- und Geschäftsverkehrs die ausreichende Möglichkeit voraus, ein Grundstück, zumal ein gewerblich genutztes Grundstück, mit dem Kraftfahrzeug zu erreichen (Urteil vom 15. November 1974 – BVerwG 4 C 12.72 – Buchholz 407.51 Art. 8 BayStrWG Nr. 1 S. 1 [6]). Die Gewährleistung der Zugänglichkeit bedeutet aber weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße (vgl. Urteil des 7. Senats vom 8. Oktober 1976 a.a.O.) noch die Gewährleistung von „Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs”.
Auf diese erstreckt sich der Schutz des Anliegergebrauchs allenfalls nach Maßgabe der das jeweils betroffene Grundstück prägenden Situation seiner Umgebung. Denn der Anlieger ist mit dem Schicksal der Straße verbunden; er muß den Gemeingebrauch Dritter sowie Behinderungen und andere, den Gemeingebrauch tatsächlich einschränkende Maßnahmen hinnehmen, die aus dem Zweck und dem allgemeinen Gebrauch der Straße folgen, sofern nur die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt. Bei Einhaltung dieser äußersten Grenze schützt der Anliegergebrauch nicht vor denjenigen Erschwernissen für den Zugang des Anliegergrundstücks, die sich aus dessen Lage gerade an einer Straße in einem geschäftlichen und verkehrlichen innerstädtischen Ballungsraum ergeben (vgl. insbesondere Urteil vom 29. April 1977 – BVerwG 4 C 15.75 – a.a.O. S. 4).
In dem danach abgesteckten Rahmen ist für eine eigentumsrechtlich gewährleistete Möglichkeit, in angemessener Nähe des Grundstücks zu parken oder Kundenparkplätze zu erhalten, kein Raum. Deshalb vermag auch die von der Revision angestrebte „konkrete Betrachtungsweise” des – im wirtschaftlichen Sinne – Angewiesenseins ihres Geschäftshauses auf nahgelegene Parkmöglichkeiten der Klägerin keine günstigere Rechtsposition zu verschaffen. Die Benutzung einer – uneingeschränkt zum Straßenverkehr gewidmeten – Straße zum Zwecke des Parkens fällt zwar dort, wo das Parken nicht durch straßenverkehrsrechtliche Regelungen ausgeschlossen ist, unter den Gemeingebrauch; sie gehört aber nicht zum grundrechtlich gesicherten Anliegergebrauch. Der Anlieger hat daher aus Bundesrecht keinen Anspruch darauf, daß Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen oder Plätzen unmittelbar bei seinem Grundstück oder in dessen „angemessener Nähe” eingerichtet werden oder erhalten bleiben.
Dem trägt auch das Landesrecht Rechnung, soweit es in Fortführung der Regelungen der Reichsgaragenordnung durch bauordnungsrechtliche Vorschriften eine Stellplatz- und Garagenbaupflicht begründet. Diese gesetzliche Pflicht beruht auf der Erwägung, daß es in erster Linie Angelegenheit des Grundstückseigentümers ist, für den auf seinen Grundstück bezogenen ruhenden Verkehr Park- oder Einstellplätze bereitzustellen. Diese Belastung des Grundstückseigentümers, die im Ergebnis zu einer Beschränkung seines Eigentums führt, dient der Entlastung der öffentlichen Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr und ist unter diesem Gesichtspunkt – wie der Senat zu § 2 Reichsgaragenordnung entschieden hat – mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. Urteil vom 29. März 1968 – BVerwG 4 C 27.67 – BVerwGE 29, 261 [267]).
Ist mithin schon aus Rechtsgründen auszuschließen, daß das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Anliegergebrauch die vom Berufungsgericht zugunsten der Klägerin unterstellten Ansprüche auf Parkmöglichkeiten in angemessener Nähe umfaßt, können die aufgezeigten – aus der Unterstellung eines solchen Rechts resultierenden – Mängel des Berufungsverfahrens in dieser Sache auf sich beruhen. Ob es bei der vom Berufungsgericht bestätigten Klageabweisung verbleibt, hängt jedoch weiterhin davon ab, ob die landesrechtlich normierten Voraussetzungen einer Entwidmung im vorliegenden Fall gegeben sind. Nach § 7 BremStrG kann eine Straße von der Straßenbaubehörde insbesondere dann entwidmet werden, wenn ein öffentliches Interesse an ihrer Aufhebung vorliegt. Das Berufungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Entwidmung unter diesem Gesichtspunkt im vorliegenden Fall ausdrücklich offengelassen und angenommen, daß die Klägerin durch diese Maßnahme jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt werde. Als eine Möglichkeit der Verletzung von subjektiven Rechten der Klägerin hat das Berufungsgericht bislang allein auf die von ihm erörterten Anliegerrechte (Art. 14 Abs. 1 GG) abgestellt. Offengeblieben ist, ob § 7 BremStrG – wie die Revision geltend macht – (auch) Rechte der Klägerin schützt, insbesondere ob nach dieser Vorschrift durch die zuständige Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen ist, ob dabei auch die Belange der Anlieger einzubeziehen und mit dem öffentlichen Interesse an einer Entwidmung abzuwägen sind und ob dies hier – wenn erforderlich – in ausreichendem Maße geschehen ist. Da diese dem nicht revisiblen Recht angehörenden Rechtsfragen noch ungeklärt und die hierfür etwa noch erforderlichen Feststellungen in der Revisionsinstanz nicht zu treffen sind, kann auch nicht im Sinne des Klagebegehrens die Aufhebung der angefochtenen Entwidmung ausgesprochen werden. Das führt zur Aufhebung der angefochtenen berufungsgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Unterschriften
Oppenheimer, Dr. Korbmacher, Dr. Niehues, Gielen, Dr. Gaentzsch
Fundstellen
Haufe-Index 845581 |
JZ 1983, 343 |