Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsabgabe. Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Endverbraucher. Weiterleitung von Strom. Erlöse. Abwälzung der Ausgleichsabgabe. Gemeinschaftsrecht. unbillige Härte
Leitsatz (amtlich)
Schuldner der Ausgleichsabgabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 kann auch eine gemeinnützige, vom Bund und einem Land getragene Forschungseinrichtung sein, die Strom nicht selbst erzeugt, sondern den vom Erzeuger bezogenen Strom an juristisch selbständige andere Unternehmen weiterleitet und von diesen Abnehmern außer den vom Erzeuger in Rechnung gestellten Preisen lediglich einen Ausgleich für die Kosten der Weiterleitung (Verteilung, Verwaltung, Stromverlust) erhält.
Normenkette
3. VerstrG 1980 § 8 Abs. 2, 3 S. 2, §§ 10-11
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 17.04.1996; Aktenzeichen 8 UE 999/91) |
VG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.02.1991; Aktenzeichen I/1 E 1661/89) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. April 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, eine Ausgleichsabgabe (sog. Kohlepfennig) für das Jahr 1986 nach dem Dritten Verstromungsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 17. November 1980 (BGBl I S. 2138) – 3. VerstrG 1980 – an die Beklagte zu zahlen.
Die Klägerin bezieht seit 1975 von der Badenwerk AG Strom, den sie teilweise selbst verbraucht und teilweise an auf ihrem Betriebsgelände ansässige juristisch selbständige Einrichtungen weiterleitet. Gegenüber diesen Einrichtungen hat sich die Klägerin verpflichtet, die erforderlichen Versorgungs- und Infrastrukturleistungen, insbesondere die Energieversorgung, zu erbringen. Die Weiterleitung des Stroms ist der Klägerin von der Badenwerk AG mit der Maßgabe gestattet worden, daß die an die Badenwerk AG gezahlten Durchschnittspreise lediglich um einen angemessenen Zuschlag für Verluste, Verteilung und Verwaltung überschritten werden dürfen.
Durch Schätzbescheid vom 29. Februar 1988 setzte das Bundesamt für Wirtschaft (Bundesamt) die Ausgleichsabgabe für das Jahr 1986 zunächst auf 60 093,76 DM fest. Dem Widerspruch der Klägerin half das Bundesamt durch Festsetzungsbescheid vom 5. Oktober 1988 teilweise ab und reduzierte die Abgabe auf 29 038,15 DM. Im übrigen wies es den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 1989 zurück.
Durch Urteil vom 28. Februar 1991 hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht durch Urteil vom 17. April 1996 mit der Begründung zurückgewiesen, der angegriffene Schätzbescheid des Bundesamts vom 29. Februar 1988 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 5. Oktober 1988 und des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 1989 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des hier streitigen Kohlepfennigs sei § 8 Abs. 2 und 3 3. VerstrG 1980. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 11. Oktober 1994 (BVerfGE 91, 186 ff.) die Unvereinbarkeit des § 8 3. VerstrG 1980 mit dem Grundgesetz festgestellt. Doch habe das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung die Weitergeltung dieser Bestimmung bis zum 31. Dezember 1995 angeordnet, so daß die Ausgleichsabgabe für Zeiträume bis zum 31. Dezember 1995 weiterhin erhoben werden dürfe.
Die Klägerin sei als Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des § 8 Abs. 2 3. VerstrG 1980 anzusehen, das Elektrizität an Endverbraucher im Geltungsbereich des Dritten Verstromungsgesetzes liefere. Elektrizitätsversorgungsunternehmen in diesem Sinne seien ohne Rücksicht auf Rechtsformen und Eigentumsverhältnisse alle Unternehmen und Betriebe, die andere (einen oder mehrere) mit Elektrizität versorgten oder Betriebe dieser Art verwalteten (öffentliche Energieversorgung). Unternehmen und Betriebe, die nur teilweise oder im Nebenbetrieb öffentliche Energieversorgung betrieben, hätten insoweit als Energieversorgungsunternehmen zu gelten. Ein anderer werde dann versorgt, wenn die Elektrizität an eine andere rechtlich selbständige, natürliche oder juristische Person geliefert werde. Die damit bezeichneten Voraussetzungen erfülle die Klägerin, indem sie die auf ihrem Betriebsgelände ansässigen selbständigen juristischen Personen mit Strom beliefere.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sei der Begriff der Versorgungsunternehmen im Sinne des § 8 Abs. 2 3. VerstrG 1980 nicht auf natürliche oder juristische Personen beschränkt, die sich der Erzeugung und Verteilung von Energie widmeten. Vielmehr gehörten auch solche Betriebe hierher, die andere Aufgaben hätten. Dabei sei ausreichend, wenn ein anderer mit Energie versorgt werde. Das sei der Fall, wenn die Energie von einem Rechtssubjekt auf ein anderes juristisch selbständiges Rechtssubjekt übergehe. Dazu zähle auch der Fall, daß eine Aktiengesellschaft, eine GmbH, eine Genossenschaft oder eine sonstige juristische Person ihre Gesellschafter oder Mitglieder versorge. Selbst die Versorgung im Konzernverhältnis, also die Versorgung rechtlich selbständiger Tochtergesellschaften durch die Obergesellschaft oder die Versorgung zwischen den Tochtergesellschaften untereinander, sei Versorgung anderer. Erst recht müsse dies dort gelten, wo es sich bei den belieferten selbständigen juristischen Personen nicht um Tochtergesellschaften handele.
Auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme, die Klägerin sei Schuldnerin der streitigen Ausgleichsabgabe, seien erfüllt. Der Begriff der “Lieferung” in § 8 Abs. 2 und 3 3. VerstrG 1980 knüpfe an den faktischen Transfer von Strom unmittelbar vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Endverbraucher an, so daß es für das Entstehen der Abgabeschuldnerschaft maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse zwischen diesen beiden Rechtssubjekten ankomme. Belastungsgrund sei nicht die unternehmerische Tätigkeit der Stromerzeugung oder der Verstromung von Kohle, sondern die Nachfrage des Verbrauchers. Unerheblich für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals “Lieferung” sei daher, auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchem Grunde das Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Endverbraucher Strom geliefert habe. Bei den von der Klägerin erhobenen Zuschlägen zu den von der Badenwerk AG in Rechnung gestellten Beträgen handele es sich auch um aus der Lieferung von Elektrizität an Endverbraucher erzielte Erlöse im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 3. VerstrG 1980. Dazu gehörten sämtliche Gegenleistungen in Form von Entgelten oder geldwerten Leistungen für Stromlieferungen an Endverbraucher. Absicht des Gesetzgebers sei es nämlich, grundsätzlich jeden Stromverbrauch der Abgabepflicht zu unterwerfen.
Zu Unrecht gehe die Klägerin davon aus, daß ihre Heranziehung zu Ausgleichsabgaben für den weitergeleiteten Strom im Ergebnis zu einer doppelten Belastung dieses Stroms mit Abgaben nach dem Dritten Verstromungsgesetz führe, weil bereits die Badenwerk AG mit einer Ausgleichsabgabe für den gesamten an die Klägerin gelieferten Strom belastet worden sei. Die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Veranlagung der Klägerin beziehe sich ausschließlich auf den zusätzlichen Erlös, den die Klägerin für den weitergeleiteten Strom von ihren Abnehmern verlangt habe und nicht auf den Gesamtpreis für diesen Strom, der sich zusammensetze aus dem von der Badenwerk AG in Rechnung gestellten Preis und den Aufschlägen der Klägerin für Verluste, Verteilung und Verwaltung.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie eine Verletzung von Bundesrecht rügt und unter Änderung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Aufhebung der angefochtenen Bescheide insoweit, als sie entgegenstehen, um Stattgabe ihrer Klage bittet.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angegriffene Berufungsurteil entspricht der Rechtslage.
Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren ausschließlich über die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Schätzbescheids (in seiner nunmehr maßgeblichen Fassung) dem Grunde nach; hinsichtlich der Höhe der von der Beklagten jetzt noch verlangten Ausgleichsabgabe ist – die Rechtmäßigkeit des Bescheids dem Grunde nach unterstellt – auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für durchgreifende Bedenken auch nichts ersichtlich.
Das Berufungsgericht geht davon aus, Rechtsgrundlage für die mit dem Bescheid festgesetzte Ausgleichsabgabe, die der Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft dient, sei für den in Rede stehenden Erhebungszeitraum 1986 § 8 des Dritten Verstromungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. November 1980 (BGBl I S. 2138) – 3. VerstrG 1980 –. Das ist richtig. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 11. Oktober 1994 (2 BvR 633/86 – BVerfGE 91, 186 ff.) erkannt, die Ausgleichsabgabe sei in der Ausgestaltung als Sonderabgabe verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Doch hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O., S. 207) zugleich angeordnet, daß die für die Erhebung des sogenannten Kohlepfennigs maßgeblichen Vorschriften längstens bis zum 31. Dezember 1995 weiter anzuwenden sind.
Das Berufungsgericht nimmt an, die Beklagte habe die Klägerin zu Recht gemäß § 8 3. VerstrG 1980 zu einer Ausgleichsabgabe für das Jahr 1986 herangezogen. Die Klägerin sei Schuldnerin dieser Abgabe, weil sie im Jahre 1986 als Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 gegen Erlöse (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980) Elektrizität an Endverbraucher im Geltungsbereich des Dritten Verstromungsgesetzes geliefert habe. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist das ebenfalls richtig.
1. § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 enthält zwei Tatbestände, nämlich zum einen die Lieferung von Elektrizität an Endverbraucher gegen – wie § 8 Abs. 3 Satz 2 3. VerstrG 1980 deutlich macht – Erlöse und zum anderen den Selbstverbrauch von eigenerzeugter Elektrizität. Wer den ersten Tatbestand erfüllt, ist nach der Terminologie des Dritten Verstromungsgesetzes grundsätzlich Elektrizitätsversorgungsunternehmen, wer den zweiten verwirklicht, ist Eigenerzeuger. Da der zweite Tatbestand hier offensichtlich ausscheidet, ist lediglich zu fragen, ob die Klägerin den ersten Tatbestand erfüllt hat. Das ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu bejahen.
a) Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 1995 – BVerwG 11 C 8.93 – (Buchholz 451.175 3. VerstrG 1980 Nr. 5 S. 1 ff.) zu dem mit § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 wörtlich übereinstimmenden § 4 Abs. 2 Satz 1 des Dritten Verstromungsgesetzes vom 13. Dezember 1974 (BGBl I S. 3473) knüpft der Begriff der “Lieferung” im Sinne dieser letzteren Bestimmung an den faktischen Transfer von Strom unmittelbar vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Endverbraucher an, so daß es für die Entstehung der Abgabenschuldnerschaft maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse zwischen diesen beiden Rechtssubjekten ankommt. Belastungsgrund ist nicht die unternehmerische Tätigkeit der Stromerzeugung oder der Verstromung von Kohle, sondern die Nachfrage des Verbrauchers (vgl. BVerfG, Beschluß vom 11. Oktober 1994 – 2 BvR 633/86 – a.a.O. S. 204). Unerheblich für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals “Lieferung” ist daher, auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchem Grund das Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Endverbraucher geliefert und ob dieses Unternehmen damit eine eigene oder eine fremde Schuld erfüllt und in eigenem oder fremdem Namen gehandelt hat. An dieser Rechtsprechung ist für § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 festzuhalten.
Auf ihrer Grundlage setzt das Merkmal “Lieferung” mithin den Transfer von Strom von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt, den Endverbraucher, voraus, d.h. setzt voraus, daß – gleichgültig aus welchem Grund – Elektrizität an eine andere rechtlich selbständige, natürliche oder juristische Person weitergegeben, diese also mit Elektrizität versorgt wird (vgl. in diesem Sinne auch Ziff. 10.1 der Richtlinien zur Durchführung des Dritten Verstromungsgesetzes vom 18. Dezember 1980, BAnz Nr. 8 vom 14. Januar 1981; siehe ferner § 2 Abs. 2 EnWG sowie dazu Eiser/Riederer/Obernolte/Danner, Kommentar zum EnWG, Mai 1994, § 2 Rn. 4). Ohne Belang ist dagegen, ob derjenige, der den Strom an den Endverbraucher liefert, diesen selbst erzeugt oder ihn lediglich verteilt, also gleichsam Mittler zwischen dem Stromerzeuger und dem Endverbraucher ist.
Die Lieferung von Strom allein rechtfertigt indes noch nicht die Erhebung einer Ausgleichsabgabe. Vielmehr muß es sich um eine entgeltliche Lieferung handeln, um eine Lieferung gegen “Erlöse”. Denn die Ausgleichsabgabe bemißt sich gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980 nach einem Prozentsatz der Erlöse, die aus der Lieferung von Elektrizität an den Endverbraucher erzielt werden; ohne “Erlöse” im Sinne dieser Bestimmung greift der hier in Rede stehende Tatbestand des § 8 Abs. 2 Satz 1 3. VerstrG 1980 nicht. Nach der zu der mit § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980 wörtlich übereinstimmenden Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Dritten Verstromungsgesetzes vom 13. Dezember 1974 ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Begriff “Erlöse” weit zu verstehen; er umfaßt “sämtliche Gegenleistungen in Form von Entgelten oder geldwerten Leistungen für Stromlieferungen an Endverbraucher” (Urteil vom 31. Januar 1995 – BVerwG 11 C 8.93 – a.a.O., S. 4). Mit Blick auf § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980 ist auch an dieser Rechtsprechung festzuhalten. Danach ist “Erlös” jede Leistung des Endverbrauchers, die geeignet ist, als Bemessungsgrundlage im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980 zu dienen. Das trifft für jede für eine Stromlieferung erbrachte geldwerte Leistung zu.
b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts versorgt die Klägerin mehrere von ihr rechtlich selbständige juristische Personen als Endverbraucher mit Elektrizität und erzielt dabei Erlöse. Nach diesen Feststellungen gibt die Klägerin einen Teil des von der Badenwerk AG empfangenen Stroms aufgrund vertraglicher Vereinbarungen weiter an zwei auf ihrem Betriebsgelände befindliche rechtlich selbständige Betriebsführungsgesellschaften sowie drei wissenschaftliche Institute und Einrichtungen unter anderem der Europäischen Gemeinschaft (Europäisches Institut für Transurane) und der Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Institut für Strahlentechnologie der Lebensmittel) als Endverbraucher. Diesen Teil des empfangenen Stroms verteilt die Klägerin auf die rechtlich selbständigen Verbraucher; sie werden mithin von ihr mit Elektrizität beliefert. Die Klägerin leitet diesen Strom nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unentgeltlich weiter. Vielmehr erhält sie für diese Stromlieferung – außer dem Preis, den sie durchschnittlich an ihren Stromlieferanten, die Badenwerk AG, entrichtet und der in diesem Zusammenhang als gleichsam durchlaufender Rechnungsposten belanglos ist – einen “angemessenen Zuschlag für Verluste, Verteilung und Verwaltung” (Berufungsurteil S. 3). Dieser Zuschlag stellt unabhängig davon, ob er einen Posten enthält, der einen Gewinn der Klägerin begründen könnte (Gewinnzuschlag), eine geldwerte Gegenleistung für die Stromlieferung dar, und erfüllt damit die Anforderungen, die der Begriff “Erlös” in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 3. VerstrG 1980 stellt. Er allein ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts als Bemessungsgrundlage für die von der Klägerin geforderte Ausgleichsabgabe herangezogen worden; das schließt eine doppelte Belastung des weitergeleiteten Stroms mit Abgaben nach dem Dritten Verstromungsgesetz aus.
2. Entgegen der Annahme der Klägerin sind auch die weiteren von ihr im Revisionsverfahren vorgetragenen Erwägungen nicht geeignet, ihrer Klage zu dem gewünschten Erfolg zu verhelfen.
a) Die Auffassung der Klägerin, mit der Auferlegung der Ausgleichsabgabe werde das Ziel verfolgt, die Elektrizitätswirtschaft zu belasten, findet im Gesetz keine Stütze. Im Gegenteil: Das Bundesverfassungsgericht hat in der bereits genannten Entscheidung vom 11. Oktober 1994 (2 BvR 633/86 – a.a.O., S. 203) erkannt, die Ausgleichsabgabe nach § 8 3. VerstrG 1980 sei nicht als Sonderabgabe zu rechtfertigen, weil sie eine Allgemeinheit von Stromverbrauchern belaste, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Aufgabe treffe, den Steinkohleneinsatz bei der Stromerzeugung zu sichern. Belastungsgrund für die Ausgleichsabgabe ist – wie bereits gesagt – nicht die Stromerzeugung, sondern der Stromverbrauch. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 3. VerstrG 1980 sieht vor, daß die Energieversorger die Belastung durch die Ausgleichsabgabe an den Endverbraucher weitergeben. Die Energieversorgungsunternehmen überbringen die Abgabenlast an den Endverbraucher; bei den Energieversorgungsunternehmen ist die Abgabe – so jedenfalls in der Regel – ein durchlaufender Posten. Nach § 10 Abs. 3 3. VerstrG 1980 ist die Ausgleichsabgabe in den Rechnungen über Elektrizitätslieferungen gesondert auszuweisen, um dadurch diese eigenständige Belastung jedem Verbraucher ausdrücklich bewußt zu machen.
b) Dem Vorbringen der Klägerin, sie sei gehindert, die Ausgleichsabgabe an vom Bund oder von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts getragene Einrichtungen weiterzugeben, weil dann entgegen der Absicht des Gesetzgebers letztlich die öffentliche Hand mit der Ausgleichsabgabe belastet werde, kann ebenfalls nicht gefolgt werden: Weder aus dem Gesetz noch aus den sonstigen Umständen läßt sich etwas für die Annahme herleiten, die Ausgleichsabgabe dürfe nicht auf die öffentliche Hand als Endverbraucher abgewälzt werden. Dementsprechend stellt das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 11. Oktober 1994 – 2 BvR 633/86 – a.a.O., S. 205) fest, die Ausgleichsabgabe “belastet private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die Privaten ebenso wie die öffentliche Hand”.
Angesichts dessen ergibt sich, daß hinsichtlich der Stromlieferungen an die beiden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts selbständigen Betriebsführungsgesellschaften (Kernkraft-Betriebsgesellschaft GmbH Karlsruhe und Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe Betriebsgesellschaft GmbH) sowie das von verschiedenen Körperschaften des öffentlichen Rechts getragene Fachinformationszentrum Karlsruhe GmbH und das vom Bund getragene Institut für Strahlentechnologie der Lebensmittel einer Abwälzung der Ausgleichsabgabe an die Endverbraucher nichts entgegensteht. Insoweit also ist die Klägerin als Elektrizitätsunternehmen und Abgabenschuldnerin im Sinne des § 8 Abs. 2 3. VerstrG 1980 anzusehen und könnte die Revision allenfalls unter dem Blickwinkel der – später noch zu behandelnden – (Un-)Billigkeitsregelung des § 11 3. VerstrG 1980 Erfolg haben.
c) Im Ergebnis nichts anderes gilt mit Blick auf die Stromlieferungen an das im Eigentum der Europäischen Gemeinschaft stehende Institut für Transurane. Insoweit macht die Klägerin geltend, sie sei durch Kap. I Art. 3 Abs. 2 des Protokolls über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das als Anhang dem Vertrag zur Einsetzung eines Gemeinsamen Rates und einer Gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 (BGBl 1965 II S. 1482) beigefügt ist, gehindert, die Ausgleichsabgabe abzuwälzen. Ob das zutrifft, ist schon deshalb zweifelhaft, weil diese Bestimmung ausdrücklich die Möglichkeit der Erstattung von indirekten Steuern und Verkaufsabgaben vorsieht, also davon ausgeht, daß die betreffende Einrichtung der Europäischen Gemeinschaft zunächst einmal die Zahlung erbringt und erbringen muß. Das bedarf indes keiner Vertiefung. Selbst wenn nämlich das Gemeinschaftsrecht einer Abwälzung der Ausgleichsabgabe entgegenstehen sollte, änderte das nichts an der Abgabeschuld der Klägerin auch insoweit. Denn die Stellung als Schuldner der Ausgleichsabgabe hängt nicht stets und ausnahmslos davon ab, daß diese Ausgleichsabgabe letztlich – infolge einer Überwälzung auf ihn – vom Empfänger des Stroms gezahlt oder sein Vermögen in sonstiger Weise wirtschaftlich belastet wird.
Einzuräumen ist, daß das Dritte Verstromungsgesetz grundsätzlich auf eine Abwälzbarkeit der Ausgleichsabgabe vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf den Endverbraucher abstellt. Die Weiterleitung der Abgabe ist – wie das Bundesverfassungsgericht formuliert (Beschluß vom 11. Oktober 1994 – 2 BvR 633/86 – a.a.O., S. 205) – “nicht nur eine marktabhängige Möglichkeit, sondern rechtlich vorbereitete und vorgesehene Regelfolge der Abgabenbelastung”. Eine solche “Regelfolge” bezieht sich indes nur auf Regelfälle und läßt Raum für eine andere Folge in einem bestimmten Einzelfall.
Ziel des Dritten Verstromungsgesetzes ist es, im Interesse der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung einen ausreichenden Anteil von Steinkohle an der Erzeugung elektrischer Energie zu erhalten (vgl. § 1 Satz 1 3. VerstrG 1980). Die Ausgleichsabgabe des § 8 3. VerstrG 1980 ist dazu bestimmt, dieses Ziel, d.h. die Sicherung des Steinkohleneinsatzes bei der Verstromung, zu finanzieren. Dieser Finanzierungszweck steht eindeutig im Vordergrund der Regelung des § 8 3. VerstrG 1980. Mit ihm ist die Auffassung der Klägerin unvereinbar, nach der im Fall mangelnder Abwälzbarkeit auf den Endverbraucher für das von diesem erbrachte Entgelt für die Stromlieferung überhaupt keine Ausgleichsabgabe erhoben werden soll und deshalb dem Sondervermögen (vgl. § 2 Abs. 1 3. VerstrG 1980) keine Finanzmittel zufließen. Nicht hingegen wird dieser Finanzierungszweck berührt, wenn dem Sondervermögen zwar ein solcher Zufluß zukommt, aber mangels Abwälzbarkeit der Ausgleichsabgabe entgegen der Vorstellung des Gesetzgebers in einem Einzelfall nicht der Endverbraucher, sondern das Elektrizitätsversorgungsunternehmen selbst letztlich mit der Ausgleichsabgabe belastet wird. Auch ein solcher Einzelfall ist vielmehr vom Finanzierungszweck des Dritten Verstromungsgesetzes noch gedeckt.
3. Die Klägerin kann die Forderung nach Zahlung der Ausgleichsabgabe für das Jahr 1986 schließlich auch nicht durch ihr Berufen auf die Härteklausel des § 11 3. VerstrG 1980 erfolgreich abwehren. Denn diese Härteregelung stellt ab auf die Betroffenheit des Endverbrauchers, nicht aber auf die des Stromversorgers; sie bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Endverbraucher, nicht aber auf das hier streitige Verhältnis zwischen dem Bundesamt für Wirtschaft und einem Versorgungsunternehmen. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annehmen wollte, wegen – unterstellter – mangelnder Abwälzbarkeit der Ausgleichsabgabe hinsichtlich des an das Transuraneinstitut gelieferten Stroms sei sie in diesem Zusammenhang als Endverbraucher im Sinne des § 11 3. VerstrG 1980 zu qualifizieren, rechtfertigte das kein anderes Ergebnis. Denn nach § 11 Abs. 1 3. VerstrG 1980 setzt eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Endverbrauchers eine auf seinen Antrag vom Bundesamt für Wirtschaft zu erteilende Bescheinigung voraus. An einer solchen Bescheinigung fehlt es hier offensichtlich. Im übrigen liegt eine unbillige Härte im Sinne des Dritten Verstromungsgesetzes “nur vor, wenn die Belastung ≪mit der Ausgleichsabgabe≫ wesentlich dazu beiträgt, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des einzelnen ≪Endverbraucher-≫Unternehmens oder eines Unternehmensteils oder einer Betriebsstätte droht” (§ 11 Abs. 2 Satz 3 3. VerstrG 1980). Es ist weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß diese Voraussetzung erfüllt sein könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Sommer, Dr. Pagenkopf, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel
Fundstellen