Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenrecht (Schornsteinfegergebühren). Kehr- und Überprüfungsgebühren; Bezirksschornsteinfegermeister; Gebührenschuldner; Wohnungseigentümergemeinschaft; Wohnungseigentumsanlage; Sondereigentum; Gemeinschaftseigentum; Leistungsbescheid; Verzugszinsen
Leitsatz (amtlich)
Bei Eigentumswohnungsanlagen sind die Wohnungseigentümer als Grundstücks(mit)eigentümer gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 SchfG Schuldner der Schornsteinfegergebühren und haften deshalb gemäß § 25 Abs. 5 SchfG gesamtschuldnerisch auch für solche Gebühren, die für Tätigkeiten an im Sondereigentum stehenden Anlagen angefallen sind.
§ 25 Abs. 4 Satz 3 SchfG gewährt dem Bezirksschornsteinfegermeister keinen Anspruch auf Verzugszinsen.
Normenkette
SchfG §§ 24, 25 Abs. 4-5; WEG § 27 Abs. 2, § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Entscheidung vom 18.12.1992; Aktenzeichen 22 B 92.1745) |
VG München (Entscheidung vom 12.11.1991; Aktenzeichen 16 K 91.1443) |
Tenor
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 1992 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. November 1991 – soweit es die Beigeladenen betrifft – werden abgeändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, gegen die Beigeladenen als Gesamtschuldner, vertreten durch die Hausverwaltung, einen Leistungsbescheid über 403,85 DM wegen der in dem Antrag des Klägers vom 17. August 1990 näher bezeichneten Gebühren zu erlassen.
Im übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens sowie des zweit- und erstinstanzlichen Verfahrens, soweit diese auf den die Beigeladenen betreffenden Verfahrensteil entfallen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe
I.
Der Kläger ist Bezirksschornsteinfegermeister. Er begehrt die Verpflichtung der Beklagten, seine für die Eigentumswohnungsanlage der Beigeladenen im ersten Halbjahr 1990 angefallenen Kehr- und Überprüfungsgebühren nebst Verzugszinsen von den beigeladenen Wohnungseigentümern als Gesamtschuldner beizutreiben.
Die Eigentumswohnungsanlage liegt im Kehrbezirk des Klägers. Die einzelnen Wohnungen sind mit Gasetagenheizungen oder Gasöfen sowie mit verschiedenen Gasgeräten ausgestattet. Der Kläger nahm im ersten Halbjahr 1990 in den Eigentumswohnungen dieser Anlage Abgasverlustmessungen, CO-Messungen und Gasgeräteüberprüfungen vor. Unter genauer Aufschlüsselung der in den einzelnen Wohnungen angefallenen Arbeiten stellte der Kläger mit Schreiben vom 29. März 1990 für die die Wohnungen der Beigeladenen betreffenden Tätigkeiten Gebühren in Höhe von 403,85 DM in Rechnung und forderte die Verwalterin der Eigentumswohnungsanlage auf, den Rechnungsbetrag an ihn zu überweisen. Diese verweigerte unter Rückgabe der Rechnung die Zahlung mit der Begründung, die Gebühren seien für Tätigkeiten in den einzelnen Wohnungen, also im Sondereigentum der Wohnungseigentümer, angefallen und beträfen deshalb keine Gemeinschaftsangelegenheiten. Mit derselben Begründung lehnte auch die Beklagte die von dem Kläger erbetene Beitreibung der Gebühren gemäß § 25 Abs. 4 SchfG ab. Eine erneute Zahlungsaufforderung des Klägers an die Hausverwaltung der Beigeladenen mit Schreiben vom 20. November 1990 unter Setzung einer Zahlungsfrist von zehn Tagen blieb ebenfalls ohne Erfolg.
Die hiergegen – zunächst unter Einbeziehung weiterer von der Hausverwaltung der Beigeladenen betreuten Wohnanlagen – erhobene Klage auf Verpflichtung der Beklagten zum Erlaß eines Leistungsbescheides gegen die Beigeladenen ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 18. Dezember 1992 nach Abtrennung des die Wohnungsanlage der Beigeladenen betreffenden Teils die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, § 25 Abs. 4 Satz 1 SchfG differenziere nicht zwischen Grundstückseigentum und Wohnungseigentum. Wohnungseigentum sei nach dem allgemeinen rechtlichen Sprachgebrauch eine Art von Grundstückseigentum. Es seien keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb nicht der einzelne Wohnungseigentümer Grundstückseigentümer und damit Gebührenschuldner im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 1 SchfG sein solle, sofern – wie hier – gebührenpflichtige Arbeiten an im Sondereigentum stehenden Feuerungsanlagen vorgenommen worden seien.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren unter Einbeziehung eines Anspruchs auf Verzugszinsen in Höhe von 12 % seit dem 1. Dezember 1990 weiter. Er wendet sich gegen das Berufungsurteil und rügt einen Verstoß gegen § 25 Abs. 4 und 5 SchfG.
Die Beklagte, die Beigeladenen und die Landesanwaltschaft Bayern treten der Revision entgegen und verteidigen die angefochtenen Urteile.
Der Oberbundesanwalt tritt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft der Auffassung des Klägers bei und verweist darauf, daß das Schornsteinfegergesetz in Kenntnis der Problematik des Wohnungseigentums und des Sondereigentums erlassen worden sei, jedoch – anders als etwa das Grundsteuergesetz oder das Bundesbaugesetz bzw. Baugesetzbuch – keine Sonderregelungen für das Wohnungseigentum enthalte.
II.
Die Revision des Klägers ist weitgehend begründet. Das Berufungsurteil verletzt – soweit es die Berufung des Klägers bezüglich der Festsetzung rückständiger Gebühren in Höhe von 403,85 DM zurückgewiesen hat – § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 3 in Verbindung mit § 25 Abs. 5 SchfG. Da sich die Entscheidung insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO) und die Sache aufgrund des festgestellten Sachverhalts entscheidungsreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), ist unter Abänderung der angefochtenen Entscheidungen die Verpflichtung der Beklagten zum Erlaß eines Leistungsbescheides in Höhe von 403,85 DM gegen die Beigeladenen auszusprechen. Das Berufungsurteil steht hingegen mit revisiblem Recht in Einklang, soweit es den Erlaß eines Leistungsbescheides bezüglich der geforderten Verzugszinsen abgelehnt hat; insoweit ist die Revision des Klägers unbegründet (§ 144 Abs. 2 VwGO).
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Vordergerichte hinsichtlich des geltend gemachten Hauptanspruchs begründet.
Denn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 3 des Schornsteinfegergesetzes vom 15. September 1969 – SchfG – (BGBl I S. 1634) für den Erlaß eines Leistungsbescheides wegen der von den Beigeladenen für das erste Halbjahr 1990 geschuldeten Gebühren von 403,85 DM liegen vor. Die von dem Kläger in Rechnung gestellten Gebühren sind durch die Kehr- und Überprüfungsgebührenordnung gedeckt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SchfG); darüber sowie über die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Es handelt sich nur um sogenannte „Pflichtarbeiten” (§ 13 SchfG), nicht um Nebentätigkeiten. Die Beigeladenen haben die Gebühren nicht bezahlt; sie sind deshalb „rückständig” (§ 25 Abs. 4 Satz 3 SchfG). Die Rechnung nebst Zahlungsaufforderung sowie die in dem nachfolgenden Schriftwechsel (vgl. Schreiben vom 20. November 1990 mit Fristsetzung) liegende Mahnung ist an den richtigen Gebührenschuldner gerichtet worden.
Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 SchfG ist die Schornsteinfegergebühr eine öffentliche Last des Grundstücks und vom „Grundstückseigentümer” zu tragen. Nach § 25 Abs. 5 SchfG haften mehrere Eigentümer eines Grundstücks für diese Gebühren (und Auslagen) als Gesamtschuldner. Das Berufungsgericht hat – unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil (UA S. 9 f.) – sinngemäß angenommen (BU S. 5), Grundstückseigentümer und damit Gebührenschuldner im Sinne des § 25 Abs. 4 Satz 1 SchfG sei bei Arbeiten in Wohnungseigentumsanlagen jedenfalls dann nur der einzelne Wohnungseigentümer, wenn die gebührenpflichtigen Tätigkeiten an Anlagen im Sondereigentum vorgenommen worden seien; § 25 Abs. 5 SchfG könne sich nur auf Gebühren beziehen, „die im Zusammenhang mit der Überprüfung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer” angefallen seien (VG-Urteil S. 10). Diese Auffassung verstößt gegen § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 SchfG; sie verkennt zugleich § 27 Abs. 2 WEG.
a) Wohnungseigentum ist gemäß § 1 Abs. 2 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört; gemeinschaftliches Eigentum ist u. a. das Grundstück (§ 1 Abs. 5 WEG). Wohnungseigentümer sind also Grundstücks(mit)eigentümer. Es entspricht danach dem Wortlaut von § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 SchfG, als Schuldner der Schornsteinfegergebühr den Wohnungseigentümer bzw. – nach Abs. 5 – gesamtschuldnerisch die Wohnungseigentümer heranzuziehen. Davon geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus. Es will jedoch § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 SchfG differenzierend und einschränkend dahin verstehen, daß der Wohnungseigentümer als Grundstückseigentümer nach § 25 Abs. 4 Satz 1 nur die in seinem Sondereigentum angefallenen sowie die am gemeinschaftlichen Eigentum angefallenen Gebühren zu tragen hat und § 25 Abs. 5 SchfG die gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer als Grundstücksmiteigentümer nur für Gebühren ausspricht, die für Tätigkeiten am gemeinschaftlichen Eigentum angefallen sind. Schon der Wortlaut des § 25 Abs. 4 und Abs. 5 SchfG legt diese Interpretation nicht nahe.
b) Die historische Entwicklung des Schornsteinfegergesetzes und des Wohnungseigentumsgesetzes steht der Auffassung des Berufungsgerichts ebenfalls entgegen. Mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 25. Januar 1991 – 14 S 2354/89 –) ist davon auszugehen, daß Grundstückseigentümer im Sinne der genannten Vorschriften die Gesamtheit der Wohnungseigentümer ist (ebenso Musielak-Cordt-Manke, SchfG, 4. Aufl., § 25 Rn. 6). Da dem Gesetzgeber des Schornsteinfegergesetzes das Wohnungseigentumsgesetz und damit die Existenz und Bedeutung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum bei der Bildung von Wohnungseigentum bekannt waren (vgl. auch § 1 Abs. 1 SchfG), spricht alles dafür, der undifferenziert auf das Grundstückseigentum abstellenden Formulierung in § 25 Abs. 4 und Abs. 5 SchfG ihre wörtliche Bedeutung zuzumessen. Die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig (vgl. den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen, BT-Drs. V/3812 und V/4282 –, abgedruckt bei Musielak-Cordt-Manke, a.a.O., S. 529 ff.). Der Umstand, daß nach dem von dem Oberbundesanwalt erwähnten Referenten- und (mittlerweile) Gesetzentwurf zur Änderung des Schornsteinfegergesetzes (BT-Drs. 12/5928) § 25 Abs. 4 in der Neufassung die Gebührenschuld dem Grundstückseigentümer „oder im Falle von Wohnungseigentum … der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer” auferlegt, belegt nicht, daß die gegenwärtige Regelung im Sinne des Berufungsgerichts zu verstehen ist. Denn in der Begründung zu dieser Vorschrift wird darauf verwiesen, daß die Gebührenpflicht an das Grundstückseigentum und nicht an das Sondereigentum anknüpft, und ferner auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25. Januar 1991 Bezug genommen. Die Neuregelung hat damit nur klarstellenden Charakter.
Diese Auslegung wird dadurch erhärtet, daß der Gesetzgeber – worauf der Oberbundesanwalt zutreffend hinweist – in anderen Regelungsbereichen, etwa im Grundsteuergesetz, den Grundstücksbegriff im Falle von Wohnungseigentum ausdrücklich auf das Wohnungseigentum beschränkt hat (§ 2 Nr. 2 GrStG in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1, 70 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) und auch sonst (vgl. § 134 Abs. 1 BBauG 1976/BauGB) – wo ihm die Haftung für das Gesamtgrundstück verfehlt erschienen ist – für das Wohnungseigentum differenzierte Regelungen ausdrücklich festgelegt hat.
c) Sinn und Zweck sprechen ebenfalls gegen die Interpretation des Berufungsgerichts. Mit der Anknüpfung der Gebührenschuld an das Grundstück sollte der Bezirksschornsteinfegermeister zum Ausgleich für den ihm auferlegten – von der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des „Kunden” unabhängigen – Kontrahierungszwang (vgl. § 1 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 2 SchfG) bei der Sicherung und Beitreibung seiner Forderungen bevorzugt und von der Klärung zivilrechtlicher Zweifelsfragen im Verhältnis zu Dritten (vgl. § 25 Abs. 4 Satz 2 SchfG) freigestellt werden. Sowenig es für die Gebührenpflicht des Grundstückseigentümers darauf ankommt, ob dieser der Eigentümer der überprüften Feuerungsanlage ist oder ob diese Anlage etwa vom Mieter vorübergehend eingebaut worden ist (vgl. Musielak-Cordt-Manke, a.a.O., § 25 Rn. 6), sowenig soll sich der Bezirksschornsteinfegermeister auch um die Frage kümmern müssen, ob die überprüfte Anlage im Gemeinschaftseigentum oder im Sondereigentum und gegebenenfalls in wessen Sondereigentum steht. Die beabsichtigte Erleichterung und Bevorzugung des Bezirksschornsteinfegermeisters besteht in der leicht feststellbaren Anknüpfung der Schuldnerschaft an das Grundstückseigentum.
d) Dieses Verständnis des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 SchfG führt neben der beabsichtigten Bevorzugung des Bezirksschornsteinfegermeisters bei der Sicherung und Beitreibung seiner Forderungen aus dem Bereich der Pflichtaufgaben auch zu einer praktikablen, unaufwendigen Geschäftsabwicklung, ohne beachtliche Interessen der Wohnungseigentümer oder gesetzliche Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes zu vernachlässigen. Es trägt im übrigen dem Gebot Rechnung, den Verkehr mit so komplizierten Gebilden, wie es insbesondere große Wohnungseigentumsanlagen darstellen, nicht über Gebühr zu erschweren (BGH, Urteil vom 25. September 1980 – VII ZR 176/79 – WM 1981, 20 f.). Es liegt auf der Hand, daß – unter Zugrundelegung der Auffassung des Berufungsgerichts – der Geschäftsaufwand des Bezirksschornsteinfegermeisters für die zur Vorbereitung einer Beitreibungsmaßnahme nach § 25 Abs. 4 Satz 3 SchfG erforderliche Ermittlung des „richtigen” Sondereigentümers und die Zustellung der Rechnung an diesen Adressaten angesichts der häufig großen Anzahl von Wohnungseigentümern nicht unerheblich wäre und – wie der vorliegende Fall zeigt – oft in keinem Verhältnis zu der Höhe der einzelnen Gebühr stünde. Zwangsläufig müßte ein solcher erhöhter allgemeiner Geschäftsaufwand (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 3 und § 24 Abs. 2 SchfG) im Rahmen der Gebührenbemessung – etwa bei sogenannten Grundgebühren – Berücksichtigung finden und sich damit zu Lasten des Gebührenschuldners auswirken (vgl. Urteil vom 12. Mai 1992 – BVerwG 1 C 3.89 – Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 36 S. 33 ≪36≫). Erhebliche Interessen der Wohnungseigentümer stehen nicht entgegen. Nach § 16 Abs. 2 WEG ist zwar jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums in der Regel nach dem Verhältnis des jeweiligen Miteigentumsanteils zu tragen, auch wenn sein Sondereigentum nicht betroffen war; diese Regelung ist aber abdingbar (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 16 Rn. 39).
e) Schulden aber die Wohnungseigentümer als Grundstücks(mit)eigentümer die auf dem Grundstück angefallenen Schornsteinfegergebühren gesamtschuldnerisch, so ist gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG die bestellte Hausverwaltung kraft Gesetzes empfangsbevollmächtigt und gemäß § 27 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 WEG zur Zahlung der Schornsteinfegergebühren aus der Gemeinschaftskasse berechtigt (vgl. Bärmann/Pick/Merle/a.a.O., § 27 Rn. 45 und § 16 Rn. 45; Weitnauer, WEG, 7. Aufl., § 16 Rn. 13); gegebenenfalls kann sie – für nur in einzelnen Eigentumswohnungen anfallende Gebühren – Vorauszahlungen verlangen.
2. Klage und Revision sind jedoch unbegründet, soweit der Kläger von der Beklagten die Festsetzung und Beitreibung von Verzugszinsen in Höhe von 12 % seit dem 1. Dezember 1990 verlangt. Insoweit haben die Vordergerichte die Klage zu Recht abgewiesen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 28. September 1979 – BVerwG 7 C 22.78 – BVerwGE 58, 316 ≪326≫, vom 17. Februar 1971 – BVerwG IV C 17, 69 – BVerwGE 37, 239 ≪241≫, vom 26. März 1965 – BVerwG IV C 123.63 – BVerwGE 21, 44 und vom 25. Oktober 1962 – BVerwG VIII C 55.61 – BVerwGE 15, 78 ≪81≫) gibt es keinen allgemeinen, das gesamte öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz, daß öffentlich-rechtliche Geldforderungen zu verzinsen sind; vielmehr kommt es insoweit auf die jeweiligen ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen an.
Zwar liegt es angesichts der Doppelstellung des Bezirksschornsteinfegermeisters als „normaler” Handwerker und als mit öffentlichen Aufgaben Beliehener nahe, in Angleichung an andere Handwerker die Regelungen des BGB über den Verzug bei rückständigen Geldforderungen entsprechend anzuwenden. Vorrangig ist jedoch auf die spezielle Regelung im Schornsteinfegergesetz abzustellen. § 25 Abs. 4 Satz 3 und Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 SchfG sehen ausdrücklich keine Verzugszinsen vor. Denn danach sind nur die gesetzlich vorgesehenen „Gebühren und Auslagen” zu erheben und bei Rückständigkeit gegebenenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung mit Hilfe eines Leistungsbescheides beizutreiben. Nur Gebühren und Auslagen sind danach festsetzungsfähig. Unter beide Begriffe sind Verzugszinsen nicht einzuordnen. Für die Gebühr bedarf dies keiner weiteren Vertiefung; Auslagen erfassen begrifflich nur tatsächliche bare Aufwendungen, die bei Ausführung der entsprechenden gebührenpflichtigen Tätigkeiten entstanden sind (Porto, Telefon, Schreibgebühren etc.; vgl. Musielak-Cordt-Manke, a.a.O., § 25 Rn. 3). Da § 25 Abs. 4 Satz 3 SchfG nur Verzugssachverhalte regelt und damit auch die Zinsfrage im Blickfeld des Gesetzgebers gestanden haben muß, spricht die Beschränkung der Vorschrift auf Gebühren und Auslagen im Bereich der Pflichtaufgaben des Bezirksschornsteinfegermeisters für einen bewußten Ausschluß von Verzugszinsen. Für dieses Verständnis kann überdies ins Feld geführt werden, daß die Schornsteinfegergebühren zumindest größtenteils und so auch hier (vgl. § 3 Abs. 2 SchfG) ihrer Natur nach als öffentlich-rechtlich einzustufen sind und deshalb der Vergleich mit „normalen” Handwerkerrechnungen nicht ohne weiteres zulässig ist. Ferner ist die in der Verweigerung von Verzugszinsen liegende Benachteiligung des Bezirksschornsteinfegermeisters deshalb nicht unangemessen, weil ihm die Vollstreckungsbehörde kraft Gesetzes die gesamte Vollstreckungs- und Beitreibungsarbeit abnimmt und in der Regel zügig durchführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Prof. Dr. Driehaus, Dr. Silberkuhl, Dr. Honnacker, Sailer
Fundstellen