Leitsatz (amtlich)
Ein Krankenhaus kann die zur Aufnahme in den Krankenhausplan erforderliche personelle Leistungsfähigkeit auch mit ärztlichem Personal sicherstellen, das von einem anderen Krankenhaus zur Verfügung gestellt wird. Voraussetzung ist, dass die jederzeitige Verfügbarkeit des zur Erfüllung des Versorgungsauftrags notwendigen ärztlichen Personals im Krankenhaus auf Dauer rechtlich gesichert ist. Außerdem muss gewährleistet sein, dass dieselben Qualitätsstandards eingehalten werden wie bei der Erbringung der Krankenhausleistungen durch eigenes ärztliches Personal.
Verfahrensgang
Thüringer OVG (Urteil vom 25.11.2016; Aktenzeichen 3 KO 578/13) |
VG Gera (Entscheidung vom 02.07.2013; Aktenzeichen 3 K 213/12 Ge) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 25. November 2016, berichtigt durch Beschluss vom 26. Mai 2017, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin begehrt, anstelle der Beigeladenen mit einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (im Folgenden: Kinder- und Jugendpsychiatrie) mit 12 Plätzen am Standort A. in den Thüringer Krankenhausplan aufgenommen zu werden.
Rz. 2
Sie ist ein privater Krankenhausträger, der in Ostthüringen ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie (S.) sowie mehrere Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrie (u.a. S. und G.) betreibt. Die Beigeladene betreibt in kirchlicher Trägerschaft eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie einschließlich Tagesklinik in A.
Rz. 3
Im August 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes mit einer neu zu errichtenden Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit 12 Plätzen in A. Sie legte ein entsprechendes Behandlungs-, Personal- und Raumkonzept für die geplante Tagesklinik vor.
Rz. 4
Die Beigeladene hatte im Februar 2010 die Aufnahme in den Krankenhausplan des Beklagten mit sechs tagesklinischen Plätzen für das Fachgebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort A. beantragt. Im April 2011 erweiterte sie ihren Antrag auf 12 tagesklinische Plätze. Das von ihr vorgelegte Konzept zum Betrieb der neu zu errichtenden Tagesklinik sah eine Kooperation mit dem Universitätsklinikum J. vor. Danach sollte die medizinische Leitung der Tagesklinik von Ärzten und Psychologen des Universitätsklinikums übernommen werden. Die Beigeladene sollte die Räume und die weitere Infrastruktur für den Klinikbetrieb zur Verfügung stellen sowie die erforderlichen Personalkräfte des Pflegedienstes und des soziotherapeutischen Teams stellen.
Rz. 5
Durch Bescheid vom 1. März 2012 stellte der Beklagte gegenüber der Beigeladenen fest, dass sie ab vier Wochen nach Vorlage der unterschriebenen Kooperationsvereinbarung mit dem Universitätsklinikum J. mit 12 Plätzen für eine Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in den 6. Thüringer Krankenhausplan aufgenommen sei. Der Bescheid war mit der auflösenden Bedingung versehen, dass bis zum 30. April 2012 die Kooperationsvereinbarung vorzulegen sei. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass mit Blick auf die unterschriftsreife Kooperationsvereinbarung eine zügige Einrichtung der Tagesklinik zu erwarten sei. Positiv hervorzuheben seien die bereits bestehenden Verbindungen der Beigeladenen zu komplementären Einrichtungen in der Stadt A., wie dem Jugendamt, den Sozialdiensten und dem Schulamt. Dass weder die Beigeladene noch das Universitätsklinikum J. einen Pflichtversorgungsauftrag für die Region hätten, spreche nicht gegen eine Planaufnahme. Mit der Antragsgenehmigung werde auch dem Gebot der Trägervielfalt Rechnung getragen.
Rz. 6
Den Antrag der Klägerin lehnte der Beklagte durch Bescheid vom selben Tag ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass nach den vorgelegten Betriebskonzepten der Klägerin und der Beigeladenen beide Tageskliniken als zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet, leistungsfähig und kostengünstig angesehen würden. Es sei deshalb unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen nach pflichtgemäßem Ermessen abzuwägen gewesen, welcher Antrag den Zielen der Krankenhausbedarfsplanung des Landes am besten gerecht werde. Für die Klägerin sprächen ihre Erfahrung als Trägerin von Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zudem gehöre A. zu ihrem Pflichtversorgungsgebiet. Nachteilig sei das Fehlen eines endgültigen Standortes mit einer geeigneten Liegenschaft für die Tagesklinik. Die Klägerin habe auch keine Verbindungen zu komplementären Einrichtungen in der Stadt A. wie Jugendamt, Sozialdiensten u.Ä. dargelegt. Daneben teilte der Beklagte der Klägerin die Gründe mit, die ausschlaggebend für die Auswahl der Beigeladenen waren. Er verwies außerdem darauf, dass sich aus dem Pflichtversorgungsauftrag kein Vorrang der Klägerin ergebe, der das behördliche Auswahlermessen zu ihren Gunsten reduziere.
Rz. 7
Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 1. März 2012 zu verpflichten, die 12 Tagesklinikplätze für Kinder und Jugendliche zugunsten des von ihr betriebenen Fachklinikums für Psychiatrie und Neurologie am Standort A. auszuweisen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, über die Auswahl zwischen ihr und der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Rz. 8
Nach Vorlage der unterschriebenen Kooperationsvereinbarung ordnete der Beklagte auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Der dagegen gerichtete Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg. Zum 1. Januar 2013 hat die Beigeladene den Betrieb der Tagesklinik in A. aufgenommen.
Rz. 9
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in seinem Berufungsurteil vom 25. November 2016 im Wesentlichen ausgeführt: Die in den angefochtenen Bescheiden zugunsten der Beigeladenen und zulasten der Klägerin getroffene Auswahl sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe die Beigeladene zu Recht als geeignete Bewerberin in seine Auswahlentscheidung einbezogen, weil ihre Tagesklinik als bedarfsgerecht, leistungsfähig und wirtschaftlich einzustufen sei. Auch die Voraussetzung der personellen Leistungsfähigkeit sei erfüllt. Die Beigeladene sei rechtlich nicht gehindert, die Erfüllung des Versorgungsauftrags durch den Einsatz von ärztlichem Personal zu gewährleisten, das auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung vom 24. April 2012 von dem Universitätsklinikum J. gestellt werde. Weder der Krankenhausbegriff des § 2 Nr. 1 KHG noch der des § 107 Abs. 1 SGB V schlössen eine solche Kooperation aus. Die in § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V genannten Voraussetzungen, dass ein Krankenhaus fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen müsse und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichen und nichtärztlichen Personal die Heilbehandlungen vorzunehmen habe, würden durch die Kooperationsvereinbarung erfüllt. Zur Art der Beschäftigungsverhältnisse zwischen einem Krankenhaus und seinem Personal enthalte § 107 SGB V keine Vorgaben. Maßstab für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sei nicht die rechtliche Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen Arzt und Krankenhaus. Entscheidend sei vielmehr ein tragfähiges rechtliches Konzept, das die Verfügbarkeit des zur Erfüllung des Versorgungsauftrages erforderlichen ärztlichen Personals im Krankenhaus gewährleiste. Das sei hier der Fall. Vergütungsrechtliche Grundsätze stünden der Kooperationsvereinbarung ebenfalls nicht entgegen. Nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BPflV könnten psychiatrische Krankenhäuser ihre allgemeinen Krankenhausleistungen auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte erbringen. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebe sich nichts Abweichendes. Die Auswahlentscheidung des Beklagten erweise sich auch im Übrigen als rechtmäßig. Er habe sein Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt. Aus der Vorgabe in Ziffer 3.4.2 des 6. Thüringer Krankenhausplans, dass psychiatrische Tageskliniken im Pflichtversorgungsgebiet der sie betreibenden Einrichtung liegen sollten, ergebe sich kein Bewerbungsvorsprung der Klägerin. Das Kriterium der Trägervielfalt habe der Beklagte fehlerfrei gewichtet. Es stelle keine sachfremde Erwägung dar, dass er vor dem Hintergrund, dass die privatwirtschaftlich orientierte Klägerin bereits größere Tageskliniken an anderen Standorten im Versorgungsgebiet betreibe, der gemeinnützig tätigen Beigeladenen den Vorrang eingeräumt habe. Die Klage auf künftige Aufnahme in den Krankenhausplan bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Die Auswahlentscheidung erweise sich auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtmäßig.
Rz. 10
Mit der vom Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Das angefochtene Berufungsurteil verletze sie in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG. Das Oberverwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beigeladene als geeignete Bewerberin in die Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen sei. Der Kooperationsvertrag mit dem Universitätsklinikum J. gewährleiste keine auf Dauer angelegte personelle Leistungsfähigkeit ihrer Tagesklinik. Nach dem Vertrag oblägen die medizinische Leitung und Verantwortung sowie die ärztliche und psychologische Behandlung nicht der Beigeladenen. Es sei ausdrücklich geregelt, dass das Universitätsklinikum in der ärztlichen und psychologischen Verantwortung unabhängig sei und dass die Beigeladene gegenüber den entsandten Ärzten keine Weisungsbefugnis habe. Danach erbringe nicht die Beigeladene, sondern das Universitätsklinikum alle wesentlichen Versorgungsleistungen. Das Oberverwaltungsgericht habe den Krankenhausbegriff des § 2 Nr. 1 KHG, § 107 Abs. 1 SGB V verkannt. Zu Unrecht habe es eine Weisungsbefugnis im arbeitsrechtlichen Sinne nicht für geboten erachtet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze die jederzeitige Verfügbarkeit im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V voraus, dass der Krankenhausträger ein Direktionsrecht gegenüber dem ärztlichen Personal habe. Aus § 2 Abs. 1, Abs. 3 KHEntgG i.d.F. des Psych-Entgeltgesetzes vom 21. Juli 2012 ergebe sich nichts Abweichendes. Vielmehr machten die Regelungen deutlich, dass im Krankenhaus überwiegend fest angestellte Ärzte beschäftigt sein sollten. Auch das Bundessozialgericht habe der vollständigen Ausgliederung von Kernleistungen des Krankenhauses an Dritte einen Riegel vorgeschoben. Zudem entspreche es dem Ziel der Qualitätssicherung, zumindest überwiegend eigenes Personal einzusetzen. Bei Personal, das in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden sei, könne am ehesten davon ausgegangen werden, dass es dem optimalen Bedarf entsprechend eingesetzt, angeleitet und überwacht werde. Für diese Rechtsauffassung spreche auch die Definition der Fachabteilung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Sie verlange, dass der Abteilung angestellte Ärzte des Krankenhauses zugeordnet seien. Das Oberverwaltungsgericht habe des Weiteren fehlerhaft angenommen, dass der Beklagte die Zielvorgabe in Ziffer 3.4.2 des Landeskrankenhausplans nicht habe berücksichtigen müssen. Zudem hätte es die Auswahlentscheidung im Hinblick auf das vom Beklagten herangezogene Kriterium der Trägervielfalt als ermessensfehlerhaft beanstanden müssen. Stellten sich die Krankenhausleistungen eines freigemeinnützigen Trägers der Sache nach als Leistungen eines öffentlichen Trägers dar, folge aus dem Gebot der Trägervielfalt, dass dem mit dem freigemeinnützigen Anbieter konkurrierenden privaten Träger der Vorzug zu geben sei. Der Beigeladenen entstehe aufgrund des Kooperationsvertrages ein wettbewerbsrechtlicher Vorteil, den die Regelung zur Trägervielfalt in § 1 Abs. 2 KHG gerade ausschließen wolle.
Rz. 11
Der Beklagte und die Beigeladene treten dem Revisionsvorbringen entgegen und verteidigen das angegriffene Berufungsurteil. Die Beigeladene macht außerdem geltend, dass sich das Klageverfahren erledigt habe, weil der Beklagte im Zuge der Ablösung des 6. Thüringer Krankenhausplans durch den 7. Thüringer Krankenhausplan neue Feststellungsbescheide erlassen habe. Mit Bescheid vom 24. November 2017 sei die Aufnahme ihrer Tagesklinik in den aktuellen Krankenhausplan festgestellt worden. Der Bescheid vom 1. März 2012 sei dadurch konkludent aufgehoben worden.
Rz. 12
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht geht in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit davon aus, dass das Oberverwaltungsgericht die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen rechtsfehlerfrei bejaht habe.
Entscheidungsgründe
Rz. 13
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Klage ist zulässig (1.), aber nicht begründet. Die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Tagesklinik der Beigeladenen personell leistungsfähig ist (2.) und der Beklagte sein Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt hat (3.). Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg (4.).
Rz. 14
1. Die von der Klägerin erhobene kombinierte Drittanfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig.
Rz. 15
a) Die Klägerin besitzt neben der Klagebefugnis für die auf Feststellung der eigenen Planaufnahme gerichteten Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) auch die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO) und das Rechtsschutzbedürfnis für die zusätzliche Anfechtungsklage gegen den an die Beigeladene gerichteten Bescheid vom 1. März 2012.
Rz. 16
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) in der im Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) entscheidet die zuständige Landesbehörde bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Soweit § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG Maßstäbe für die behördliche Auswahlentscheidung aufstellt, handelt es sich um eine drittschützende Norm (BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 [ECLI:DE:BVerwG:2008:250908U3C35.07.0] - BVerwGE 132, 64 Rn. 16 ff.). Die Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan nach § 8 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 KHG erfolgt nicht nur im öffentlichen Interesse. Ein Krankenhausträger, der sich - wie hier die Klägerin und die Beigeladene als private bzw. freigemeinnützige Trägerin - für seine Tätigkeit auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, hat einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan, wenn das Krankenhaus zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet und leistungsfähig ist sowie wirtschaftlich arbeitet und wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Bedarf zu befriedigen. Wird eine Auswahl notwendig, weil sein Krankenhaus mit anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert, besitzt er einen Anspruch auf fehlerfreie Auswahlentscheidung (BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 19 und vom 14. April 2011 - 3 C 17.10 [ECLI:DE:BVerwG:2011:140411U3C17.10.0] - BVerwGE 139, 309 Rn. 15, jeweils m.w.N.). Grundsätzlich bietet die Verpflichtungsklage auf Erlass eines begünstigenden Feststellungsbescheides dem unterlegenen Krankenhausträger vollständigen Rechtsschutz. Er kann aber ein Rechtsschutzbedürfnis für eine zusätzliche - flankierende - Anfechtungsklage gegen den an den begünstigten Konkurrenten (Dritten) gerichteten Feststellungsbescheid geltend machen, wenn die Gefahr besteht, dass die Erfolgsaussichten der Klage auf eigene Planaufnahme durch einen zwischenzeitlichen Vollzug des den Dritten begünstigenden Bescheides faktisch geschmälert werden könnten. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn der Dritte ebenfalls Neubewerber ist. Der Vollzug seiner Planaufnahme kann zu erheblichen tatsächlichen Veränderungen führen, die im Fall einer neu zu treffenden Auswahlentscheidung von der Behörde zu berücksichtigen wären, weil sie die dann gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 22; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Januar 2004 - 1 BvR 506/03 [ECLI:DE:BVerfG:2004:rk20040114.1bvr050603] - NVwZ 2004, 718 ≪719≫ und vom 23. April 2009 - 1 BvR 3405/08 [ECLI:DE:BVerfG:2009:rk20090423.1bvr340508] - NVwZ 2009, 977 ≪978≫).
Rz. 17
Danach kann der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage gegen den an die Beigeladene gerichteten Feststellungsbescheid vom 1. März 2012 nicht abgesprochen werden. Der Beklagte hat die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet (§ 80a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Die Beigeladene hat im Januar 2013 den Betrieb der Tagesklinik aufgenommen.
Rz. 18
b) Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass zum 1. Januar 2017 der 7. Thüringer Krankenhausplan in Kraft getreten ist, der den 6. Thüringer Krankenhausplan fortschreibt. Das Begehren auf Feststellung der Planaufnahme erledigt sich nicht dadurch, dass der bisherige Krankenhausplan fortgeschrieben oder durch einen neuen abgelöst wird (BVerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 3 C 11.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:260418U3C11.16.0] - Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 18 Rn. 21 m.w.N.).
Rz. 19
c) Eine Erledigung des Klagebegehrens ist auch nicht deshalb eingetreten, weil der Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 24. November 2017 gegenüber der Beigeladenen und mit Feststellungsbescheid vom 13. Juli 2018 gegenüber der Klägerin über ihre Aufnahme in den 7. Thüringer Krankenhausplan entschieden hat. Die Bescheide vom 1. März 2012 sind weiter wirksam (§ 43 Abs. 2 ThürVwVfG). Sie sind durch die nachfolgenden Bescheide nicht widerrufen oder sonst ausdrücklich aufgehoben worden (vgl. unter III im Tenor der Bescheide vom 24. November 2017 und 13. Juli 2018). Sie haben sich auch nicht durch eine neue Sachentscheidung erledigt. Der Beklagte hat durch die Bescheide vom 24. November 2017 und 13. Juli 2018 keine neue Regelung (Auswahlentscheidung) in Bezug auf die streitige Planaufnahme mit einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit 12 Plätzen am Standort A. getroffen. Soweit der an die Beigeladene gerichtete Bescheid vom 24. November 2017 auf ihre Planaufnahme mit der Tagesklinik hinweist, handelt es sich nicht um eine neue (Auswahl-)Entscheidung, sondern lediglich um eine informatorische, wiederholende Wiedergabe der im Bescheid vom 1. März 2012 getroffenen Regelung. Aus dem Bescheid an die Klägerin vom 13. Juli 2018 ergibt sich nichts Anderes. Er enthält keine Regelung zu der von ihr begehrten Aufnahme mit einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort A.
Rz. 20
2. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Tagesklinik der Beigeladenen über die erforderliche personelle Leistungsfähigkeit verfügt.
Rz. 21
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist der Zeitpunkt zu dem sie getroffen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 22). Somit ist auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass der Bescheide vom 1. März 2012 abzustellen.
Rz. 22
b) Gemäß § 1 Abs. 1 KHG in der danach maßgeblichen Fassung vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2983) bezweckt dieses Gesetz die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Gemäß § 6 Abs. 1 KHG stellen die Länder zur Verwirklichung der in § 1 genannten Ziele Krankenhauspläne auf. Danach setzt die behördliche Feststellung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines bestimmten Krankenhauses in den Krankenhausplan (§ 8 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 KHG) die Klärung der Frage voraus, welche vorhandenen Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen geeignet sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1993 - 3 C 69.90 - Buchholz 451.74 § 1 KHG Nr. 8 S. 1 f. und vom 26. April 2018 - 3 C 11.16 - Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 18 Rn. 24, jeweils m.w.N.). Das aus § 1 Abs. 1 KHG abgeleitete Merkmal der Leistungsfähigkeit ist erfüllt, wenn das Krankenhaus dauerhaft den Anforderungen entspricht, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft an ein Krankenhaus der betreffenden Art zu stellen sind. Die sächliche und personelle Ausstattung des Krankenhauses muss auf Dauer so angelegt sein, dass die Leistungsfähigkeit konstant erhalten bleibt (BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 - 3 C 69.90 - Buchholz 451.74 § 1 KHG Nr. 8 S. 2; Beschluss vom 12. Februar 2007 - 3 B 77.06 [ECLI:DE:BVerwG:2007:120207B3B77.06.0] - juris Rn. 5; BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 ≪226 f.≫).
Rz. 23
c) Dass die Tagesklinik der Beigeladenen im nichtärztlichen Bereich die erforderliche Leistungsfähigkeit aufweist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Nach den hierzu im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen ist die Verfügbarkeit des erforderlichen nichtärztlichen Personals durch eigene Mitarbeiter/innen der Beigeladenen sichergestellt.
Rz. 24
d) Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, die Tagesklinik sei auf der Grundlage des Kooperationsvertrages mit dem Universitätsklinikum J. vom 24. April 2012 auch in Bezug auf das ärztliche Personal als leistungsfähig anzusehen, steht mit Bundesrecht im Einklang. Ein Krankenhausträger kann die Leistungsfähigkeit seiner Einrichtung mit ärztlichem Personal sicherstellen, das ihm von einem anderen Krankenhaus zur Verfügung gestellt wird. Voraussetzung ist, dass die jederzeitige Verfügbarkeit des zur Erfüllung des Versorgungsauftrags notwendigen ärztlichen Personals auf Dauer rechtlich gesichert ist. Außerdem muss gewährleistet sein, dass dieselben Qualitätsstandards eingehalten werden wie bei der Erbringung der Krankenhausleistungen durch eigenes ärztliches Personal. Der Kooperationsvertrag der Beigeladenen mit dem Universitätsklinikum J. erfüllt diese Anforderungen.
Rz. 25
aa) Gemäß § 2 Nr. 1 KHG sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Die Definition des Krankenhauses im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 107 Abs. 1 SGB V knüpft an diese Begriffsbestimmung an, konkretisiert sie jedoch durch organisatorische und fachliche Anforderungen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen ≪Gesundheits-Reformgesetz - GRG≫ vom 3. Mai 1988, BT-Drs. 11/2237 S. 196). Danach sind Krankenhäuser Einrichtungen, die 1. der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, 2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten, 3. mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen 4. die Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Erfasst werden neben vollstationären Einrichtungen auch Einrichtungen, die nur teilstationäre Krankenhausbehandlungen durchführen, wie u.a. Tageskliniken (BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 Rn. 17 ff.). Die Regelung des § 107 Abs. 1 SGB V ist bei der Prüfung, ob die Tagesklinik der Beigeladenen die für ein Krankenhaus erforderliche personelle Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 KHG aufweist, mit in den Blick zu nehmen. Denn sie ist über § 108 Nr. 2, § 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit den Regelungen des § 8 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 KHG über die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan verknüpft.
Rz. 26
bb) § 107 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V verlangen unter anderem, dass ein Krankenhaus fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung steht und darauf eingerichtet ist, mit jederzeit verfügbarem ärztlichem Personal seinem Versorgungsauftrag entsprechende Krankenhausleistungen zu erbringen. Auch für die Leistungsfähigkeit im Sinne des Krankenhausplanungsrechts muss die personelle Ausstattung im ärztlichen Bereich so beschaffen sein, dass das Krankenhaus die Erfüllung des Versorgungsauftrages dauerhaft gewährleisten kann. Es muss auf Dauer sichergestellt sein, dass im Krankenhaus jederzeit eine ausreichende Zahl an zur Klinikleitung und zur ärztlichen Fachbetreuung geeigneten Ärztinnen und Ärzten verfügbar ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 - 3 C 69.90 - Buchholz 451.74 § 1 KHG Nr. 8 S. 3).
Rz. 27
cc) Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen sind diese Anforderungen bei der Tagesklinik der Beigeladenen auf der Grundlage des Kooperationsvertrages mit dem Universitätsklinikum J. in tatsächlicher Hinsicht erfüllt. Es besteht die Verpflichtung des Klinikums, durch einen leitenden Arzt, einen Facharzt bzw. einen Assistenzarzt und einen Psychologen die medizinische Versorgung der Tagesklinik sicherzustellen (§ 1 Abs. 2 des Kooperationsvertrages). Es ist bestimmt, wie viele Ärzte zu welcher Zeit in der Tagesklinik zur Verfügung stehen müssen (§ 1 Abs. 4 des Kooperationsvertrages), sowie vereinbart, dass auf Wunsch der Beigeladenen auch bei ihr angestellte Ärzte und Psychologen eingesetzt werden dürfen (§ 2 des Kooperationsvertrages). Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind in der Tagesklinik ärztliche Mitarbeiter im Umfang von 2,5 Vollbeschäftigteneinheiten und eine psychologische Vollzeitkraft tätig; davon ist eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie bei der Beigeladenen angestellt, die anderen sind Beschäftigte des Kooperationspartners (UA S. 17 f.). Diese nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen sind für das Revisionsverfahren verbindlich (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Verfügbarkeit des ärztlichen Personals ist auch mit der erforderlichen Kontinuität rechtlich gesichert. Der Vertrag ist unbefristet und mit einer Frist von drei Jahren zum Ende des Kalenderjahres kündbar (§ 10 Abs. 3 des Kooperationsvertrages).
Rz. 28
dd) Dass die Beigeladene ärztliches Personal einsetzt, das nicht bei ihr, sondern in einem anderen Krankenhaus angestellt ist, unterliegt auch sonst keinen rechtlichen Bedenken.
Rz. 29
(1) Weder § 2 Nr. 1 KHG noch § 107 Abs. 1 SGB V enthalten ausdrückliche Vorgaben zu Art und Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenhaus und dem bei ihm tätigen ärztlichen Personal. Die Vorgabe des § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, jederzeit verfügbares ärztliches Personal vorzuhalten, ist in Bezug auf das der Tätigkeit zugrundeliegende Rechtsverhältnis neutral (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen ≪Psych-Entgeltgesetz - PsychEntgG≫ u.a., BT-Drs. 17/9992 S. 26).
Rz. 30
Nach dem traditionellen Leitbild eines Krankenhauses soll die Leistungserbringung allerdings grundsätzlich durch eigenes Personal erfolgen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei eigenem Personal, das in die Organisationsstruktur des Krankenhauses eingebunden ist und dem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Krankenhausträgers unterliegt, am ehesten davon ausgegangen werden kann, dass es nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird. Die Leistungserbringung durch eigenes Personal des Krankenhauses entspricht daher dem Ziel der Qualitätssicherung (vgl. BSG, Urteile vom 23. März 2011 - B 6 KA 11/10 R [ECLI:DE:BSG:2011:230311UB6KA1110R0] - BSGE 108, 35 Rn. 59 und vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R [ECLI:DE:BSG:2013:190913UB3KR812R0] - BSGE 114, 237 Rn. 34 f.).
Rz. 31
(2) Der Gesetzgeber hat jedoch mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz im Jahr 2006 und dem Psych-Entgeltgesetz im Jahr 2012 Regelungen erlassen, die die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse zwischen Krankenhaus und ärztlichem Personal flexibilisiert haben.
Rz. 32
Das Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz -VÄndG) vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) hat mit Wirkung vom 1. Januar 2007 organisationsrechtliche Erleichterungen der Leistungserbringung durch Vertragsärzte und Vertragsärztinnen im Krankenhaus gebracht. Nach der neu eingefügten Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 8230-25 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 16. Mai 2019 (BGBl. I S. 646) ist die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V mit der Tätigkeit als Vertragsarzt vereinbar. Die Neuregelung bezweckte eine Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten von Vertragsärzten (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze ≪Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG≫, BT-Drs. 16/2474 S. 16). Dadurch hat sie zugleich für die Krankenhäuser die Möglichkeit geschaffen, Vertragsärzte bei der Leistungserbringung im Krankenhaus einzusetzen.
Rz. 33
Durch das Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-Entgeltgesetz - PsychEntgG) vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1613) ist in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750), zuletzt geändert durch Artikel 7a des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604) und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1412, 1422), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604) jeweils ausdrücklich verankert worden, dass Krankenhäuser ihre allgemeinen Krankenhausleistungen auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte erbringen können. Gemäß § 2 Abs. 3 BPflV, § 2 Abs. 3 KHEntgG hat ein Krankenhaus für diesen Fall sicherzustellen, dass die nicht fest angestellten Ärztinnen und Ärzte für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen erfüllen, wie sie auch für das fest angestellte ärztliche Krankenhauspersonal gelten. In den Gesetzesmaterialien heißt es zur Erläuterung, dass die Erbringung und Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen nicht vom Status des ärztlichen Personals im Krankenhaus (Angestellten- oder Beamtenverhältnis oder sonstige Vertragsbeziehungen) abhängen könnten. Zudem ist die Regelung von der Erwägung getragen, dass die Versorgungsrealität insbesondere in strukturell benachteiligten Räumen flexible Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Krankenhäusern mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erfordert, um eine ordnungsgemäße Patientenversorgung sicherzustellen (Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-Entgeltgesetz - PsychEntgG), BT-Drs. 17/9992 S. 23 und 26). Zugleich hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 2 Abs. 3 BPflV, § 2 Abs. 3 KHEntgG deutlich gemacht, dass die Flexibilisierung bei den Kooperationsmöglichkeiten nicht zu einer Minderung der Qualität der Leistungserbringung führen darf. Die Krankenhäuser sind deshalb verpflichtet sicherzustellen, dass das nicht fest angestellte ärztliche Personal die fachlichen Anforderungen und Nachweispflichten in dem Umfang erfüllt, wie sie auch für die fest angestellten Ärztinnen und Ärzte bestehen (BT-Drs. 17/9992 S. 23 und 26).
Rz. 34
(3) Danach besteht kein Grund, den auf der Grundlage des Kooperationsvertrages erfolgenden Einsatz von ärztlichem Personal des Universitätsklinikums in der Tagesklinik der Beigeladenen als unzulässig anzusehen. Die Kooperation dient der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Patientenversorgung. Sie sorgt dafür, dass in der Tagesklinik der Beigeladenen auf Dauer qualifiziertes ärztliches Personal in ausreichender Zahl verfügbar ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Qualität der Leistungserbringung weniger gesichert wäre als beim Einsatz von "eigenem" ärztlichem Personal der Beigeladenen. Das Oberverwaltungsgericht hat für das Revisionsverfahren verbindlich festgestellt, dass die mit dem Universitätsklinikum vereinbarten Regelungen denjenigen entsprechen, die ein Krankenhausträger unmittelbar mit einem anzustellenden Arzt abschließen würde (UA S. 18). Es hat des Weiteren festgestellt, dass durch die Regelungen des Kooperationsvertrages die Qualitätssicherung gewährleistet ist (UA S. 19). Zudem haben die Beigeladene und ihr Kooperationspartner vereinbart, dass es sich bei dem entsandten Personal um Ärzte handelt, die beim Universitätsklinikum angestellt sind und aus der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums ausgewählt werden (§ 1 Abs. 5 des Kooperationsvertrages). Auch hat die Beigeladene Einfluss auf die Auswahl und einen etwaigen Austausch des bei ihm tätigen ärztlichen Personals des Kooperationspartners (§ 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 und 7 des Kooperationsvertrages). Zudem können auf ihren Wunsch hin bei ihr angestellte Ärzte und Psychologen in Abstimmung mit dem vom Universitätsklinikum entsandten Leitenden Arzt der Tagesklinik eingesetzt werden (§ 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrages). Dass die Beigeladene gegenüber den entsandten Ärzten des Universitätsklinikums nicht zu Weisungen berechtigt ist (§ 1 Abs. 11 des Kooperationsvertrages), begegnet bei der vorliegenden Ausgestaltung der Kooperation keinen Bedenken. Denn durch die im Kooperationsvertrag bestimmten Pflichten des Universitätsklinikums (§ 1 Abs. 3, 4, und 12, § 5 des Kooperationsvertrages) ist rechtlich gesichert, dass die entsandten Ärztinnen und Ärzte für ihre Tätigkeit in der Tagesklinik die gleichen Anforderungen erfüllen müssen, wie sie für eigenes Personal der Beigeladenen gelten. Darüber hinaus ist bestimmt, dass die Parteien organisationsrechtliche Fragen von gemeinsamem Interesse, die in dem Vertrag nicht geregelt sind, bei Bedarf in einem Organisationsplan festhalten, der in seiner jeweiligen Fassung für die betrieblichen Abläufe und die Organisation der Tagesklinik verbindlich ist (§ 6 Abs. 3 des Kooperationsvertrages). Schließlich trägt die Beigeladene nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Gesamtbehandlungsverantwortung für die Leistungen der Tagesklinik.
Rz. 35
ee) Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergibt sich nichts Abweichendes. Die Entscheidungen vom 23. März 2011 - B 6 KA 11/10 R - BSGE 108, 35 Rn. 55 ff. (zu § 115b SGB V) und vom 17. November 2015 - B 1 KR 12/15 R [ECLI:DE:BSG:2015:171115UB1KR1215R0] - BSGE 120, 69 Rn. 9 ff. betrafen jeweils die Zulässigkeit des Einsatzes von (niedergelassenen) Vertragsärzten im Krankenhaus. Zur Zulässigkeit einer Kooperation zwischen zwei Krankenhäusern, wie sie hier in Rede steht, hat sich das Bundessozialgericht dort nicht geäußert. Im Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R - BSGE 114, 237 geht es um die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung als Leistungserbringer für Heilmittel nach § 124 Abs. 2 SGB V. In diesem Zusammenhang hat das Bundessozialgericht ausgeführt, die vollständige Ausgliederung des Heilmittelbereichs eines Krankenhauses der Allgemeinversorgung auf eine rechtlich selbstständige Einrichtung begegne erheblichen rechtlichen Bedenken, wenn nach dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses regelmäßig zur Krankenhausbehandlung auch Heilmittel erforderlich würden (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R - BSGE 114, 237 Rn. 33 ff.). Auch aus dieser Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass das Bundessozialgericht einen Kooperationsvertrag, wie ihn die Beigeladene mit dem Universitätsklinikum J. geschlossen hat, für leistungs- oder vergütungsrechtlich unzulässig erachtet. Das Gleiche gilt für sein Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R [ECLI:DE:BSG:2019:040619UB12R1118R0] - GesR 2019, 700, mit dem es über die Versicherungspflicht einer honorarärztlichen Tätigkeit nach dem Recht der Arbeitsförderung entschieden hat. Es hat angenommen, dass eine Versicherungspflicht besteht, wenn die Tätigkeit als Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen ist, also als nichtselbstständige Arbeit. In diesem Zusammenhang ist es davon ausgegangen, dass die Sicherstellung der in § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V sowie in § 2 Abs. 3 KHEntgG benannten Anforderungen im Regelfall die Eingliederung des ärztlichen Krankenhauspersonals in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses bedinge. Dass der Einsatz von ärztlichem Personal, das bei einem anderen Krankenhaus angestellt ist, leistungs- und vergütungsrechtlich unzulässig wäre, ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - GesR 2019, 700 Rn. 26). Im Übrigen ist durch den hier in Rede stehenden Kooperationsvertrag - wie gezeigt - sowohl rechtlich gesichert, dass gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V in der Tagesklinik der Beigeladenen das zur Erfüllung des Versorgungsauftrages erforderliche ärztliche Personal jederzeit verfügbar ist, als auch entsprechend § 2 Abs. 3 BPflV gewährleistet, dass für die Tätigkeit der vom Kooperationspartner entsandten Ärzte die gleichen Anforderungen gelten wie für die Leistungserbringung durch eigenes ärztliches Personal.
Rz. 36
ff) Die von der Klägerin herangezogene Definition der Fachabteilung nach § 5 Abs. 2 der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System der Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Abs. 4 SGB V i.d.F. vom 19. April 2018 (BAnz AT 18.05.2018 B4; im Folgenden: Regelungen des G-BA) führt ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Die Regelungen des G-BA legen die Grundsätze des gestuften Systems der stationären Notfallversorgung fest und definieren die konkreten Anforderungen zum Erreichen der jeweiligen Stufen (§ 2 Abs. 1 der Regelungen des G-BA). Mit diesen Bestimmungen werden die Grundlagen zur Verhandlung von Zu- und Abschlägen für die Teilnahme oder Nichtteilnahme an dem gestuften System von Notfallstrukturen festgelegt. In Abhängigkeit der als Mindestvoraussetzungen für differenzierte Stufen festgelegten strukturellen Voraussetzungen erhalten Krankenhäuser der Höhe nach gestaffelte Zuschläge für ihre Beteiligung an der Notfallversorgung. Bei einer Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung sind verbindliche Abschläge zu erheben (§ 1 Abs. 1 und 2 der Regelungen des G-BA). Der Begriff der Fachabteilung nach § 5 Abs. 2 der Regelungen des G-BA steht im Kontext dieses Regelungsziels. Er bezieht sich allein auf die Teilnahme an der Notfallversorgung. Jenseits dieses Regelungsgegenstandes ergeben sich aus der Definition keine Vorgaben für die Personalausstattung von Krankenhäusern.
Rz. 37
3. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass der Beklagte sein Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
Rz. 38
a) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, aus Ziffer 3.4.2 des 6. Thüringer Krankenhausplans ergebe sich ein Bewertungsvorsprung zu ihren Gunsten, weil sie die Tagesklinik im eigenen Pflichtversorgungsgebiet betreiben würde. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, Ziffer 3.4.2 gebe lediglich vor, dass für einen Pflichtversorger der Betrieb einer Tagesklinik im Regelfall nur im eigenen Pflichtversorgungsgebiet in Betracht komme; aus der Regelung lasse sich aber kein Auswahlverbot hinsichtlich eines Neubewerbers entnehmen. Diese Auslegung ist für das Revisionsverfahren verbindlich (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Rz. 39
b) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Trägervielfalt fehlerfrei als Auswahlkriterium herangezogen, steht mit Bundesrecht in Einklang. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KHG ist bei der Durchführung dieses Gesetzes die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten. Entsprechend regelt § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG, dass bei der Auswahlentscheidung die Trägervielfalt zu berücksichtigen ist. Danach hat der Beklagte die Trägervielfalt zu Recht als wesentlichen Belang bei der Ausübung seines Auswahlermessens in den Blick genommen (BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 3 B 77.06 - juris Rn. 5; BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. März 2004 - 1 BvR 88/00 [ECLI:DE:BVerfG:2004:rk20040304.1bvr008800] - BVerfGK 3, 39 ≪47≫ = juris Rn. 32; Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung, BT-Drs. 10/2095 S. 22 ≪zu Nummer 10 zu Absatz 2≫). Der Grundsatz der Trägervielfalt ist auch im Verhältnis von freigemeinnützigen und privaten Trägern zu berücksichtigen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. März 2004 - 1 BvR 88/00 - BVerfGK 3, 39 ≪48≫ = juris Rn. 34; Dettling/Würtenberger, in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Aufl. 2018, § 1 KHG Rn. 251). Danach durfte der Beklagte die Auswahl der Beigeladenen auch darauf stützen, dass es sich bei ihr um einen freigemeinnützigen Träger handelt. Da die auf der Grundlage des Kooperationsvertrages durch Personal des Universitätsklinikums J. erbrachten ärztlichen und psychologischen Leistungen - wie gezeigt - der Beigeladenen zuzurechnen sind, bleibt diese selbst Trägerin der Tagesklinik.
Rz. 40
4. Die Abweisung des Verpflichtungsbegehrens auf Feststellung der künftigen Aufnahme in den Thüringer Krankenhausplan ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht hat für das Revisionsverfahren verbindlich festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO), dass die Beigeladene im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht weiterhin die zur Erfüllung des Versorgungsauftrags erforderliche Leistungsfähigkeit besessen hat. Es hat weiter festgestellt, dass auch sonst keine tatsächlichen Umstände vorlägen, die zu einer abweichenden Auswahlentscheidung Anlass geben würden. Danach hat es rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Klägerin keinen Anspruch hat, anstelle der Beigeladenen mit einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit 12 Plätzen am Standort A. in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen zu werden.
Rz. 41
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 13916954 |
BVerwGE 2021, 1 |
DÖV 2020, 948 |
JZ 2020, 531 |
LKV 2020, 366 |
GesR 2020, 521 |
KRS 2020, 292 |