Entscheidungsstichwort (Thema)
Namen. Vornamen. Änderung. Namensänderung. Vornamensänderung. religiöse Gründe
Leitsatz (amtlich)
Das öffentliche Interesse an der Vornamenskontinuität muss regelmäßig zurücktreten, wenn ein Kind aus religiöser Überzeugung seinem Vornamen einen ihm als „Taufnamen” beigegebenen Vornamen voranstellen will.
Normenkette
NÄG §§ 3, 11; BGB § 1757 Abs. 4
Verfahrensgang
OVG Berlin (Urteil vom 24.05.2002; Aktenzeichen 5 B 27.00) |
VG Berlin (Urteil vom 21.06.1999; Aktenzeichen 3 A 487/98) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 24. Mai 2002 wird aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde am 3. Juni 1987 in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik geboren. Sie erhielt den Vornamen „Seraphine”. Sie wurde 1997 mit den Vornamen „Seraphine, Kaj” nach römisch-katholischem Ritus getauft. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1997 beantragte die allein sorgeberechtigte Mutter der Klägerin, dem Vornamen des Kindes den weiteren Vornamen „Kaj” voranzustellen. Sie verwies darauf, dass es im Rahmen der Taufe üblich sei, nach dem ggf. abgewandelten Namen eines Elternteils oder Paten einen Taufnamen zu erhalten. Der in der gewünschten Schreibweise rein weibliche Vorname „Kaj” sei eine Kurzform des Namens „Katharina”, des religiösen Ursprungsnamens ihres Vornamens „Katrin”. Für die Namensänderung liege ein wichtiger Grund vor. Die Wahl eines Taufnamens sei Bestandteil der Praktizierung des religiösen Glaubens. Werde die Namensänderung versagt, werde die Klägerin auf ihrem Glaubensweg in erheblichem Maße behindert.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Januar 1998 ab und führte zur Begründung aus, es fehle an dem auch für die Änderung eines Vornamens erforderlichen wichtigen Grund. Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 10. März 1998) erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 21. Juni 1999 stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat auf die von ihm zugelassene Berufung die Klage mit Urteil vom 24. Mai 2002 im Wesentlichen aus folgenden Gründen abgewiesen:
Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund liege vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden schutzwürdigen Belange ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergebe. Dabei komme bei einer Änderung des Vornamens den öffentlichen Interessen ein geringeres Gewicht zu als bei einer Änderung des Familiennamens. Die für die begehrte Vornamensänderung der Klägerin sprechenden schutzwürdigen Interessen der Klägerin überwögen die entgegenstehenden öffentlichen Belange nicht. Der Wunsch, aus Glaubensgründen den Vornamen zu ändern, könne vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG umfasst sein, und zwar unabhängig davon, ob den Gläubigen von der kirchlichen Lehrmeinung die Annahme eines speziellen Taufnamens nahe gelegt werde. Jedoch behaupte die Klägerin selbst nicht, dass die Annahme des Taufnamens als Vorname ein zwingendes religiöses Gebot sei oder in Berlin dem Brauch entspreche. Das verringere das Gewicht der Ablehnung der Namensänderung. Die Klägerin könne ihr Bekenntnis auf vielfältige Weise dokumentieren, ohne auf die Änderung des Vornamens angewiesen zu sein. Der Name „Seraphine” sei ohnehin bereits ein „christlicher Name”, so dass von der Klägerin nicht etwa verlangt werde, einen Namen zu führen, der mit ihrer religiösen Überzeugung nicht in Einklang stehe. Außerdem müsse die Klägerin ihren Vornamen nicht starr führen, sondern könne sich im Familien- oder Freundeskreis „Kaj” nennen lassen. Das religiös motivierte Interesse erhalte nach alledem ein minderes Gewicht. Das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Vornamens möge zwar als nicht sonderlich schwerwiegend einzustufen sein. Es müsse jedoch die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers beachtet werden, keine freie Abänderbarkeit des Vornamens zuzulassen. Das Recht auf Namensführung sei im Bürgerlichen Recht umfassend und im Grundsatz abschließend geregelt. Danach erscheine die religiöse Motivation für die Namensänderung allein ohne Hinzutreten besonderer Umstände, die hier nicht ersichtlich seien, nicht geeignet, von der Regel der Namenskontinuität abzuweichen. Schwierigkeiten in der Führung des Namens „Seraphine” müssten ohne Bedeutung bleiben, weil derartige Probleme stets mit der Vergabe eines ungewöhnlichen Namens verbunden seien.
Hiergegen richtet sich die Revision mit dem Ziel der Wiederherstellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Zu ihrer Begründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Sie habe einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf die begehrte Namensänderung, dem nicht unter Berufung auf entgegenstehende öffentliche Interessen entgegengetreten werden dürfe. Sie wolle ihre Hinwendung zum katholischen Glauben durch Führung des in der Taufe ihrem in Absprache mit der Kirchengemeinde geäußerten Wunsch gemäß verliehenen Namens nach außen auf Dauer manifestieren. Dabei habe sie die „mildeste” Form der Namensänderung beantragt, nämlich lediglich die Voranstellung eines weiteren Vornamens bei ansonsten bestehen bleibendem Vor- und Familiennamen. Sie habe bisher kaum am Rechtsverkehr teilgenommen, so dass Rechtsunsicherheit oder Verwirrung bei Dritten nicht ausgelöst werden könne. Ein der Namensänderung entgegenstehender Belang sei nicht aus dem Regelungssystem des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts abzuleiten.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt die Rechtsansicht des Beklagten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Vornamensänderung. Mit der gegenteiligen Entscheidung verletzt das Berufungsgericht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des Urteils des Verwaltungsgerichts.
a) Rechtsgrundlage für die Namensänderung ist der gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages auch für die Namensänderung der in der Deutschen Demokratischen Republik geborenen Klägerin geltende § 11 NÄG i.V.m. § 3 NÄG. Danach darf ein Vorname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
b) Die Voranstellung eines weiteren Vornamens stellt eine Namensänderung dar (Loos, Namensänderungsgesetz, 2. Aufl., 1996, § 11 NÄG Anm. II 2).
c) Ein wichtiger Grund, der die Änderung eines Vornamens rechtfertigt, ist gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers an der Namensänderung das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Vornamens überwiegt (Beschlüsse vom 24. März 1981 – BVerwG 7 B 44.81 – Buchholz 402.10 § 11 NÄG Nr. 1 und vom 27. September 1993 – BVerwG 6 B 58.93 –Buchholz 402.10 § 11 NÄG Nr. 4).
Gemäß Nr. 62 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (NamÄndVwV) vom 11. August 1980 (Beilage zum BAnz Nr. 153) sollen allerdings Vornamen von Kindern, die älter als ein Jahr und jünger als sechzehn Jahre sind, nur „aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes geändert werden”. In dieser Verwaltungsvorschrift hat der 7. Senat eine in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Auslegung der gesetzlichen Vorschriften gesehen (Urteil vom 24. April 1987 – BVerwG 7 C 120.86 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 60, S. 11). Er hat sich dabei auf die damals geltende Fassung des § 1757 Abs. 2 Satz 1 BGB i.d. Fassung des Adoptionsgesetzes vom 2. Juli 1976 (BGBl I S. 1749) gestützt. Diese Vorschrift ist zwischenzeitlich durch das Adoptionsrechtsänderungsgesetz vom 4. Dezember 1992 (BGBl I S. 1974) und das Familiennamensrechtsgesetz vom 16. Dezember 1993 (BGBl I S. 2054) dahingehend geändert worden, dass Maßstab der Vornamensänderung des adoptierten Kindes ist, ob diese dem Wohl des Kindes entspricht (§ 1757 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB). Unter diesen Umständen kann die Auslegung und Anwendung des nach § 11 i.V.m. § 3 NÄG anzulegenden Maßstabs durch die Verwaltungsvorschrift nicht mehr entscheidend geprägt werden.
Soll ein Vorname geändert werden, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Vornamens geringer zu bewerten als bei der Änderung des Familiennamens, der in weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 –1 BvR 358/89 – ≪zu Beschluss vom 1. Februar 1989 – BVerwG 7 B 14.89 – ≫). Das folgt daraus, dass die soziale Ordnungsfunktion des Nachnamens stärker hervortritt als diejenige des Vornamens. Letzterer dient der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Nachnamens insbesondere in der Familie und hat eine stärker auf die Individualität der Person bezogene Bedeutung.
aa) Das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des einmal beigelegten Vornamens kann grundsätzlich nicht mit dem vom Oberverwaltungsgericht angeführten Vorrang bürgerlich-rechtlicher Namensvorschriften begründet werden. Ein solcher Vorrang besteht mangels zivilrechtlicher Regelung nicht. Demgemäß ist § 10 NÄG, aus dem der Vorrang der bürgerlich-rechtlichen Namensvorschriften abgeleitet werden kann, in § 11 NÄG nicht erwähnt. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält hinsichtlich des Vornamens ausdrücklich nur die Regelung des § 1757 Abs. 4 BGB über die Vornamensänderung in Fällen der Adoption. Die Vornamenswahl obliegt als Element der tatsächlichen Personensorge (§ 1626 Abs. 1 BGB) dem Elternteil, der die elterliche Sorge für das Kind trägt (vgl. § 262 der Dienstanweisung für Standesbeamte i.d.F. vom 20. Januar 1999 ≪BAnz 1999 Nr. 27a≫; BGH, Urteil vom 4. Februar 1959 –IV ZR 151/58 –BGHZ 29, 256 ≪257≫; Beschluss vom 17. Januar 1979 –IV ZB 39/78 – StAZ 1979, 238 ≪239≫; BayObLG, Beschluss vom 14. Juni 1999 – 1 Z BR 77/99 – StAZ 1999, 331 ≪332≫).
bb) Ein öffentliches Interesse an der Namenskontinuität ist allerdings dem Personenstandsrecht auch in Bezug auf den Vornamen zu entnehmen. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG sind die Vornamen in das Geburtenbuch einzutragen. Mit der Eintragung ist der Vorname grundsätzlich unabänderlich geworden und kann nur nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Namensänderungsrechts geändert werden (BGH, Urteil vom 4. Februar 1959, a.a.O.). Das Interesse an der Namenskontinuität besteht vornehmlich darin, den Namensträger zu kennzeichnen und sein Verhalten diesem auch in Zukunft ohne weitere Nachforschung zurechnen zu können. Dieses Interesse wird in § 111 OWiG auch in Bezug auf den Vornamen zum Ausdruck gebracht. Demgegenüber kann verwaltungs-praktischen Interessen an einer möglichst strikten Beibehaltung einmal gegebener Vornamen zur Vermeidung von Registeränderungen und von Mitteilungen an ebenfalls Personendaten registrierende Behörden grundsätzlich kein erhebliches Gewicht beigemessen werden. Vollzugsprobleme vermögen mangels gegenteliger Anhaltspunkte im einschlägigen Recht materiell-rechtliche Ansprüche nicht zu berühren.
cc) Dem öffentlichen Interesse an der Vornamenskontinuität setzt die Klägerin als abzuwägendes privates Interesse ihr aus der Religionsfreiheit abgeleitetes Begehren entgegen, ihrem Vornamen den ihr bei ihrer Taufe beigegebenen weiteren Vornamen voranstellen zu wollen.
Die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistete Glaubensfreiheit umfasst nicht nur die innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten (BVerfGE 24, 236 ≪245≫). Dazu gehört das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seinen inneren Überzeugungen gemäß zu handeln. Dabei sind nicht nur Überzeugungen, die auf imperativen Glaubenssätzen beruhen, geschützt. Die Glaubensfreiheit schließt auch religiöse Überzeugungen ein, die für eine konkrete Lebenssituation eine religiöse Reaktion für das beste und adäquate Mittel halten, um die Lebenslage nach der Glaubenshaltung zu bewältigen (BVerfGE 32, 98 ≪106 f.≫). Erheblich ist dabei das Selbstverständnis des Grundrechtsträgers, solange die religiöse Zielsetzung nicht nur als Vorwand dient (dazu z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 – BVerfGE 105, 279 ≪293≫), wofür hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kein Anhalt besteht.
Vor dem Hintergrund der in Art. 4 Abs. 1 GG verbürgten Glaubensfreiheit erhält der Belang, den „Taufnamen” als weiteren Vornamen zu führen, ein großes Gewicht, das durch den Umstand, dass die Führung des Vornamens auch unter das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasste Persönlichkeitsrecht fällt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 – 1 BvR 358/89 –; Blankenagel, DÖV 1985, 953 ≪954≫) nicht messbar erhöht werden kann. Nach dem Vorbringen der Klägerin hat Art. 4 Abs. 1 GG die stärkere Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt (vgl. zu diesem Aspekt BVerfGE 92, 191 ≪196≫) und bestimmt daher ihr abzuwägendes Interesse (zu einer Verstärkung des Schutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG durch den speziellen Freiheitsgehalt des Grundrechts der Religionsfreiheit vgl. BVerfGE 104, 337 ≪346≫). Angesichts der gleichgerichteten Interessen der Klägerin und ihrer allein personensorgeberechtigten Mutter besteht kein Anlass zu Äußerungen zum Verhältnis des Art. 4 Abs. 1 GG zu Art. 6 GG (vgl. dazu BVerfGE 30, 415 ≪424≫; 41, 29 ≪47≫).
dd) Ein wichtiger Grund für eine Vornamensänderung ist allerdings regelmäßig zu verneinen, wenn die angestrebte Namensführung ihrerseits wieder einen nahe liegenden Grund für eine spätere Namensänderung setzen würde oder den allgemein anerkannten Grundsätzen der Vornamensgebung, namentlich hinsichtlich der Kennzeichnung der Geschlechtszugehörigkeit, widersprechen würde (Urteil vom 6. Dezember 1968 – BVerwG 7 C 33.67 – BVerwGE 31, 130 ≪131≫; BGH, Beschluss vom 17. Januar 1979 – IV ZB 39/78 – BGHZ 73, 239 ≪243≫).
ee) Eine Abwägung der Interessen führt zu einem Übergewicht der privaten Interessen der Klägerin gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Namenskontinuität. Das öffentliche Interesse ist schon grundsätzlich bei einer Vornamensänderung von geringerem Gewicht. Da die Klägerin angesichts ihres Alters allenfalls in geringem Umfang am Rechtsverkehr teilgenommen hat, gewinnt es nicht im Interesse einer Zuordnung von Rechtsgeschäften zu einer bestimmten Person an Bedeutung. Strafverfolgungsinteressen bestehen nicht. Das Interesse an der Namenskontinuität wird hier dadurch gewahrt, dass die Klägerin ihrem Vornamen lediglich einen weiteren Vornamen voranstellen will, so dass sie weiterhin auch unter dem bisher allein geführten Vornamen identifizierbar bleibt. Demgegenüber hat das Interesse der Klägerin vor dem Hintergrund des Art. 4 Abs. 1 GG hohes Gewicht. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 27. September 1993 – BVerwG 6 B 58.93 –(a.a.O.) ausgeführt, dass in dem Übertritt zum islamischen Glauben unter weiteren Voraussetzungen regelmäßig ein wichtiger Grund für die Beifügung eines islamischen Vornamens zu dem bisherigen Namen liegen möge. Nichts anderes gilt, wenn aus religiöser Überzeugung einem Vornamen ein weiterer Vorname vorangestellt werden soll, der nach nachvollziehbaren Vorstellungen mit einer besonderen Glaubenserfahrung verbunden ist. Die Wahl eines Vornamens aus Gründen des Übertritts zum katholischen Glauben, der sich in der Taufe unter Beilegung eines „Taufnamens” manifestiert hat, knüpft an ein Ereignis an, das im Leben des gläubigen Christen eine herausragende Stellung hat. Das gilt unbeschadet der Frage, ob der „Taufname” Teil des Sakraments ist und ob das Kirchenrecht einen besonderen „Taufnamen” kennt, was das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin gegenüber dem Beklagten verneint hat. Allein entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass die Klägerin ernsthaft der dem Änderungsbegehren zugrunde liegenden Überzeugung ist. Daran zweifelt das Berufungsgericht nicht. Das private Interesse, dem Vornamen „Seraphine” den „Taufnamen” „Kaj” voranzustellen, ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin bereits einen „christlichen” Vornamen führt, nachvollziehbar. Denn mit dem ihr bereits bei der Geburt gegebenen Namen „Seraphine” ist die Zuwendung zum römisch-katholischen Bekenntnis für die Klägerin nicht verbunden. Diese wird erst mit der Führung des Namens „Kaj” für sie dokumentiert. Verbindet der Gläubige mit der Taufe eine sich auch im beigegebenen Vornamen manifestierende Beziehung zur religiösen Überzeugung, so liegen jedenfalls bei einer bloßen Voranstellung des „Taufnamens” bei einem minderjährigen Kind wichtige Gründe für eine Namensänderung vor. Dabei ist es ohne erhebliche Bedeutung, dass die Klägerin die Hinzufügung eines Vornamens begehrt, der für Außenstehende nicht ohne weiteres mit dem römisch-katholischen Bekenntnis assoziiert werden wird. Insoweit muss auf die Überzeugung der Klägerin abgestellt werden, die den ihr beigegebenen „Taufnamen” „Kaj” aus „Katharina” ableitet. Mit dem Namen „Katharina” werden vier „Heilige” bezeichnet, an erster Stelle Katharina von Alexandria, eine der 14 Nothelfer mittelalterlichen Denkens, Katharina von Genua, Katharina von Schweden und Katharina von Siena (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Katharina”).
Mit der Wahl des Vornamens „Kaj” wird kein wichtiger Grund für eine spätere erneute Namensänderung gesetzt. Dieser Vorname ist zwar in der vorgesehenen Schreibweise nicht verbreitet, aber nicht gänzlich ungewöhnlich und auch nicht schwierig zu schreiben oder zu sprechen. Außerdem soll er nur dem bisherigen Vornamen vorangestellt werden, so dass sich die Klägerin später im täglichen Leben auch wieder auf die Führung des Namens „Seraphine– beschränken darf.
Der namensrechtliche Grundsatz, dass der Vorname grundsätzlich der natürlichen Ordnung der Geschlechter entsprechen muss, wird beachtet, weil die Klägerin einen, wie der Beklagte ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Widerspruchsbescheids nicht in Abrede gestellt hat, in der vorgesehenen Schreibweise „weiblichen” Vornamen dem ohnehin bereits ihrem Geschlecht entsprechenden Vornamen „Seraphine” voranstellen will.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
FamRZ 2003, 1553 |
StAZ 2003, 240 |
FamRB 2003, 203 |