Entscheidungsstichwort (Thema)
Außenbereich. Wohnhaus. dritte Wohnung. Splittersiedlung. Verfestigung. Dachgeschoßausbau. Erweiterung. Wohngebäude
Leitsatz (amtlich)
Eine wiederholte Erweiterung eines Wohngebäudes, die zur Schaffung einer dritten Wohnung führt, kann nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB zugelassen werden.
Normenkette
BauGB § 35 Abs. 2, 3 S. 1 Nr. 7, Abs. 4 S. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 31.01.1996; Aktenzeichen 7 A 2792/93) |
VG Köln (Entscheidung vom 11.05.1993; Aktenzeichen 2 K 5523/91) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1, die erstattungsfähig sind; die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die (nachträgliche) Baugenehmigung für eine selbständige Dachgeschoßwohnung in einem Gebäudeanbau im Außenbereich.
Der Kläger war als Erbe seiner Mutter früher Eigentümer zweier aneinander grenzenden Grundstücke. Die beiden Grundstücke liegen abseits der zusammenhängenden Bebauung der Ansiedlung F… im Außenbereich. In der Nähe sind zwei weitere, von dieser Siedlung ebenfalls abgesetzte Wohnhäuser (ein Einfamilienhaus und ein Wohnhaus mit genehmigter Drei-Zimmer-Wohnung sowie sieben Fremdenzimmern) vorhanden. Seit 1992 gehört das eine Grundstück dem Sohn des Klägers, während er selbst Eigentümer des anderen Grundstücks geblieben ist. Die beiden Grundstücke sind im Jahre 1979 durch Teilung “zum Zwecke der Beleihung” entstanden. Auf dem Grundstück des Sohnes steht ein älteres Wohnhaus mit einer Wohnfläche von rund 114 qm. An dieses Haus baute die Mutter des Klägers in den Siebziger Jahren auf dem heute dem Kläger gehörenden Grundstück(steil) einen Neubau “als Wohnhauserweiterung” an. Der Anbau weist im Erdgeschoß eine Wohnung mit einer Wohnfläche von rund 112 qm auf, die 1984 genehmigt wurde. Der Ausbau seines Dachgeschosses zu Wohnzwecken wurde nicht genehmigt. Tatsächlich ist aber im Dachgeschoß des Anbaus eine weitere Wohnung von knapp 80 qm Größe vorhanden.
Die Mutter des Klägers und später der Kläger selbst bemühten sich in mehreren Verfahren vergeblich um die Legalisierung der Wohnung im Dachgeschoß des Anbaus. Der Antrag, die Räume im Dachgeschoß als unselbständige Wohneinheit, nämlich als Bestandteil der im Erdgeschoß vorhandenen Wohnung, nutzen zu dürfen, wurde abgelehnt; die gegen die Versagung der Baugenehmigung eingelegte Klage blieb erfolglos (vgl. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. April 1990 – 7 A 2565/87 –).
Im September 1990 beantragte der Kläger die Baugenehmigung für den “Ausbau des Dachgeschosses und Trennung der beiden Wohnhäuser”. Nach den zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen soll der Altbau von dem Neubau durch eine geschlossene Wand entlang der Grundstücksgrenze abgetrennt und im Dachgeschoß des Neubaus eine selbständige Wohnung eingerichtet werden. Die Dachgeschoßwohnung soll der Enkel des Klägers beziehen; die Wohnung im Erdgeschoß des Neubaus bewohnt der Kläger selbst.
Der Beklagte lehnte die Erteilung der Baugenehmigung ab, weil das Vorhaben nicht mit § 35 BauGB vereinbar sei. Bei seiner Zulassung würde die vorhandene unerwünschte Splittersiedlung verfestigt. Durch die beabsichtigte Gebäudeteilung würden zwei Wohnhäuser im Außenbereich entstehen, die als selbständige Gebäude die Vergünstigungen nach § 35 Abs. 4 BauGB in Anspruch nehmen könnten. Der Widerspruch des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen. Auch seine Klage blieb im ersten und im zweiten Rechtszug erfolglos.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Antrag auf die Genehmigung der inzwischen bereits gezogenen Trennwand zwischen Altbau und Neubau sei unbegründet, weil das Ziehen einer Trennwand nach § 65 Abs. 2 Nr. 1 BauO NW 1995 keiner Baugenehmigung bedürfe. Der Antrag auf Genehmigung der Einrichtung einer selbständigen Wohneinheit im Dachgeschoß des Neubautraktes sei unbegründet, weil das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei. Seine Ausführung beeinträchtige nämlich öffentliche Belange, weil es die Verfestigung der bereits vorhandenen Splittersiedlung befürchten lasse; insoweit werde auf die Ausführungen in dem Urteil vom 23. April 1990 – 7 A 2565/87 – verwiesen. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in der Fassung von § 4 Abs. 3 BauGB-MaßnG stehe dem nicht entgegen. Die Vorschrift sei nicht anwendbar, weil der Neubautrakt kein “zulässigerweise errichtetes Wohngebäude” sei, sondern mit dem Altbau zusammen ein einheitliches “zulässigerweise errichtetes Wohngebäude” bilde. Ein Wohngebäude sei nur dann “zulässigerweise errichtet”, wenn das Gebäude bauaufsichtlich genehmigt worden sei. Nicht entscheidend sei, daß von einer Baugenehmigung gedeckte Bausubstanz vorhanden und diese in ihrer konkreten Ausgestaltung als – selbständiges – Wohngebäude zu werten sei; vielmehr müsse die Errichtung dieser Bausubstanz in ihrer Eigenschaft als selbständiges Wohngebäude von einer dies zum Ausdruck bringenden Baugenehmigung gedeckt, mithin das Wohngebäude als solches in dieser Eigenschaft “zulässigerweise errichtet” sein. Davon könne hier, bezogen auf den Neubautrakt – möge er in seiner derzeitigen baulichen Ausgestaltung als Wohngebäude anzusehen sein oder nicht – keine Rede sein. Eine Genehmigung des Neubautraktes als eines selbständigen Wohngebäudes sei nie erteilt worden und hätte ohne Verstoß gegen § 35 BBauG/BauGB auch nicht erteilt werden können. Beantragt und genehmigt worden sei immer nur die Erweiterung eines Gebäudes; an diesem planungsrechtlichen Tatbestand müsse sich der Kläger festhalten lassen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision wendet sich der Kläger unter Beschränkung auf seinen Antrag auf Genehmigung der Dachgeschoßwohnung gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Verfestigung einer Splittersiedlung zu “befürchten” sei. Jedenfalls könne der Gesichtspunkt der Verfestigung einer Splittersiedlung dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in der Fassung von § 4 Abs. 3 BauGB-MaßnG nicht entgegengehalten werden. Denn das Gebäude auf dem Grundstück des Klägers sei ein zulässigerweise errichtetes Wohngebäude. Die gesamte Bausubstanz sei durch genehmigte oder genehmigungsfreie bauliche Maßnahmen geschaffen worden; das gelte insbesondere auch für die Trennwand zwischen dem Altbau und dem Neubau.
Der Beklagte und die beigeladene Bezirksregierung verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch unbegründet. Der Senat folgt der Begründung des Berufungsurteils zwar nicht in vollem Umfang. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig.
1. Das Berufungsgericht führt aus, die hier streitige selbständige Wohneinheit im Dachgeschoß des vom Kläger bewohnten Anbaus sei als sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil ihre Ausführung öffentliche Belange beeinträchtige; sie lasse nämlich die Verfestigung der im betroffenen Bereich bereits vorhandenen Splittersiedlung befürchten. Der zusätzliche Wohnraum von nahezu 80 qm stelle schon aufgrund der durch die Vergrößerung der Wohnfläche bedingten Nutzungsintensivierung eine relevante Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung dar, weil er sich dem vorhandenen Bestand nicht deutlich unterordne. Zudem lasse eine Zulassung des strittigen Vorhabens auch wegen der von ihm ausgehenden Vorbildwirkung eine Verfestigung der Splittersiedlung befürchten. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
Allerdings kann in der Tat zweifelhaft sein, ob hier die Verfestigung einer Splittersiedlung schon deshalb zu befürchten ist, weil sich die Dachgeschoßwohnung dem vorhandenen Bestand nicht deutlich unterordne. Zwar trifft es entgegen der Rechtsauffassung der Revision nicht zu, daß ein Dachgeschoßausbau in aller Regel nicht zur Verfestigung einer Splittersiedlung führen kann. Die Zahl der Wohnungen, auch wenn sie sich im ausgebauten Dachgeschoß befinden, hat regelmäßig bodenrechtliche Bedeutung; für den Außenbereich zeigt dies gerade § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB, indem er die höchstzulässige Wohnungsanzahl in einem Gebäude begrenzt. Für die Frage der Unterordnung kommt es vielmehr auf das Verhältnis des hinzutretenden Vorhabens zu der bereits vorhandenen Splittersiedlung an. Während das Verwaltungsgericht als Splittersiedlung nur die beiden Gebäude(-teile) auf den aneinander angrenzenden Grundstücken des Klägers und seines Sohnes ansieht, geht das Berufungsgericht von einer Splittersiedlung aus, die auch die beiden weiter östlich gelegenen Häuser umfaßt. Auf dem Hintergrund dieser tatsächlichen Wertung des Berufungsgerichts, von der das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO auszugehen hat, spricht einiges dafür, daß sich die Dachgeschoßwohnung dem vorhandenen Bestand noch unterordnen könnte. Die Revision weist nämlich zu Recht auf das Urteil des Senats vom 3. Juni 1977 – BVerwG 4 C 37.75 – (BVerwGE 54, 73 ≪78 f.≫) hin, in dem der Senat zwar eine Unterordnung verneint hat, wenn zwischen zwei Häuser ein drittes gesetzt werde, eine Unterordnung jedoch für den Fall angenommen hat, daß in die Lücke zwischen drei Wochenendhäusern und einem vierten Wohnhaus ein weiteres Wochenendhaus gesetzt werde. Da die vorhandene Splittersiedlung im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts aus dem “Doppelhaus” des Klägers mit zwei Wohneinheiten von je etwa 110 qm, einem weiteren Haus mit einer Drei-Zimmer-Wohnung und sieben Fremdenzimmern und schließlich aus einem Einfamilienhaus üblichen Zuschnitts besteht, dürfte sich auch ihr Gewicht durch den Einbau einer kleinen Dachgeschoßwohnung in einem dieser Häuser – allein – nicht nennenswert erhöhen.
Zu Unrecht wendet sich die Revision aber gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, eine Verfestigung der bestehenden Splittersiedlung sei auch deshalb zu befürchten, weil vom Vorhaben des Klägers eine weitreichende Vorbildwirkung ausgehen würde. Zumindest insoweit befindet sich das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in der als Beispiel für die Unvereinbarkeit mit einer geordneten Siedlungsstruktur auch eine “weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung” bezeichnet wird (Urteil vom 3. Juni 1977 – BVerwG 4 C 37.75 – BVerwGE 54, 73 ≪78≫). Hierfür reicht es aus, daß bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich zersiedelt werden würde. “Weitreichend” ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weitergehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden. Das Berufungsgericht führt aus, daß auch auf einem Nachbargrundstück der Ausbau des Dachgeschosses auf insgesamt 150 qm möglich sei und daß sich selbst auf dem Grundstück des Klägers noch “Ausbaureserven”, etwa im Kellergeschoß, befänden. Dies genügt; denn wenn noch zwei (oder gar mehr) weitere Wohnungen geschaffen würden, wäre die Anzahl der heute in der Splittersiedlung vorhandenen Wohnungen fast verdoppelt. Soweit sich der Beklagte allerdings hinsichtlich der Vorbildwirkung zusätzlich auf die Verhältnisse im “Oberbergischen” beruft, ist ihm nicht zu folgen. Beachtlich kann die Vorbildwirkung der Zulassung einer zusätzlichen Wohnung nur für vergleichbare Vorhaben innerhalb derselben Splittersiedlung sein, weil die Präzedenzwirkung der Zulassung auf sie beschränkt ist.
2. Diese Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die streitige Dachgeschoßwohnung ist hier auch nicht gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB unerheblich. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB (1986) in der Fassung des § 4 Abs. 3 BauGB-MaßnG verneint. Zwar kann nach dieser Vorschrift und ebenso nach dem nunmehr geltenden § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in der Neufassung vom 27. August 1997 (BGBl I, S. 2141) bestimmten Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegengehalten werden, daß sie die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Begünstigt kann die Erweiterung eines Wohngebäudes sein, wenn es zulässigerweise errichtet worden ist, jedoch nur für höchstens zwei Wohnungen. Daran fehlt es hier. Denn bei der Dachgeschoßwohnung des Klägers handelt es sich um eine “dritte” Wohnung. “Wohngebäude” im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist nämlich nicht der “Anbau” auf dem Grundstück des Klägers, sondern das aus dem Altbau und dem später angebauten Neubau bestehende Bauwerk als Einheit.
Auch das Berufungsgericht hat angenommen, daß mit dem strittigen Vorhaben eine dritte Wohnung eingerichtet werden solle. Nach seiner Auffassung ist der Neubautrakt, in dem die zusätzliche Wohnung geschaffen werden soll, kein “zulässigerweise errichtetes Wohngebäude”, sondern bildet mit dem Altbau eine Einheit. Denn der ursprünglich als unselbständiger Anbau errichtete und dann durch genehmigungsfreie Baumaßnahmen zum zweiten Wohngebäude umgewandelte Neubautrakt sei nicht als selbständiges Wohngebäude genehmigt worden. Diese Begründung ist so mit Bundesrecht nicht vereinbar. Zwar trifft es zu, daß ein Wohngebäude zulässigerweise errichtet ist, wenn es bauaufsichtlich genehmigt ist; dies hat der Senat bereits ausdrücklich zum Ersatzbau nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB entschieden (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juni 1979 – BVerwG 4 C 23.77 – BVerwGE 58, 124 ≪126 f.≫; Beschluß vom 27. Juli 1994 – ZfBR 1994, 297). In beiden Entscheidungen ist aber auch ausgesprochen, daß dies ebenso der Fall ist, wenn das Gebäude wegen seiner materiellen Legalität Bestandsschutz genoß. Im Grundsatz kann deshalb ein ohne Genehmigung errichtetes Wohngebäude auch ein im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB "zulässigerweise errichtetes Wohngebäude" sein, wenn es materiell legal ist.
Entscheidend für die Frage, ob der an den ursprünglich eine einzige Wohnung umfassenden Altbau angebaute Neubautrakt mit ebenfalls einer Wohnung Grundlage für eine Begünstigung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB sein kann, kann nicht allein sein, ob der Anbau “zulässigerweise errichtet” ist, sondern vor allem, ob es sich um ein (selbständiges) “Wohngebäude” im Sinne dieser Vorschrift handelt. Der Sinn der Vorschrift besteht darin, die im Außenbereich an sich unzulässige bauliche Erweiterung von Wohngebäuden zur angemessenen Versorgung des Eigentümers und seiner Familie zu erleichtern (vgl. auch § 35 Abs. 5 Nr. 4a BBauG 1979). Zugleich setzt die Vorschrift Grenzen für diese Erleichterungen. Eine der Grenzen liegt in der Beschränkung der erleichterten Zulassung weiteren Wohnraums im Außenbereich auf höchstens eine zweite Wohnung im bereits vorhandenen Wohngebäude. Das bedeutet, daß weder eine dritte Wohnung noch ein selbständiges weiteres Wohngebäude unter den erleichterten Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB zulässig sein soll. Diese Beschränkung darf auch nicht umgangen werden. Der Senat hat bereits zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB entschieden, daß wiederholte Erweiterungen eines Betriebs im Rahmen eines Gesamtvorhabens unzulässig sind (BVerwG, Beschluß vom 28. September 1992 – BVerwG 4 B 175.92 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 280 – ZfBR 1993, 36). Dies gilt ebenso für die Erweiterung von Wohngebäuden.
Im vorliegenden Fall ist dem Kläger bzw. seiner Rechtsvorgängerin die Errichtung eines Anbaus mit einer zweiten Wohnung (im Erdgeschoß) in einem einheitlichen Wohngebäude genehmigt worden. Diese Genehmigung durfte nur in Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB oder seiner Vorläufer erteilt werden. Eine nochmalige erleichterte Zulassung von Wohnraum auf seiner Grundlage ist ausgeschlossen. Aus der Sicht dieser bundesrechtlichen Vorschrift kann unterstellt werden, daß das einheitliche Grundstück, auf dem sich beide Gebäudeteile ursprünglich befanden, rechtmäßig geteilt worden ist; ebenso kann unterstellt werden, daß durch das Einziehen einer landesrechtlich genehmigungsfreien Trennwand zwei selbständige Gebäude im Sinne des Bauordnungsrechts oder im Sinne der Baunutzungsverordnung (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 13. Dezember 1995 – BVerwG 4 B 245.95 – ZfBR 1996, 123) entstanden sind. Denn auch dann würde es sich bei dem streitigen Bauwerk nach dem Sinn des Gesetzes nach wie vor um ein einziges Wohngebäude im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB handeln.
3. Entgegen der Rechtsauffassung der Revision hat der Beklagte keine Erklärungen abgegeben, die entweder einer Baugenehmigung gleichzusetzen sind oder zumindest einen entsprechenden Vertrauensschutz beim Kläger begründet haben. Die Revision bezieht sich auf den Schriftsatz des Beklagten vom 17. März 1992 im erstinstanzlichen Verfahren, in dem die Rechtsansicht geäußert wird, die “Trennung der beiden Wohnhäuser” löse die bauordnungsrechtliche Genehmigungspflicht nicht aus. Darin liegt aber nicht die Aussage, der Neubautrakt sei rechtmäßig ein selbständiges Wohnhaus. Die Revision erwähnt ferner den Schriftsatz vom 16. Juni 1993, in dem der Beklagte ausführt, gegen die Trennwand beständen auch keine materiellrechtlichen Bedenken, insbesondere nicht aus Gründen des Brandschutzes. Auch dies bedeutet jedoch nicht, daß der Neubautrakt damit als selbständiges Wohngebäude anerkannt werde. Erst recht sind die genannten Erklärungen als Grundlage für Vertrauensschutz ungeeignet. Der Beklagte hat niemals Zweifel daran aufkommen lassen, daß er den Neubautrakt nicht als “zulässigerweise errichtetes Wohngebäude” ansehe.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Hien, Lemmel, Halama
Fundstellen
BauR 1999, 373 |
NVwZ-RR 1999, 295 |
AgrarR 1999, 377 |
NuR 1999, 210 |
RdL 1999, 34 |
ZfBR 1999, 110 |
DVBl. 1999, 235 |
FuBW 1999, 666 |
FuHe 1999, 686 |