Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 15 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
Der einzelne Wohnungseigentümer kann Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüche des ursprünglichen baulichen Zustands des Gemeinschaftseigentums (§ 1004 Abs. 1 BGB) gegen einen Miteigentümer, der eigenmächtig das gemeinschaftliche Eigentum baulich verändert hat ( § 22 Abs. 1 WEG), auch ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen. In Anbetracht seiner Teilberechtigung hat er Abwehransprüche gegen Mitberechtigte auch nach WEG, wie dies aus § 10 i. V. m. § 15 Abs. 3 WEG folgt (h. R. M.).
Im vorliegenden Fall hatte ein Eigentümer im Dachraum die drei vorhandenen Dachlukenfenster von je 0,5 m x 1 m ohne Zustimmung der restlichen Eigentümer durch Dachflächenfenster von je 0,65 m x 1,15 m ersetzt. Daraufhin wurde er von einem anderen Eigentümer auf Beseitigung und Wiederherstellung in Anspruch genommen. Das KG Berlin hatte insoweit die Streitsache aufgrund vermeintlicher Abweichung vom Beschluss des OLG Karlsruhe vom 14. 1. 1985 (ZMR 85, 209) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (vgl. KG Berlin, Entscheidung vom 28. 11. 1990, Az.: 24 W 5299/90). Das KG vertrat die Auffassung, dass bereits die Möglichkeit, dass ein Wohnungseigentümer wegen Zahlungsunfähigkeit der Teilhaber, die der Maßnahme nach § 22 Abs. 1 S. 1 WEG zugestimmt hätten, selbst mit Kosten belastet werden könnte, die Maßnahme auch von seiner Zustimmung abhängig mache, und zwar ungeachtet der Regelung des § 16 Abs. 3 WEG, zumal einen Rechtsnachfolger des umbauenden Eigentümers ersichtlich keine Verpflichtungen nach § 16 Abs. 3 WEG träfen. Das OLG Karlsruhe hatte demgegenüber 1985 die Auffassung vertreten, "Fragen versicherungsrechtlicher und schadenersatzrechtlicher Art" rechtfertigten nicht (im Hinblick auf § 16 Abs. 3 WEG), einen Nachteil anderer Eigentümer im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG zu bejahen. Ausdrücklich wurde dieses Ergebnis im Übrigen vom BayObLG (vom 11. 12. 1980, NJW 81, 690) und vom 9. 6. 1988 (WM 88, 319) vertreten ("die durch eine bauliche Veränderungsmaßnahme verursachten Kosten scheiden im Hinblick auf § 16 Abs. 3 WEG als Nachteil im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG in Verbindung mit § 14 WEG aus").
Der BGH teilte nicht die Auffassung der vorlegenden KG.
Auch wenn - so der BGH - die Möglichkeit bestehe, dass ein Wohnungseigentümer bei Zahlungsunfähigkeit des Miteigentümers, der eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums durchgeführt habe, selbst mit Kosten belastet werden könnte, sei nicht deswegen die Maßnahme von seiner Zustimmung abhängig. Der Beseitigungs- und Wiederherstellungsantrag wurde im vorliegenden Fall mangels Nachteilswirkung und aufgrund anzunehmender Duldungsverpflichtung der restlichen Eigentümer abgelehnt. Unstreitig sei durch die bauliche Veränderungsmaßnahme der optische Gesamteindruck der Wohnanlage nicht nachteilig verändert worden. Auch von einer Beeinträchtigung der Statik des Daches sei nicht auszugehen, ebenso würden die neu eingebauten Dachfenster gegenüber den früheren Lukenfenstern keine erhöhte Wartungsbedürftigkeit und Reparaturanfälligkeit aufweisen und auch solche Folgen nicht für das Dach als ganzes nach sich ziehen.
Grundsätzlich gelte hinsichtlich der Kosten einer solchen baulichen Veränderungsmaßnahme § 16 Abs. 3 WEG (keine gesamtschuldnerische Haftung von Miteigentümern nach außen hinsichtlich der Auftrags- und Durchführungskosten). Auch die gemeinschaftliche Instandhaltungsrückstellung dürfe zu solchen Veränderungszwecken nicht angegriffen werden; ebenfalls seien Sonderumlagen unter Einbeziehung nicht zustimmender Wohnungseigentümer nicht zulässig (h. R. M.). Dies gelte grundsätzlich auch für die Folgekosten solcher Maßnahmen.
Soweit es die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich macht, können allerdings die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer aufgrund ihrer Gemeinschaftspflicht im Rahmen der Verwaltung gehalten sein, an notwendigen Maßnahmen mitzuwirken ( § 21 Abs. 1, Abs. 3 und 4 WEG). Musste hier (so die Meinung des BGH) ein nicht zustimmmender Miteigentümer im Außenverhältnis Verbindlichkeiten eingehen, so kann er, soweit er hieraus in Anspruch genommen wurde, von den zustimmenden Miteigentümern unmittelbar nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, § 16 Abs. 3 WEG oder, was hier offen bleiben kann, erst aufgrund des Wirtschaftsplanes Ausgleich verlangen. Mussten Gelder der Gemeinschaft aufgewendet werden, so sind sie im Wirtschaftsplan auf diejenigen Wohnungseigentümer umzulegen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Damit ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers den finanziellen Interessen des Teilhabers, dessen Rechte durch die Maßnahme sonst nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt worden sind, Rechnung getragen.
Grundsätzlich ist für Maßnahmen nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG Einstimmigkeit festgeschrieben, allerdings die Zustimmung derjenigen Mitei...