Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 98
Nach § 29 ÆL haben die Ehegatten im Falle des Einvernehmens gemeinsam und nach § 30 ÆL hat ein Ehegatte auch allein immer ein Recht auf Getrenntleben (separation), wodurch die meisten Rechtswirkungen der Ehe unterbrochen werden. Die Gütergemeinschaft, die eheliche Unterhaltspflicht sowie das Erbrecht entfallen. Wünschen die Ehegatten einvernehmlich die Scheidung, können sie frei entscheiden, ob der Scheidung eine Bedenkzeit in Form der "separation" vorausgehen oder ob diese sofort erfolgen soll (§§ 29 und 30 ÆL). Für den Fall, dass die Ehepartner zunächst für eine Bedenkzeit optiert haben, können sie auch noch während der Laufzeit der Bedenkzeit gemeinsam die sofortige Scheidung beantragen (zur sofortigen Scheidung siehe Rdn 112). Im Zusammenhang mit der Bewilligung der "separation" wird administrativ oder gerichtlich entschieden, ob eine nachträgliche Unterhaltspflicht eines Ehegatten gegenüber dem anderen besteht (§ 49 ÆL) und wem ggf. das Wohnrecht in Bezug auf eine gemeinschaftliche Mietwohnung zustehen soll (§ 55 ÆL).
Rz. 99
Ein Grundgedanke des FAL ist, dass die Eltern auch dann die gemeinsame Verantwortung für ihre Kinder tragen, wenn ihr Zusammenleben beendet ist. Im Falle einer der Scheidung vorausgehenden Trennung ("separation") besteht daher das gemeinsame Personensorgerecht fort (§ 8 FAL). Leben die Eltern allerdings bereits im Zeitpunkt der Geburt in "separation", kommt der Mutter das alleinige Sorgerecht zu, es sei denn, der/die von ihr getrennt lebende Mann/Mitmutter ist als Vater/Mitmutter des Kindes anerkannt worden oder die Eltern haben erklärt, dass sie das Sorgerecht gemeinsam ausüben wollen (§ 6 Abs. 2 FAL). Ansonsten entsprechen die Möglichkeiten, vom Grundsatz eines gemeinsamen Sorgerechts abzuweichen, denen, die nach einer Scheidung gelten (siehe hierzu Rdn 142 ff.). Die Regelung über das "Beisammensein mit einem Elternteil" (Umgangsrecht), mit dem das Kind nicht zusammenwohnt, ist ebenfalls für Getrenntlebende und Geschiedene gleich (siehe hierzu Rdn 148). Die Rechtswirkungen des Getrenntlebens entfallen für die Zukunft, falls die Ehegatten das Zusammenleben wieder aufnehmen oder fortführen (§ 31 ÆL). Ein "Getrenntleben" setzt also voraus, dass die Parteien ihren gemeinsamen Wohnsitz nicht aufrechterhalten. In der Praxis akzeptiert die Agentur für Familienrecht allerdings in der Regel eine Fortführung des Zusammenlebens für die Dauer von ein paar Monaten, wenn anschließend tatsächlich der gemeinsame Wohnsitz aufgegeben wird. Widrigenfalls gilt die "separation" als weggefallen. Ziehen die Parteien während der Phase des Getrenntlebens wieder zusammen, entsteht nach ein paar Wochen des Zusammenlebens erneut ein gemeinsamer Wohnsitz – womit die "separation" wegfällt.
Rz. 100
Das Getrenntleben muss bei der für Familiensachen zuständigen Verwaltungsbehörde Agentur für Familienrecht (Familieretshuset, wörtlich "Das Familienrechtshaus") beantragt werden (§ 37 ÆL). Die Agentur für Familienrecht hat zum 1.4.2019 die alte Behörde "Statsforvaltningen" ("Die Staatsverwaltung") ersetzt. Ihre Kompetenz ist allerdings weiter gefasst worden, vor allem, um im Zusammenhang mit familiären Problemen die Interessen von Kindern besser wahrnehmen zu können. Die Grundidee ist dabei, möglichst alle Sachverhalte "unter einem Dach" – einschließlich in Form einer Konfliktberatung – abklären zu können.
Rz. 101
Eingereichte Anträge auf Trennung (bzw. auf Scheidung) werden von der Agentur für Familienrecht zunächst gescreent. Entscheidend für die Einordnung ist die geschätzte Konfliktbeladenheit der konkreten Sache.
Rz. 102
Als einfach eingeschätzte Verfahren – wozu im Bereich des Eherechts Verfahren nach § 42 ÆL gehören, populär auch als "grüne" Verfahren bezeichnet – behandelt die Verwaltungsbehörde nach einem vereinfachten Schnellverfahren ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts (§ 5 i.V.m. Kapitel 8 FHL).
Rz. 103
In "weniger einfachen Verfahren" – populär auch als "gelbe" Verfahren bezeichnet – klärt die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt auf und bietet den Parteien Beratung und Hilfe zur Konfliktbewältigung an (§ 6 i.V.m. Kapitel 6 und 9 FHL). Als "weniger einfache Verfahren" gelten
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Beschwerden über die Ablehnung einer Eheerlaubnis seitens der Eheprüfungsbehörde bzw. über Entscheidungen bezüglich der Anerkennung einer ausländischen Scheidung zwecks erneuter Heirat (Beschwerden nach § 58b Abs. 1 ÆL), |
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Verfahren über die Erteilung einer Erlaubnis zur Eheschließung zwischen engeren Verwandten (nach § 7 ÆL) sowie |
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Verfahren über die nachträgliche Gültigerklärung einer vor einer nicht trauungsberechtigten Instanz erfolgten Eheschließung (nach § 21 Abs. 2 ÆL). |
Rz. 104
Wird in einem als "weniger einfach" qualifizierten Verfahren keine Einigkeit zwischen den Parteien erzielt, erlässt die Agentur für Familienrecht eine Entscheidung. Die Behörde hat allerdings in für Kinder besonders schwerwiegenden Entscheidungen auch die Möglichkeit, stattdessen das betreffende Verfahren vor dem (ebenfalls zum 1...