Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 102
Das Testat des Notars auf einem Notartestament gilt gem. § 70 ARL als Beweis für Umstände, die vom Testat erfasst sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände dazu Anlass geben, die Richtigkeit des Testats in Zweifel zu ziehen.
Rz. 103
§ 71 Abs. 1 ARL enthält beim Zeugentestament eine Umkehr der Beweislast: Wird ein Einwand gegen die Gültigkeit eines Zeugentestaments geltend gemacht, muss derjenige, der sich auf die Gültigkeit des Testaments berufen will, beweisen, dass das Testament gültig errichtet worden ist. Haben die Zeugen in ihrem Testat auf dem Testament bestätigt, dass die Voraussetzungen nach § 64 Abs. 1 ARL erfüllt waren (siehe Rdn 86), gilt dies nach § 71 Abs. 2 ARL als bewiesen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände dazu Anlass geben, die Richtigkeit des Testats in Zweifel zu ziehen.
Rz. 104
Ein Nottestament ist nach § 72 ARL ungültig, wenn es nicht als sicher angesehen werden kann, dass es Ausdruck der Entscheidung des Testators ist und von diesem errichtet wurde bzw. wenn angenommen werden kann, dass der Testator außerstande war, vernunftgemäß ein Testament zu errichten.
Rz. 105
Gemäß § 73 ARL ist eine testamentarische Verfügung nach § 66 ARL (Verteilung von gewöhnlichem Haushalt und persönlichen Gegenständen; siehe Rdn 99) gültig, sofern nicht anzunehmen ist, dass die Verfügung nicht vom Testator herrührt bzw. dieser außerstande war, vernunftgemäß die entsprechenden Gegenstände zu verteilen.
Rz. 106
Ein Testament ist nach § 74 ARL ungültig, wenn der Erblasser bei der Errichtung aufgrund einer Geisteskrankheit (z.B. schwere Demenz), einer gehemmten psychischen Entwicklung, einer vorübergehenden Geistesstörung oder eines ähnlichen Zustandes nicht imstande war, vernunftgemäß über seine Vermögensgegenstände zu verfügen. In die Beurteilung nach § 74 ARL sind sämtliche bei der Testamentserrichtung vorliegenden Umstände mit einzubeziehen.
Rz. 107
Eine testamentarische Verfügung ist gem. § 75 ARL weiterhin dann unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass sie durch Zwang, Arglist oder eine andere unerlaubte Beeinflussung (darunter Missbrauch der fehlenden Urteilskraft des Testators, eines Schwächezustands oder einer Abhängigkeit) zustande gekommen ist. In allen Fällen von physischem Zwang und in den meisten Fällen eines gegen den Willen des Testators gerichteten (psychischen) Zwangs tritt Nichtigkeit der testamentarischen Verfügung ein.
Rz. 108
Nach generellen Auslegungsregeln sucht man im ARL hingegen vergeblich. Als nicht-kodifiziertes Prinzip gilt allerdings, dass primär eine konkrete, subjektive, aus dem Blickwinkel des Testators vorzunehmende Auslegung angestellt werden muss. Dabei können sämtliche relevanten Umstände mit berücksichtigt werden. Spezifische Auslegungsregeln finden sich hingegen nur in den §§ 76 und 77 ARL. Nach § 76 ARL ist eine testamentarische Verfügung, die wegen eines Schreibfehlers oder eines anderen Fehlers einen Inhalt erlangt, der vom beabsichtigten Inhalt abweicht, so weit wie möglich in Übereinstimmung mit dem gewollten Inhalt abzuwickeln. Ist der gewollte Inhalt nicht feststellbar, ist die Verfügung unwirksam.
Rz. 109
§ 77 ARL regelt den Fall des Motivirrtums und des Wegfalls der Errichtungsvoraussetzungen. Eine testamentarische Verfügung ist nach § 77 Abs. 1 ARL unwirksam, wenn
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der Testator sich bei deren Errichtung im Irrtum hinsichtlich solcher Umstände befand, die für die Verfügung entscheidend waren, oder |
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Umstände, die für die Verfügung entscheidend waren, sich nach der Errichtung in einer solchen Weise verändert haben, dass der Testator bei entsprechender Kenntnis die Verfügung widerrufen hätte. |
Unabhängig davon ist gemäß § 77 Abs. 2 ARL die Verfügung in Übereinstimmung mit dem gewollten Inhalt abzuwickeln, sofern dieser feststellbar ist.
Rz. 110
Eine testamentarische Verfügung, wonach Vermögensgegenstände in einer Weise verwendet oder vernichtet werden sollen, die offensichtlich jeder vernünftigen Grundlage entbehrt, ist nach § 78 ARL nichtig. Nichtig ist nach dem Grundsatz des alten Danske Lov 5–1-2 weiterhin jede testamentarische Verfügung, die gegen "Gesetz oder Ehrbarkeit" verstößt.
Rz. 111
Die Einrede der Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung kann nach § 79 ARL von jedem geltend gemacht werden, der erben würde, wenn das Testament für ungültig erklärt werden würde. Die Ungültigkeit entfaltet Wirkung im Verhältnis zu sämtlichen Erben, es sei denn, diese genehmigen im Nachgang das Testament.