Rz. 8
Geschäftsunfähige oder nur beschränkt geschäftsfähige Erben bedürfen zur wirksamen Ausschlagung einer Erbschaft der gesetzlichen Vertretung (§§ 104 ff. BGB). Insoweit ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, die nachträgliche Genehmigung ist nicht ausreichend (§ 111 S. 1 BGB). Auch für ein Nachreichen der schriftlichen Einwilligung ist kein Raum, da § 111 S. 2 BGB auf amtsempfangsbedürftige Willenserklärungen nicht anwendbar ist. Eine nachträgliche Genehmigung kann jedoch nach allg. Auslegungsgrundsätzen in eine eigene Ausschlagungserklärung des gesetzlichen Vertreters umzudeuten sein, wenn diese noch fristgerecht erklärt wird. Die gesetzlichen Vertreter haben sich dem Nachlassgericht in der Form des § 1945 BGB gegenüber zu erklären, § 182 Abs. 2 BGB ist unanwendbar, im Übrigen gilt § 130 BGB auch hier. Bei mehreren gesetzlichen Vertretern – insbesondere den Eltern – muss sich jeder von ihnen erklären (vgl. auch § 1944 Rdn 2 f.). Ist ein Elternteil durch Verfügung von Todes wegen von der elterlichen Vermögensverwaltung für ererbtes Vermögen des Kindes ausgeschlossen, so ist eine durch ihn im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung mangels Vertretungsmacht unwirksam.
Rz. 9
Richtigerweise kann der gesetzliche Vertreter von der Vertretung wegen der Gefahr einer Interessenkollision nach § 181 BGB ausgeschlossen sein. Das gilt für den Vormund (§ 1795 Abs. 2 BGB), aber auch für die Eltern (§ 1629 Abs. 2 BGB), Pfleger oder Betreuer (§§ 1908i, 1915 Abs. 1 BGB). Die Anwendbarkeit von § 181 BGB wird von der wohl h.M. allerdings bestritten. Das dort verwendete Argument, dass der Minderjährige durch das Genehmigungserfordernis (z.B. § 1643 Abs. 2 BGB) seitens des Familien- bzw. Betreuungsgerichts ausreichend geschützt sei, trägt jedoch nicht. Gerichtliche Genehmigung und gesetzliche Vertretung sind zu trennen. Insbesondere ist es danach dem gesetzlichen Vertreter nach § 181 BGB nicht möglich, die Ausschlagung für den vorläufigen Erben zu erklären, wenn eine andere von ihm vertretene Person ersatzweise Erbe werden würde (Doppelvertretung). Eine Vertretung ist auch ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter selbst Ersatzerbe wird (Selbstkontrahieren). In diesen Fällen wäre dann ein Pfleger zu bestellen.
Rz. 10
Allerdings wird das Familien- bzw. Betreuungsgericht dem gesetzlichen Vertreter nach § 1796 BGB in derartigen Fällen sowieso regelmäßig die Vertretung entziehen und eine Pflegschaft bestellen. Dem vorgenannten Streitstand wird daher in der Praxis weniger Bedeutung zukommen. Soweit ein gesetzlicher Vertreter von der Nachlassverwaltung ausgeschlossen ist, hindert dies nicht automatisch eine Vertretung i.R.d. Ausschlagungserklärung. Das Familien- bzw. Betreuungsgericht wird ferner in Konstellationen der §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796, 1909 BGB einen Pfleger bestellen. In der Praxis ist dabei zu beachten, dass der Pfleger ebenfalls der Genehmigung des Betreuungsgerichtes bedarf, wenn er ausschlagen will (§§ 1822 Nr. 2, 1915 BGB).