Rz. 6
Im Unterschied zu Abs. 1 stellt Abs. 2 auf Verfügungen und damit richtigerweise lediglich auf dinglich wirkende Rechtsgeschäfte ab, die – bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 – gegen Dritte und den endgültigen Erben wirksam bleiben. Über Abs. 2 wird der endgültige Erbe schuldrechtlich nicht gebunden. Unter Verfügungen werden allgemein Übertragungen, Belastungen, Inhaltsänderungen und die Aufhebung von Rechten verstanden. Auch Verfügungen i.d.S. sind
(1) |
die Annahme einer Leistung als Erfüllung (§§ 362 ff. BGB), |
(2) |
die Ausübung von Gestaltungsrechten wie Kündigung oder Anfechtung oder |
(3) |
die Erfüllung fälliger Nachlassverbindlichkeiten durch den vorläufigen Erben. |
Rz. 7
Die Verfügung darf nach Abs. 2 nicht ohne Nachteil für den Nachlass verschoben werden können. Die Verfügung muss demnach unaufschiebbar sein. In diesem Fall gibt Abs. 2 dem vorläufigen Erben eine Verfügungsbefugnis i.S.d. § 185 BGB. Damit wird verhindert, dass der vorläufige Erbe ansonsten wegen § 1953 Abs. 1 BGB immer Nichtberechtigter sein würde und der Dritte nur gutgläubig erwerben könnte. Wann eine Verfügung unaufschiebbar i.S.v. Abs. 2 ist, wird unterschiedlich beurteilt. Die h.M. folgt einer objektiven Betrachtung für den Zeitpunkt der Verfügung und will nur geringfügige und vorübergehende Wertminderungen für den Nachlass noch nicht für ausreichend halten und im Zweifel eine Unaufschiebbarkeit verneinen. I.d.S. sollten z.B. Erfüllungsannahmen wegen drohenden Annahmeverzuges, die Zahlung von Beerdigungskosten oder die Veräußerung verderblicher Ware anerkannt werden.
Rz. 8
Erfüllungsleistungen an den vorläufigen Erben gehen nicht im Wege der dinglichen Surrogation in das Nachlassvermögen über. Insoweit besteht ein beachtlicher Unterschied zu § 2019 BGB. Der endgültige Erbe müsste insoweit seinen Herausgabeanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (Abs. 1) geltend machen.
Rz. 9
Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 932 ff. und 892 f. BGB für den gutgläubigen Erwerb. Bezugspunkt des guten Glaubens muss dabei nicht nur das Eigentum des vorläufigen Erben, sondern auch die Endgültigkeit seiner Rechtsstellung sein. Mit anderen Worten scheitert der gutgläubige Erwerb, wenn der Erwerber die Ausschlagungsberechtigung des vorläufigen Erben kennt. Ein gutgläubiger Erwerb wird durch § 935 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen, da es insoweit an einem tatbestandlichen Abhandenkommen fehlt. Der vorläufige Erbe ist berechtigter unmittelbarer Besitzer. Bei Vorliegen eines Erbscheins gilt § 2366 BGB (öffentlicher Glaube). In Bezug auf weitere besitzrechtliche Fragestellungen wird auf § 1953 BGB (vgl. § 1953 Rdn 4 a.E.) verwiesen.