Gesetzestext
(1)1Ist die Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so ist der Erbe den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte. 2Auf die vor der Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten erbschaftlichen Geschäfte finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechende Anwendung.
(2)Die den Nachlassgläubigern nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche gelten als zum Nachlass gehörend.
(3)Aufwendungen sind dem Erben aus dem Nachlass zu ersetzen, soweit er nach den Vorschriften über den Auftrag oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz verlangen könnte.
A. Allgemeines
Rz. 1
Die Bestimmung des § 1978 BGB hat den Zweck, im Interesse der Gläubiger den Erben für die "Verwaltung des Nachlasses" haftbar zu machen. Insoweit regelt sie – wie §§ 1976 und 1977 BGB – die Folgen der amtlichen Absonderung des Nachlasses vom Eigenvermögen des Erben. Der Nachlass soll den Nachlassgläubigern möglichst ungeschmälert zur Verfügung stehen. Verfügungen, die der Erbe bis zur amtlichen Nachlasssonderung über Nachlassgegenstände vorgenommen hat, haben zwar Bestand, weshalb der Zweck der Erhaltung des ungeschmälerten Nachlasses von vornherein nicht völlig erreicht wird. Das hätte nur dadurch erreicht werden können, dass Verfügungen über Nachlassgegenstände, die der Erbe vor der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wirksam getroffen hat, mit Anordnung der Nachlassverwaltung oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam würden. Der Erbe wird jedoch so behandelt, als habe er den Nachlass von der Annahme der Erbschaft an im Auftrag der Nachlassgläubiger verwaltet (Abs. 1 S. 1); für die Zeit vor Annahme der Erbschaft gelten die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (Abs. 1 S. 2). Die aus der Verwaltung resultierenden Erstattungs- und Ersatzansprüche gelten als zum Nachlass gehörend (Abs. 2), können also nicht von einzelnen Nachlassgläubigern geltend gemacht werden. Der Erbe seinerseits kann wie ein Beauftragter oder ein Geschäftsführer ohne Auftrag Erstattung der mit der Verwaltung des Nachlasses verbundenen Aufwendungen verlangen (Abs. 3). Haftet der Erbe allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar, findet die Bestimmung keine Anwendung (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB). Dass der Erbe nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar haftet, steht der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen (§ 2013 Abs. 2 BGB). Entsprechend anwendbar ist § 1978 BGB bei Dürftigkeit oder Überschwerung des Nachlasses (§§ 1990, 1991, 1992 BGB).
B. Tatbestand
I. Verantwortlichkeit des Erben
Rz. 2
Der Erbe wird mit der Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens so behandelt, als wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung des Nachlasses für die Nachlassgläubiger als Beauftragter zu führen gehabt hätte (Abs. 1 S. 1). Der rechtskräftige Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist vom Prozessgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen, wenn er verfahrensfehlerhaft ergangen ist; denn als in dem dafür vorgesehenen Verfahren ergangener hoheitlicher Akt beansprucht er Geltung gegenüber jedermann, sofern der Entscheidung nicht ausnahmsweise ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt. Es handelt sich dabei um eine persönliche Haftung des Erben, für die er mit seinem persönlichen – dem Eigenvermögen – und nicht etwa mit dem Nachlass einzustehen hat. Von der Haftung nach § 1978 BGB ist zu unterscheiden die Verpflichtung des Erben, den Gläubigern einer Nachlassverbindlichkeit wegen deren Verletzung u.U. Schadensersatz leisten zu müssen. Für Handlungen und rechtsgeschäftliche Verfügungen, die der Erbe vor dem Erbfall vorgenommen hat, haftet er nicht nach § 1978 BGB. Die Haftung nach § 1978 BGB wird durch § 1979 BGB gemildert und durch § 1980 BGB verschärft.
II. Verantwortlichkeit bis zur Annahme der Erbschaft
Rz. 3
Abs. 1 differenziert zwischen der Verantwortlichkeit des Erben bis zur Annahme (Abs. 1 S. 2) und nach Annahme der Erbschaft (Abs. 1 S. 1). Für die Zeit bis zur Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB) gelten die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend (Abs. 1 S. 2), jedoch nur dann, wenn der Erbe die Erbschaft – später – letztendlich tatsächlich angenommen hat. Die entsprechende Anwendung der §§ 677 ff. BGB bedeutet, dass der Erbe das objektive Interesse der Gesamtheit der Nachlassgläubiger zu wahren hat. Auf den wirklichen oder den mutmaßlichen Willen einzelner Gläubiger kommt es nicht an. Obwohl der Erbe vor Annahme der Erbschaft zur Fürsorge für den Nachlass grundsätzlich nur berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, hat er Vollstreckungsmaßnahmen eines Eigengläubigers in den Nachlass abzuwehren (vgl. §§ 782, 783 ZPO). Lässt er Vollstreckungsmaßnahmen zu,...