Gesetzestext
(1)Als aus der Erbschaft erlangt gilt auch, was der Erbschaftsbesitzer durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt.
(2)Die Zugehörigkeit einer in solcher Weise erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntnis erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
A. Allgemeines
I. Unmittelbare dingliche Ersetzung
Rz. 1
Durch die Regelung des § 2019 BGB wird der wirtschaftliche Wert der Erbschaft für den Erben über Änderungen im Bestand der Erbschaft hinaus erhalten und gesichert. Alles, was der Erbschaftsbesitzer durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, gilt als aus der Erbschaft erlangt i.S.d. § 2018 BGB und muss ebenso herausgegeben werden. Dies geschieht im Wege der unmittelbaren, dinglichen Surrogation, also mit unmittelbarer dinglicher Wirkung für den Erben. Hierdurch wird ein bestimmtes Sondervermögen (Nachlass) gebunden und sein Wert über alle Wechsel der zu ihm gehörenden konkreten Bestandteile erhalten.
Rz. 2
Der vom Erbschaftsbesitzer initiierte rechtsgeschäftliche Erwerb wird also unmittelbarer Bestandteil der Erbschaft ohne Zwischenerwerb beim Erbschaftsbesitzer, er steht dem Erben so zu, wie wenn dieser ihn durch einen unmittelbaren Stellvertreter erlangt hätte. Das erworbene Recht entsteht sofort in der Person des Erben. Die in § 2019 BGB geregelte rechtsgeschäftliche Surrogation ist weder vom Wert des Ersatzgegenstands noch vom Willen der Beteiligten abhängig. Sie gilt unabhängig davon, ob Erbschaftsgegenstände veräußert, Nachlassforderungen eingezogen oder mit Nachlassmitteln etwas erworben wurde.
Rz. 3
§ 2019 BGB stellt keine selbstständige Anspruchsgrundlage dar, sondern erweitert lediglich den Umfang dessen, was nach § 2018 BGB herauszugeben ist. Wird der mit Mitteln der Erbschaft erworbene Gegenstand weiterveräußert, setzt sich die Surrogation an diesem Gegenstand fort (Kettensurrogation). Durch die dingliche Surrogation wird der Nachlass auch als Haftungsmasse für die Nachlassgläubiger erhalten, die Gläubiger des Erbschaftsbesitzers können aufgrund der dinglichen Surrogation nicht in die Surrogate vollstrecken. Der Erbe wiederum hat ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO.
II. Einfache Surrogation
Rz. 4
§ 2019 BGB regelt nicht die einfache oder gesetzliche Surrogation (z.B. §§ 2041, 2111 BGB), die neben der Regelung des § 2019 BGB besteht. Was der Erbschaftsbesitzer aufgrund der Zerstörung, der Beeinträchtigung oder der Entziehung einer zur Erbschaft gehörenden Sache oder eines Rechts erhält, erwirbt der Erbe kraft (einfacher) gesetzlicher Surrogation aufgrund seiner Stellung als Eigentümer oder Inhaber der zum Nachlass gehörenden Sachen und Rechte. Von der einfachen Surrogation sind auch die Fälle erfasst, in welchen an den Erbschaftsbesitzer in Erfüllung einer Nachlassforderung eine Leistung bewirkt wird, die dem Erben gegenüber kraft Gesetzes (z.B. § 851 BGB) oder durch Genehmigung wirksam ist.
III. Keine Anwendung des § 2019 BGB
Rz. 5
Die Regelung des § 2019 BGB erfasst nicht die Fälle, in welchen durch Verbindung, Vermischung oder Vermengung von Nachlassgegenständen mit Sachen des Erbschaftsbesitzers Miteigentum entsteht. Der so entstandene Miteigentumsanteil ist Bestandteil des Nachlasses, so dass dem Erben über § 2018 BGB ein Anspruch auf die Einräumung von Mitbesitz zusteht; ggf. kann er auch nach §§ 985, 1011 BGB Herausgabe der betreffenden Sachen an die Gesamtheit der Miteigentümer verlangen. Keine Anwendung findet § 2019 BGB auch dann, wenn das mit den Mitteln der Erbschaft Erworbene vollständig im Eigenvermögen des Erbschaftsbesitzers aufgeht. Dies ist z.B. bei der Bezahlung eigener Schulden mit Erbschaftsmitteln der Fall oder bei einer wirksamen Aufrechnung mit einer Erbschaftsforderung gegen eine eigene Schuld. In diesen Fällen tritt an die Stelle des Herausgabeanspruchs der Anspruch auf wertmäßige Herausgabe der Bereicherung nach §§ 818 Abs. 2 u. 3, 2021 BGB.
Rz. 6
Ausgeschlossen soll die Surrogation ferner sein, wenn es sich um nicht übertragbare oder höchstpersönliche Rechte handelt, wie z.B. Nießbrauch oder die beschränkt persönliche Dienstbarkeit. Aufgrund der Entscheidung des BGH zum Erwerb einer Kommanditistenstellung mit Nachlassmitteln erscheint diese Rechtsauffassung zweifelhaft. Der BGH hat in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, dass zum Schutz des Erben und der Nachlassgläubiger auch unübertragbare Rechtsstellungen der Regelung des § 2019 BGB unterliegen. Es müsse jeder Umsatz einzelner Bestandteile des Vermögens und der darin liegende Abfluss realer Werte durch die rechtliche Neuzuordnung eben desjenigen konkreten Ersatzgegenstands zum Nachlass ausgeglichen werden, in den die abgeflossenen Werte eingegangen sind, so zu Recht der BGH. Es ist deshalb davon auszugehen, dass zum Schutz des Erben auch unübertragbare Rec...