Rz. 3
§ 2049 BGB setzt voraus, dass es sich um ein im Nachlass befindliches Landgut handelt, das einem Miterben durch Anordnung des Erblassers zugedacht worden ist. Bei einem solchen Erwerb von Todes wegen wird die Privilegierung vermutet und hat zur Folge, dass der Ertragswert anzusetzen ist, soweit dieser den Verkehrswert unterschreitet.
I. Auslegungsregel
Rz. 4
Abs. 1 enthält eine Auslegungsregel. Danach ist die Anordnung des Erblassers, dass ein Miterbe das Recht haben soll, ein Landgut zu übernehmen, im Zweifel zugleich dahingehend zu verstehen, dass das Gut bei Übernahme mit dem Ertragswert auf den Erbteil anzurechnen ist. Dieser Fall tritt also nur dann ein, wenn kein anderer Wille des Erblassers in der letztwilligen Verfügung oder aus sonstigen Umständen feststellbar ist. Der Erblasser kann mithin von dieser Regel abweichen. Andernfalls greift die Auslegungsregel und die Bewertung des Landguts für die Berechnung von Ausgleichsansprüchen und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgen nicht unter Zugrundelegung des Verkehrswertes, sondern es wird lediglich der in der Regel niedrigere Ertragswert angesetzt. Die Auslegungsregel kann entkräftet werden durch den Nachweis eines anders lautenden Willen des Erblassers.
II. Landgut
Rz. 5
Nach der st. Rspr. des BGH ist unter einem "Landgut" i.S.v. § 2049 BGB eine Besitzung zu verstehen, "die eine zum selbstständigen und dauerhaften Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellt und mit den notwendigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen ist. Sie muss eine gewisse Größe erreichen und für den Inhaber eine selbstständige Nahrungsquelle darstellen; dass eine Ackernahrung vorliegt, ist jedoch nicht erforderlich; eine Besitzung kann auch dann ein Landgut sein, wenn der Inhaber neben der Landwirtschaft einen anderen Beruf ausübt".
Rz. 6
Der Begriff der Landwirtschaft entspricht dem in § 585 BGB. Einer bestimmten Größe des Landguts bedarf es historisch betrachtet nicht, jedoch stößt eine Privilegierung von Kleinstbetrieben zu Lasten der Gleichbehandlung der Erben auf verfassungsmäßige Bedenken. In der Regel wird es bei diesen Betrieben an der notwenigen Leistungsfähigkeit mangeln. Nach der Definition des BGH kann aber auch ein im Nebenerwerb bewirtschafteter Betrieb ein Landgut i.S.v. § 2049 BGB sein. Unproblematisch ist es auch, wenn der Inhaber noch einen anderen Beruf ausübt und aus dessen Erträgen den Unterhalt der Familie bestreitet. Auch die Tatsache, dass es sich um eine verhältnismäßig kleine landwirtschaftliche Fläche handelt, steht der Annahme der Landguteigenschaft ebenso wenig grundsätzlich entgegen wie ein hohes Alter von funktionsfähigen Maschinen. Allerdings ist die Gesetzesanwendung wegen der damit einhergehenden Benachteiligung der weichenden Erben einzuschränken auf die Erhaltung von noch leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben.
Rz. 7
Das Landgut muss dabei Eigentum, nicht zwingend Alleineigentum, des Erblassers sein. Vom Erfordernis des Alleineigentums ist insbesondere eine Abweichung dann zuzulassen, wenn der Übernehmer im Ergebnis Alleineigentümer wird und damit der Gesetzeszweck der Fortführung des Betriebes in einer Hand erreicht wird.
Rz. 8
Es ist unerheblich, ob das Landgut in der Höferolle gelöscht wurde. Die weitergehenden Voraussetzungen für einen Hof im Sinne der Höfeordnung, insbesondere eine Mindestertragskraft, ist bei einem Landgut i.S.d. BGB nicht erforderlich. Dabei ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Wegfall der Voraussetzungen eines Hofes zugleich auch einhergeht mit dem Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme eines Landguts.
Rz. 9
Der Begriff des Landguts knüpft an § 585 Abs. 1 S. 2 BGB und den dortigen Begriff der Landwirtschaft an. Landwirtschaft ist Bodenbewirtschaftung oder eine mit Bodennutzung verbundene Tierhaltung, sodass die folgenden Betriebsarten ein Landgut sind:
▪ |
Gartenbaubetriebe, und zwar unabhängig davon, ob die Erzeugung im Boden, in Behältnissen oder unter Glas erfolgt (§ 585 Abs. 1 S. 2 BGB); |
▪ |
Tierzuchtbetriebe, allerdings nur solche, die mit der Bodennutzung verbunden sind (§ 585 Abs. 1 S. 2 BGB); |
▪ |
Weinbaubetriebe; |
▪ |
Weidewirtschaftsbetrieb; |
▪ |
Erwerbsobstbaubetriebe; |
▪ |
Imkereibetriebe; |
▪ |
Binnenfischerei, soweit sie private Teichwirtschaftsbetriebe sind. |
Rz. 10
Ob reine Forstgüter als privilegierte Landgüter anzusehen sind, ist streitig, wenngleich sie von den Privilegierungen der Höfeordnung und einiger Anerbengesetze erfasst werden (HöfeO, HessLandgüterO, WürttAnerbenG). Mit ihnen wird keine Landwirtschaft im engeren Sinne betrieben. Auch rein wirtschaftlich kann man darüber streiten, ob für eine wirtschaftlich erfolgreiche Bearbeitung eine große Fläche zwingend erforderlich ist, zumal Waldflächen in der Praxis auch bei ei...