Rz. 11
Den Regelfall der Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten soll nach § 2046 Abs. 1 BGB deren Berichtigung aus dem Nachlass bilden. Erfolgt die Befriedigung – freiwillig oder im Wege der Vollstreckung – durch einen Miterben aus seinem Eigenvermögen, kann dieser von den übrigen Miterben Ausgleichung nach § 426 BGB verlangen. Bei diesem Ausgleichsanspruch handelt es sich um einen erbrechtlich begründeten Anspruch, der – anders als nach der alten Rechtslage – der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB unterliegt. In der Höhe maßgebend ist insoweit das Verhältnis der Erbteile als andere Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, wobei vor Teilung des Nachlasses alternativ gegenüber den Miterben auch die vollständige Befriedigung aus dem Nachlass verlangt werden kann. Praktisch wird die letztgenannte Alternative aber eher selten vorkommen, da dem in Anspruch genommenen Miterben in dieser Phase noch unter Berufung auf § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB die Möglichkeit der Verweisung des Gläubigers auf den Nachlass offen steht. Hiervon wird der in Anspruch genommene Miterbe regelmäßig Gebrauch machen, um seinerseits sowohl die rechtlichen wie auch die rein wirtschaftlichen Risiken, die mit einem erst nachfolgenden Regress verbunden wären, von vornherein auf die Schultern sämtlicher Miterben zu verteilen. Leistet er trotzdem aus dem Eigenvermögen, erfolgt dies auf eigenes Risiko und begrenzt seinen Erstattungsanspruch, falls der Nachlasswert die vom Miterben ausgeglichene Gläubigerforderung unterschreitet. Tilgt der Miterbe mit nachlassfremden Mitteln eine Darlehensschuld, die mit einer Hypothek auf dem zum ungeteilten Nachlass gehörenden Grundstück gesichert ist, so ist ungeklärt, ob die Darlehensforderung und die Hypothek insgesamt auf ihn übergehen (§ 1164 bzw. §§ 401, 412, 426 Abs. 2, 1153 BGB) oder sich i.H.d. seiner Erbquote entsprechenden Teilbetrages die Hypothek in eine Eigentümergrundschuld wandelt (§§ 1163, 1177 BGB). Dem Charakter der ungeteilten Nachlassmasse als Sondervermögen dürfte der Fortbestand der Hypothek insgesamt aber eher gerecht werden.
Rz. 12
Die persönliche Inanspruchnahme der übrigen Miterben vor der Nachlassteilung knüpft daran an, dass es sich noch um eine vom Erblasser herrührende Schuld im Sinne des § 1967 BGB handelt, die ein Miterbe – quasi überobligatorisch – in voller Höhe aus seinem Privatvermögen erfüllt hat. Ob einer der Miterben die Nachlassverbindlichkeiten (bspw. durch verspätete Räumung der Wohnung des Erblassers) schuldhaft verursacht hat, bedarf dabei keiner Klärung, da mögliche Schadensersatzansprüche der Miterben untereinander oder gegen den Nachlass, die im Zusammenhang mit dem Nachlass entstanden sind, erst im Rahmen der Erbauseinandersetzung nach §§ 2042 ff. BGB in der dort vorgeschriebenen Weise einzubeziehen sind. Diese Regelungen würden unterlaufen, wenn bereits vor der Auseinandersetzung durch schadensersatzrechtliche Überlegungen im Gesamtschuldnerinnenausgleich eine Abweichung von der Erbquote herbeigeführt würde. Besonderheiten gelten aber, wenn wegen Vorempfängen einzelne Miterben einer Ausgleichungspflicht nach §§ 2050 ff. BGB unterliegen. Richtigerweise muss auch hier die Erbquote und nicht die sich unter Berücksichtigung der auszugleichenden Beträge ergebende Verteilungsquote zur Anwendung gelangen. Zum Ausgleich verpflichtete Miterben würden sonst nämlich – entgegen der Intention der §§ 2050 ff. BGB – dadurch begünstigt, dass ihre Verteilungsquote gegenüber der Erbquote reduziert ist, so dass sie auch nur in geringerem Umfang zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeit beizutragen hätten. Begrenzt wird diese Haftung mit der Erbquote erst dann, wenn der Ausgleichungsverpflichtete aus dem Nachlass gar nichts mehr oder nur einen zur Befriedigung des auf seine Erbquote entfallenden Teils der Nachlassverbindlichkeit(en) nicht ausreichenden Betrag erhält, da er über § 2056 BGB vor Herauszahlungen geschützt wird.
Rz. 13
Eine sowohl von den Kopfteilen als auch von der Erbquote abweichende Bestimmung kann vorliegen, wenn der Erblasser über Auflagen oder Teilungsanordnungen faktisch eine von der formalen Erbquote deutlich abweichende Nachlassverteilung veranlasst hat. Aus diesen Gründen genügt auch nicht die Vorlage einer die Zahlung ausweisenden, öffentlich beglaubigten Urkunde und eines die Erbteile bezeichnenden Erbscheins, um eine vollstreckbare Ausfertigung eines Titels für sich und gegen die übrigen Miterben nach § 727 ZPO zu verlangen, da die Ausgleichungspflicht im Innenverhältnis gerade nicht mit den im Erbschein ausgewiesenen Erbquoten korrespondieren muss.