Rz. 2

Als Wegfall des zunächst berufenen Erben sind grundsätzlich alle Gründe anzusehen, die dazu führen, dass dieser nicht Erbe wird. Es muss sich dabei um Umstände handeln, die entweder vor dem Erbfall eingetreten sind oder aber um solche, die zwar nach dem Erbfall eintreten, die aber auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückwirken.[2] Praktisch relevant sind das Vorversterben, der Zuwendungsverzicht, die Ausschlagung, eine Erbunwürdigkeitserklärung, die Nichterteilung einer nach Art. 86 EGBGB erforderlichen staatlichen Genehmigung, der Eintritt einer auflösenden Bedingung vor dem Erbfall, der Ausfall einer aufschiebenden Bedingung oder die Nichtigkeit oder wirksame Anfechtung der Erbeinsetzung. Auch eine nach § 2077 BGB unwirksam gewordene Erbeinsetzung stellt grds. einen Wegfall i.S.d. § 2096 BGB dar (ggf. aber Begrenzung).[3] Der Wegfall wird hier also weiter interpretiert als bei § 2094 BGB, da die Ersatzerbenberufung unstr. auch dann zum Zuge kommt, wenn die Erbeinsetzung nichtig ist oder unwirksam wird oder widerrufen wird.[4] Auch die Annahme des eingesetzten Erben als Kind eines anderen kann u.U. als Wegfall angesehen werden.[5] Aus § 2097 BGB ergibt sich, dass die Ersatzerbeneinsetzung vom Erblasser ohne Weiteres auf bestimmte Wegfallgründe begrenzt werden kann.[6] Hat der Erblasser keine Begrenzung vorgenommen, kommt es in allen Fällen des Wegfalls zu einer Ersatzerbfolge.[7]

 

Rz. 3

Obwohl der Wegfall des erstberufenen Erben eine aufschiebende Bedingung für die Ersatzerbfolge darstellt, findet § 2074 BGB keine Anwendung; der Ersatzerbe muss also nur den Erbfall erleben, nicht den ggf. späteren – aber auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückwirkenden – Wegfall des erstberufenen Erben.[8]

[2] Staudinger/Otte, § 2096 Rn 5.
[3] OLG Hamburg NJW-RR 2015, 1419 = FamRZ 2016, 403.
[4] Vgl. hierzu Soergel/Loritz, § 2096 Rn 7, 8.
[5] Dittmann, Rpfleger 1978, 277.
[6] BayObLG FamRZ 1989, 666.
[7] Jedoch keine Ersatzerbenbestimmung zugunsten der Kinder des Ehemannes (Stiefkinder), wenn die Ehe frühzeitig geschieden wird: OLG Dresden ZErb 2010, 29 = ZEV 2010, 257 = FamRZ 2010, 594 (im Wege der Auslegung ermittelte Begrenzung).
[8] MüKo/Rudy, § 2096 Rn 3.

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