Rz. 7
Eine Befreiung über die Grenzen des § 2136 BGB hinaus ist nicht zulässig (siehe Rdn 1). Der Erblasser kann den Vorerben jedoch durch andere erbrechtliche Gestaltungsinstrumente mittelbar von zwingenden Beschränkungen befreien. So kann der Erblasser einzelne Nachlassgegenstände dadurch von der Vor- und Nacherbfolge ausnehmen, dass er sie dem Vorerben durch Vorausvermächtnis (§§ 2110 Abs. 2, 2150 BGB) zuwendet. Beim alleinigen Vorerben werden die vermachten Gegenstände dann ohne weiteres bereits mit dem Erbfall Bestandteil seines Vermögens, über das er frei verfügen kann; das Vermächtnis hat in diesem Fall ausnahmsweise dingliche Wirkung.
Rz. 8
Nach überwiegender Ansicht kann der Vorerbe die Verfügungsmöglichkeiten des Vorerben auch dadurch erweitern, dass er den Nacherben mit dem Vermächtnis beschwert, bestimmten Verfügungen oder Verwaltungshandlungen zuzustimmen. Der Nacherbe ist dann bei Eintritt des Nacherbfalls verpflichtet, die betreffenden Verwaltungsmaßnahmen als ordnungsgemäß nach § 2130 BGB anzuerkennen. Dies gilt auch für unentgeltliche Verfügungen, wenngleich die Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs. 2 BGB formell bestehen bleibt. Die gestatteten Verfügungen müssen jedoch in der letztwilligen Verfügung konkret bezeichnet werden; die generelle Anordnung einer Zustimmungsverpflichtung kann als Umgehung der zwingenden Grenzen des § 2136 BGB nicht für zulässig erachtet werden. Der sicherere Weg, dem Vorerben unentgeltliche Verfügungen zu ermöglichen, dürfte ohnehin das bedingte Vorausvermächtnis sein.
Rz. 9
Durch Erteilung einer transmortalen Vollmacht lässt sich die Verfügungsmacht des Vorerben nicht stärken, denn die dem Vorerben erteilte Vollmacht wird mit Eintritt des Erbfalls gegenstandslos. Da das Rechtsverhältnis, auf dem die Fortdauer der Vollmacht gem. § 168 BGB beruht, mit dem Erbfall nur zwischen dem Vollmachtnehmer und dem Vorerben in einer Person besteht, erlischt die Vollmacht mit dem Erbfall durch Konsolidation.
Rz. 10
Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung stellt den Vorerben selbst naturgemäß nicht freier. Folgt man der h.M., ist mit der Vorerbentestamentsvollstreckung jedoch insofern eine Erweiterung der Verfügungsbefugnisse verbunden, als der Testamentsvollstrecker nicht den Verfügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. BGB, sondern nur den Beschränkungen nach § 2205 S. 3 BGB unterliegt. Die überzeugenderen Argumente sprechen allerdings für die Gegenansicht (näher dazu siehe § 2112 Rdn 7). Die Nacherbentestamentsvollstreckung lässt die Verfügungsmöglichkeiten des Vorerben unberührt, führt jedoch dann zu Erleichterungen für den Vorerben, wenn die Nacherben unbekannt oder minderjährig sind, weil sich hierdurch eine Pflegerbestellung bzw. die Einholung gerichtlicher Genehmigungen bei Verfügungen des Vorerben erübrigt. Der einzige Vorerbe kann nach h.M. jedoch nicht zum Nacherbentestamentsvollstrecker ernannt werden.
Rz. 11
In der Anordnung der Nacherbfolge unter der auflösenden Bedingung, dass der Vorerbe nicht anderweitig letztwillig verfügt, liegt keine Befreiung, sondern die Ermächtigung zur Beseitigung der Nacherbschaft insgesamt. Macht der Vorerbe von dieser Ermächtigung Gebrauch, wird er dadurch zum Vollerben und verfügt anschließend nur über sein eigenes, nun auch das Vermögen des Erblassers erfassendes Vermögen.