Rz. 15
Der Vermächtnisnehmer kann aufgrund § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Erbschaftsteuer belastet sein. Das Vermächtnis gehört erbschaftsteuerlich betrachtet zu den Erwerben von Todes wegen. Grundsätzlich entsteht die Erbschaftsteuer mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Erbschaftsteuer entsteht dabei ohne Rücksicht auf das Recht des Vermächtnisnehmers, das Vermächtnis auszuschlagen und damit den Rechtserwerb rückwirkend zu beseitigen (§ 2180 Abs. 3 BGB). Schlägt der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis aus, entfällt die Erbschaftsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit. Ein bereits ergangener Erbschaftsteuerbescheid ist dann nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufzuheben. Dies gilt spiegelbildlich bei dem Beschwerten. Vermächtnisse stellen bei dem Beschwerten abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten dar (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Nach dem Wortlaut der Regelung ist eine Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs durch den Vermächtnisnehmer zur Anerkennung als Nachlassverbindlichkeit nicht erforderlich. Dies gilt auch, wenn der Erbe ein zivilrechtlich nicht durchsetzbares Vermächtnis erfüllt.
Für den Zeitpunkt der Wertbestimmung des Vermächtnisses (Nachlassverbindlichkeit) ist der Tod des Erblassers maßgebend (§ 11 ErbStG). Dies gilt, obwohl der Vermächtnisnehmer nur ein auf den Erwerb eines bestimmten Gegenstandes gerichtetes Forderungsrecht hat und von daher auch noch wertmäßige Veränderungen an dem Vermächtnis eintreten können.
Rz. 16
Die Bewertung eines Vermächtnisses erfolgt nach § 12 ErbStG. Der Vermächtnisnehmer erwirbt einen Anspruch. Aufgrund des Vermächtnisses entsteht der Vermächtnisanspruch. Den Vermächtnisgegenstand selbst (Forderung, Sache) erlangt der Vermächtnisnehmer aufgrund des Vermächtnisses. Besteuerungsgrundlage ist somit die gegen den Erben gerichtete Forderung auf den vermachten Gegenstand. Für die Bewertung selbst ist dabei grundsätzlich auf den gemeinen Wert, d.h. den Verkehrswert, des Vermächtnisses abzustellen.
Handelt es sich bei dem Vermögen um begünstigtes Vermögen gemäß § 13a ErbStG, stehen dem Vermächtnisnehmer die dort vorgesehenen Vergünstigungen – auch bei einem Kauf- oder Übernahmevermächtnis – zu.
Schuldet der Erbe wiederkehrende Leistungen aufgrund eines Vermächtnisses an einen Dritten, sind sie nur dann – unter den weiteren Voraussetzungen – beim Empfänger der Bezüge nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbar, wenn er zum sogenannten Generationennachfolge-Verbund gehört. Personen, die bereits auf ihren Pflichtteil verzichtet haben, gehören nicht zum Generationennachfolge-Verbund.