Gesetzestext
Sind mehrere Erben oder mehrere Vermächtnisnehmer mit demselben Vermächtnis beschwert, so sind im Zweifel die Erben nach dem Verhältnis der Erbteile, die Vermächtnisnehmer nach dem Verhältnis des Wertes der Vermächtnisse beschwert.
A. Allgemeines/Normzweck
Rz. 1
Bei der Vorschrift des § 2148 BGB handelt es sich um eine Auslegungsregel für den Fall der Beschwerung mehrerer Erben oder Vermächtnisnehmer mit einem Vermächtnis. Sie findet daher immer dann Anwendung, wenn sich ein anderer eindeutiger Wille des Erblassers durch Auslegung nicht ermitteln lässt. § 2148 BGB stellt eine Regelung des Innenverhältnisses zwischen mehreren Beschwerten dar. Aus ihr ergibt sich, dass sich die Beschwerung im Zweifel nicht nach Köpfen richtet, sondern der Umfang der eigenen Teilhabe am Nachlass maßgebend ist.
B. Tatbestand
I. Innenverhältnis
Rz. 2
Sind mehrere beschwert, ist zwischen der Haftung im Außenverhältnis und der Lastenverteilung im Innenverhältnis zu unterscheiden. So kann der Erblasser die Haftung im Außenverhältnis abweichend von der Lastentragung im Innenverhältnis regeln, indem bei gesamtschuldnerischer Haftung (Außenverhältnis) einem von den Bedachten im Innenverhältnis die Last insgesamt auferlegt wird. Die Auslegungsregel betrifft nur das Innenverhältnis zwischen den Beschwerten. Sofern nicht alle Erben und/oder Vermächtnisnehmer Beschwerte sind, bestimmt sich die Beschwerung der Einzelnen im Zweifel nicht nach Köpfen, sondern entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Nachlass. Dies gilt nicht, wenn sich ein anderer Wille des Erblassers feststellen lässt. Die Haftung nach außen richtet sich nach den §§ 420 ff., 2058 ff. BGB (gesamtschuldnerische Haftung). Haftet nur ein Teil der Miterben, so handelt es sich zwar auch um Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 Abs. 2 BGB). Es sind jedoch keine "gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten" der Erben; die §§ 2058 ff. BGB sind daher nur mit Einschränkungen anwendbar. In diesem Fall kann der Vermächtnisnehmer dann mangels eines Titels, der sich gegen alle Erben richtet, nicht in den ungeteilten Nachlass vollstrecken (§ 747 ZPO). Es bleibt nur die Vollstreckung in den Erbteil des Beschwerten.
Rz. 3
Haften mehrere Miterben den Vermächtnisnehmern, kommt es für den Ausgleich im Innenverhältnis auf ihre Erbteile an. Bei dem Ausgleich mehrerer Vermächtnisnehmer ist das Verhältnis des Wertes ihrer Vermächtnisse maßgebend. Ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) bleibt daher bei den Berechnungen außer Betracht, da es nichts an den Verhältnissen der Erbteile ändert.
Rz. 4
Sind sowohl Erben als auch Vermächtnisnehmer Beschwerte, soll § 2148 BGB nach den Motiven keine Anwendung finden. Nach h.M. ist § 2148 BGB jedoch entsprechend anwendbar.
Rz. 5
Der Erblasser kann eine von der Auslegungsregelung abweichende Anordnung treffen. Er kann Bestimmungen zur Haftung im Außenverhältnis ebenso treffen wie die Verteilung der Beschwerung im Innenverhältnis: Der Erbe hat das Vermächtnis alleine zu tragen.
II. Pflichtteilslast
Rz. 6
Bei der Berechnung des Pflichtteils sind Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen nicht absetzbar. Um hier einen gewissen Ausgleich zu schaffen, kann der Erbe grundsätzlich das Vermächtnis im Innenverhältnis kürzen. Die Pflichtteilslast (vgl. hierzu auch §§ 2318 u. 2324 BGB) wird dann von ihm und den Vermächtnisnehmern verhältnismäßig getragen. Diese Regelung ist jedoch abdingbar. Nach § 2324 BGB kann der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen – ausdrücklich oder konkludent – die Pflichtteilslast im Verhältnis der Erben zueinander einzelnen Erben auferlegen und so eine von den Vorschriften des § 2318 Abs. 1 BGB abweichende Anordnung treffen.
III. Alternative Beschwerung
Rz. 7
Im Falle der alternativen Beschwerung hat der Erblasser bestimmt, dass entweder A oder B das Vermächtnis zu erfüllen hat. Die alternativ Beschwerten sind dann Gesamtschuldner. Der Ausgleich im Innenverhältnis richtet sich nach § 2148 BGB.
IV. Ausnahme
Rz. 8
§ 2320 BGB stellt eine gesetzliche Ausnahme von § 2148 BGB dar. Tritt jemand, der Erbe wurde, an die Stelle eines mit einem Vermächtnis bedachten Pflichtteilsberechtigten, hat er das Vermächtnis in Höhe seines erlangten Vorteils zu tragen. Eine Verteilung kommt auch nicht zulasten pflichtteilsberechtigter Miterben in Betracht.
Nach § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB wird dem Beschwerten ein Ausschlagungsrecht hinsichtlich der Erbschaft gewährt. Schlägt der Erbe aus, kommt es grundsätzlich zu einer Anrechnung des Vermächtnisses (§ 2307 Abs. 1 S. 2 BGB). Im Rahmen der Anrechnung ist der Pflichtteilsberechtigte an vom Erblasser vorgegebene Werte und Berechnungsmethoden gebunden. Nur wenn im Rahmen der Ausschlagung des Erbteils der volle Pflichtteil geltend...