Rz. 2
Grundsätzlich können nur im Nachlass befindliche Gegenstände oder einem Erben einräumbare Rechte Gegenstand eines Vermächtnisses sein (§ 2169 BGB). Bei einem Verschaffungsvermächtnis besteht die Besonderheit gegenüber sonstigen Vermächtnisanordnungen darin, dass gerade ein nicht zum Nachlass gehörender bestimmter Gegenstand oder ein bestimmtes Recht vermacht wird. Ging es dem Erblasser darum, bestimmte Zuwendungsvorstellungen zu verwirklichen – bspw. die musikalische Neigung durch die Zuwendung eines sich nicht im Nachlass befindenden Klaviers zu fördern –, ist ein Verschaffungsvermächtnis anzunehmen. Ein Verschaffungsvermächtnis liegt nahe, wenn der vermachte Gegenstand rechtlich nicht zum Nachlass gehört, aber wirtschaftlich in ihm enthalten ist, oder aber der Erblasser den Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zuwenden wollte, dass er nicht (mehr) zur Erbschaft gehört.
Rz. 3
Die Anordnung eines Verschaffungsvermächtnisses, das den Erben beschwert, führt zu einer Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 Abs. 2 BGB). Sofern der Erbe die Überschwerungseinrede nach § 1992 BGB erhebt, ist danach zu differenzieren, ob der Gegenstand einem Dritten, dem Beschwerten oder dem Bedachten gehört. Abs. 2 findet nur in dem Fall Anwendung, dass der Gegenstand einem Dritten gehört. Gehört der Gegenstand bereits dem Bedachten, ist das Vermächtnis unwirksam. Möglicherweise liegt aber auch ein Befreiungsvermächtnis vor, soweit der Beschwerte an dem Gegenstand noch Rechte hat. Wenn der Beschwerte bereits Eigentümer des Vermächtnisgegenstandes ist, findet § 2170 BGB keine Anwendung. Die Pflicht zur Erfüllung des Vermächtnisses ergibt sich dann aus § 2174 BGB. Sofern der Beschwerte Miterbe ist, kann er die Erfüllung des Vermächtnisses bis zur Teilung des Nachlasses verweigern (§ 2059 Abs. 1 BGB), weil der Gegenstand auch zu seinem eigenen Vermögen gehört.
Rz. 4
Hat der Erblasser das Vermächtnis durch Erbvertrag angeordnet, ist § 2288 Abs. 2 BGB zu beachten. Sofern der Erblasser den Gegenstand in der Absicht, den Bedachten zu beeinträchtigen, veräußert oder belastet hat, ist der Erbe verpflichtet, dem Bedachten den Gegenstand zu verschaffen oder die Belastung zu beseitigen. Eine Beeinträchtigungsabsicht des durch Erbvertrag gebundenen Erblassers (§ 2288 Abs. 2 S. 1 BGB) ist anzunehmen, wenn die Veräußerung des vermachten Gegenstandes in dem Bewusstsein erfolgt, dass damit dem Vermächtnis seine Grundlage entzogen wird und dass die Gegenleistung für die Veräußerung keinen Ersatz für den Vermächtnisnehmer darstellt. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers, das den Missbrauch des gem. § 2286 BGB bestehenden Verfügungsrechts ausschließen würde, kann im Hinblick auf ein erbvertragliches Vermächtnis nur bejaht werden, wenn sich das Interesse des Erblassers gerade auf die Veräußerung des Vermächtnisgegenstandes richtet und der erstrebte Zweck auch nicht durch andere wirtschaftliche Maßnahmen erreicht werden kann.