Rz. 4

Die Ernennung eines neuen Testamentsvollstreckers setzt einen dahingehenden Antrag eines Beteiligten nicht voraus, erfordert vielmehr ein – ggf. durch Erforschung seines Willens festzustellendes – Ersuchen des Erblassers.[9] Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Abs. 1 ergibt, kann, muss aber nicht das Nachlassgericht dem Ersuchen nachkommen. Vielmehr muss das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen handeln und die Befugnis ausüben, wenn dies den Umständen angemessen ist.[10] Bei der Ausübung des Ermessens sind das Interesse des Erblassers an der Testamentsvollstreckung einerseits und die Nachlassverhältnisse andererseits zu berücksichtigen. Ist die Fortdauer oder Anordnung der Testamentsvollstreckung unzweckmäßig, kann eine Ablehnung des Gerichts gerechtfertigt sein. Unzweckmäßigkeit liegt insbesondere in den Fällen vor, in denen die Aufgaben für den Testamentsvollstrecker bereits längst erfüllt sind. Einem Ersuchen des Erblassers an das Nachlassgericht zur Bestellung eines Testamentsvollstreckers ist nur dann nicht zu entsprechen, wenn es aufgrund veränderter Umstände seinen Sinn verloren hat und davon auszugehen ist, dass der Erblasser in Kenntnis der eingetretenen Lage von der Anordnung abgesehen hätte. Wurde die Anordnung wegen einer mit erhöhter Fremdbeeinflussbarkeit einhergehenden Intelligenzminderung des Erben getroffen, wird sie durch zwischenzeitliche Einrichtung einer Betreuung (ohne Einwilligungsvorbehalt) nicht obsolet, da diese den Erben nicht vor selbstschädigenden Eigengeschäften schützt.[11]

 

Rz. 5

Örtlich zuständig ist nach § 343 FamFG das Nachlassgericht in dessen Bezirk der Erblasser im Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Am Nachlassgericht ist funktionell der Richter nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 RPflG zuständig.

 

Rz. 6

Das Nachlassgericht kann grundsätzlich jeden zum Testamentsvollstrecker ernennen. Eine besondere Eignung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Ernennung. Allerdings muss das Gericht i.R.d. pflichtgemäßen Ermessens handeln, so dass nur eine befähigte Person in Frage kommt. Dabei darf auch der Notar ausgewählt werden, der die Verfügung von Todes wegen beurkundet hat. Die §§ 7, 27 BeurkG stehen dem nicht entgegen. Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss, der entweder auf Ernennung oder Ablehnung lautet. Ein Vorbescheid hierzu ist unzulässig. Damit der Beschluss wirksam wird, bedarf es der Bekanntgabe gegenüber dem Ernannten und allen Beteiligten. Der Beschluss kann zu Protokoll bekannt gegeben oder aber förmlich zugestellt werden. Die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ist grundsätzlich ausreichend.

 

Rz. 7

Umstritten ist der Umfang der Bindungswirkung, den ein abgeschlossenes Ernennungsverfahren hat, insbesondere, ob die Ernennungsentscheidung über die konkrete Person des Ernannten hinaus bindet. Nach OLG München[12] kann im Erbscheinsverfahren grundsätzlich auch die Frage eines stillschweigenden Ersuchens in der Beschwerdeinstanz überprüft werden, wenn zwischenzeitlich die Ernennungsverfügung des vorinstanzlich eingesetzten Testamentsvollstreckers rechtskräftig ist.

 

Rz. 8

Bei einer Klage eines Testamentsvollstreckers hat das Prozessgericht von Amtes wegen zu prüfen, ob der Kläger wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt worden ist. Eine Bindung des Prozessgerichts besteht dabei nur, wenn der Testamentsvollstrecker gem. § 2200 BGB vom Nachlassgericht ernannt worden ist.[13] Die Bestellung eines neuen Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht ist für das Prozessgericht nicht bindend, wenn die Voraussetzungen hierfür, insbesondere ein Ersuchen im Testament, nicht vorlagen.[14] Nach Breidenstein[15] ist hingegen die Annahme einer Bindungswirkung der Ernennungsentscheidung für das Erbscheinserteilungsverfahren geboten. Die Bindung umfasst danach nicht nur die Ernennung einer konkreten Person, sondern auch die Frage, ob überhaupt Testamentsvollstreckung angeordnet war. Die Bindung erfasst alle Beteiligten des Ernennungsverfahrens und endet mit der formell rechtskräftigen Entlassung des Testamentsvollstreckers. Ein Zuwarten des im Erbscheinsverfahren zuständigen Gerichts auf eine Entscheidung im Ernennungsverfahren ist nicht verfahrensrechtlich bedenklich.[16]

 

Rz. 9

Beschwerdeberechtigt gegen die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht ist auch der vom Erblasser in der letztwilligen Verfügung aufschiebend bedingt bestimmte Ersatztestamentsvollstrecker, wenn durch die gerichtliche Ernennung der Eintritt der Bedingung hinausgeschoben wird.[17] Nach OLG Hamm[18] kann die Entscheidung, durch die ein Testamentsvollstrecker ernannt wird, von einem Miterben, dessen Erbanteil nicht von der Anordnung einer Testamentsvollstreckung betroffen ist, nicht mit dem beschränkten Ziel der Abänderung der Auswahlentscheidung zur Person des Testamentsvollstreckers angefochten werden.

 

Rz. 10

Da es sich bei Abs. 2 um eine Sollvorschrift handelt, führt die Nichtbeachtung einer vorherigen Anhörung der Beteiligten vor Testamentsvollstrecker...

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