Rz. 6
Wenn der Erblasser keine besonderen Verwaltungsanordnungen vorgenommen hat, werden bei Vorliegen einer Verwaltungsvollstreckung nach Maßgabe des § 2209 BGB je nach Fallgestaltung folgende Aufgaben und Pflichten vom Testamentsvollstrecker im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung zu erfüllen sein:
1. Geltendmachung von Nachlassnachrechten im Hinblick auf ggf. noch für den Nachlass geltend zu machende Forderungen
Rz. 7
Zunächst ist der Nachlassbestand durch den Testamentsvollstrecker zu erfassen und alle Nachlassrechte sind geltend zu machen, wobei auch der Gerichtsweg beschritten werden muss. Allerdings sind aussichtslose Prozesse nicht zu führen. Ein Abwarten, wann die Forderung geltend gemacht wird, kann ermessensfehlerhaft sein, wenn der Nachlass geschädigt wird. Dies ist z.B. bei einer drohenden Insolvenz des Schuldners der Fall.
2. Prüfung der Rechtswirksamkeit, Ausführung aller letztwilligen Verfügungen
Rz. 8
Hier hat der Testamentsvollstrecker zunächst die letztwillige Verfügung auszulegen und in Zweifelsfällen eine Klärung im Wege einer Feststellungsklage einzureichen. Unwirksame Verfügungen darf er nicht erfüllen. Eine Haftung des Testamentsvollstreckers nach § 2219 BGB ist abzulehnen, wenn der Testamentsvollstrecker zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis gekommen ist.
3. Eingehung von Dauerschuldverhältnissen
Rz. 9
Auch wenn die Zeit, für die die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, durch den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses überschritten wird, kann dennoch ein derartiger Abschluss im Einzelfall einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung entsprechen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Eingehung eines derartigen Dauerschuldverhältnisses zur Verwirklichung der Zwecke der Testamentsvollstreckung erforderlich war. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn eine langfristige Anmietung gewerblicher Räume die angeordnete Fortführung eines hinterlassenen Handelsgeschäftes sichert. Ist hingegen eine Abwicklungsvollstreckung angeordnet worden, so ist die Eingehung langfristiger Dauerschuldverhältnisse grundsätzlich unzulässig.
4. Verwendung von Nachlasserträgen
Rz. 10
Auf die Herausgabe von Erträgnissen des Nachlasses ist § 2217 BGB nicht anwendbar, kann aber als Richtschnur herangezogen werden. Besteht kein gegenteiliger Wille des Erblassers oder ist die Herausgabe unter Berücksichtigung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich, hat der Testamentsvollstrecker auch die Befugnisse zur Thesaurierung der Erträgnisse. Wenn die Erträge ausreichen, sind sie an den Erben in der Höhe auszukehren, wie er sie für seinen angemessenen Unterhalt, die Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten sowie die Erfüllung zu zahlender Steuern benötigt. Verstößt der Testamentsvollstrecker gegen die Grundsätze, kann der Erbe Schadensersatz nach § 2219 BGB verlangen oder die Entlassung nach § 2227 BGB beantragen.
Zu Ungunsten des Nacherben bzw. zugunsten des Vorerben darf durch den Testamentsvollstrecker die Substanz nicht gemindert werden. Hier ist eine Abwägung zwischen dem Interesse des Vorerben an einer Ertragsauskehrung und dem Interesse des Nacherben an einer Substanzerhaltung vorzunehmen. Weiterhin sind die sich aus §§ 2124–2126 BGB ergebenden Kosten- und Lastentragungen angemessen zu berücksichtigen.
5. Anlage von Geld und Verwaltung von Wertpapieren
Rz. 11
Es besteht keine Pflicht zur mündelsicheren Anlage. Bei der ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker kann eine Parallele zur Verwaltung von Stiftungsvermögen gezogen werden, welches gemäß den Stiftungsgesetzen "in seinem Bestand zu erhalten" ist. Aufgrund der Vorgabe des BGH vom dynamischen Geschäftsführer darf sich der Testamentsvollstrecker nicht mit nur mäßigem Erfolg seiner Tätigkeit begnügen. Ordnungsmäßig ist aber nicht gleichbedeutend mit erfolgreich. Insofern muss er (nicht alle) Möglichkeiten zum besseren Erfolg wahrnehmen. Sofern die Regeln der Wirtschaftlichkeit beachtet werden und die Risiken sowie Chancen abgewogen wurden, können sogar spekulative Anlagen in Betracht kommen. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass durch spekulative Anlagen nicht die gesamte Nachlassmasse im Falle eines Verlustes benachteiligt wird. Hoch spekulative Anlagen, die mit sehr hohen Risiken behaftet sind, dürften grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Demzufolge sind hoch spekulative Anlagen allenfalls dann zulässig, wenn ein überschaubares Risiko besteht und nicht der Gesamtnachlass betroffen ist.
Rz. 12
Sofern der Erblasser sich für den Kauf bestimmter Wertpapiere entschieden hatte, steht der Testamentsvollstrecker häufig vor der Frage, ob er nicht eine Vermögensumschichtung in günstigere Aktien vornehmen oder gar die Aktien (teilweise) verkaufen muss. Auch wenn die Kurse von sog. "Blue Chips" fallen, muss nicht unbedingt ein Verkauf erfolgen. Im Einzelnen ist die Langfristigkeit immer wieder zu überprüfen. Wird kurzfristig Vermögen benötigt, so kann auch ein Verkauf unter Wert zulässig sein, wenn anderweitige...