Rz. 4

Hält sich der Erblasser an einem Ort auf, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, hat er die Wahl zwischen der Errichtung eines Testaments in der Form des Bürgermeistertestaments (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 2249) oder eines Dreizeugentestaments.

1. Örtliche Absperrung

 

Rz. 5

Die Ursachen der örtlichen Absperrung sind vielfältig: Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Lawinen, Erdbeben, Erdrutsche; aber auch Quarantäne oder Maßnahmen der Polizei oder des Militärs in Krisenregionen können zu einer örtlichen Absperrung i.S.v. Abs. 1 führen. Auch Wegzerstörungen können das Vorliegen der örtlichen Absperrung begründen.[4] Diese Gründe müssen kausal dafür sein, dass der Erblasser einen Notar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erreichen kann.[5] Dabei muss die örtliche Absperrung entweder objektiv oder subjektiv nach Vorstellung des Bürgermeisters oder der drei Zeugen vorliegen. Ist diese Vorstellung bei dem Bürgermeister oder den drei Zeugen nicht gegeben, und liegt auch objektiv keine Absperrung vor, ist das dennoch errichtete Testament nichtig.[6] Die subjektive Vorstellung des Erblassers, die Voraussetzungen einer örtlichen Absperrung seien gegeben, reicht nicht aus. Unbedeutend ist dabei das örtliche Ausmaß der Absperrung (gesamte Gemeinde oder nur das einzelne Haus).[7] An einem solchen Ort muss sich der Erblasser aufhalten. Damit ist der tatsächliche, momentane Aufenthaltsort gemeint, nicht etwa der Wohnsitz.[8] In zeitlicher Hinsicht trifft das Gesetz keine Feststellung. Unerhebliche Zeiträume, in denen die Notsituation besteht, berechtigen jedoch grundsätzlich nicht zur Errichtung eines Dreizeugentestaments.[9]

[4] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 4.
[5] Soergel/Mayer, § 2250 Rn 3.
[6] BGHZ 3, 372.
[7] BGHZ 3, 372.
[8] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 5.
[9] Soergel/Mayer, § 2250 Rn 4; Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2250 Rn 3.

2. Besorgnis, Errichtung vor Notar nicht möglich oder erheblich erschwert

 

Rz. 6

Es reicht aus, dass die Besorgnis, die Errichtung eines Testaments vor einem Notar sei nicht möglich oder erheblich erschwert, bei dem Bürgermeister/den drei Zeugen vorliegt. Liegt diese Besorgnis nicht vor, ist das dennoch errichtete Testament nichtig.[10]

[10] BGHZ 3, 372; KG Rpfleger 1968, 391.

3. Besorgnis des vorzeitigen Ablebens

 

Rz. 7

Die Besorgnis des vorzeitigen Ablebens ist i.R.d. Abs. 1 keine Voraussetzung (im Unterschied zu § 2249 BGB). Errichtet der Erblasser das Testament bei örtlicher Absperrung vor dem Bürgermeister, ist daher das Vorliegen der Besorgnis vorzeitigen Ablebens nicht erforderlich.

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