Rz. 5
Nach h.M. ist es ausreichend, wenn sich aus der letztwilligen Verfügung der Wille ergibt, ein Testament nicht zur Geltung bringen zu wollen. Hierzu können auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden. Danach ist ein in Form einer letztwilligen Verfügung errichteter Widerrufsvermerk, dessen Inhalt sich erst i.V.m. einem maschinengeschriebenen Text erkennen lässt, als gültiges Widerrufstestament zu behandeln. Insoweit kann auch auf einen formunwirksamen Teil einer Verfügung Bezug genommen werden. Für die Formwahrung genügt aber nicht, wenn die Verfügung objektiv nicht lesbar ist und ein Widerruf ausschließlich über außerhalb der Urkunde liegende Umstände ermittelt werden kann.
Rz. 6
Nicht notwendig ist, dass der Erblasser in seinem Widerrufstestament auch den Begriff "Widerruf" verwendet. Maßgeblich ist auch hier vor allem die Tatsache, ob sich der eindeutige Wille des Erblassers, eine vorangegangene letztwillige Verfügung zu widerrufen, erkennen lässt. Das Widerrufstestament kann sich inhaltlich auf alle bislang errichteten Verfügungen, auf einzelne oder auch nur auf Teile von letztwilligen Verfügungen beziehen. Bei einer allg. Widerrufsklausel in einem späteren Testament, in dem alle bisherigen Testamente widerrufen werden, ist der Umfang und die Reichweite des Widerrufs durch Auslegung zu ermitteln, bspw. ob dadurch auch handschriftliche Testamente gemeint sind, in denen der Erblasser lediglich ein Vermächtnis angeordnet hat. Wird ein früheres Testament durch ein späteres ganz oder teilweise aufgehoben und wird das spätere Testament widerrufen, so wird das frühere Testament nur dann nicht wieder wirksam, wenn sich der Wille des Erblassers im Zeitpunkt des Widerrufs positiv feststellen lässt, die Wirksamkeit des früheren Testaments nicht wiederherzustellen.
Rz. 7
Der Erblasser kann auch gleichzeitig im Widerrufstestament die teilweise widerrufenen letztwilligen Verfügungen ersetzen. Abzugrenzen ist der Widerruf durch das Testament (§ 2254 BGB) im Verhältnis zum Widerruf durch ein späteres widersprechendes Testament (§ 2258 BGB) dann, wenn der Erblasser im Widerrufstestament nicht alle letztwilligen Verfügungen widerrufen hat und Teile von letztwilligen Verfügungen im Widerrufstestament ersetzt hat. In einem solchen Fall kommt nur eine Aufhebung durch widersprechendes Testament in Betracht.
Rz. 8
Wie jede letztwillige Verfügung kann der Widerruf durch Widerrufstestament auch unter einer Bedingung erfolgen.