Rz. 14

Soweit nicht wechselbezügliche Verfügungen betroffen sind, kommt es auf den wirklichen oder hypothetischen Aufrechterhaltungswillen des jeweiligen Verfügenden zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an.[19] Liegen keine Anhaltspunkte für die Ermittlung des tatsächlichen Willens zum Zeitpunkt der Testierung vor, so muss aufgrund der Umstände des Einzelfalls der hypothetische Erblasserwille ermittelt werden. Wie auch sonst können dabei Tatsachen, die erst nach Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments eingetreten sind, nur als Indizien für den wirklichen oder hypothetischen Erblasserwillen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung berücksichtigt werden.[20] Lässt sich bei dem einen Ehegatten auf diese Art und Weise ein Aufrechterhaltungswille feststellen, bei dem anderen hingegen nicht, jeweils hinsichtlich bestimmter Verfügungen, die nicht wechselbezüglich sind, so ist daher die Verfügung des einen Ehegatten wirksam, die des anderen unwirksam.[21] Wenn dem Aufrechterhaltungswillen mehrere Überlegungen zugrunde lagen, muss auszuschließen sein, dass die Erwartung, die Ehe werde fortbestehen, sich neben den anderen Gründen als wesentlich mitbestimmend für die Entscheidung der Aufrechterhaltung ausgewirkt hat.[22]

[20] BGH FamRZ 1960, 29; BGH FamRZ 1961, 364, 366; BayObLG NJW 1996, 133, 134.
[21] Soergel/Wolf, § 2268 Rn 3; Muscheler, DNotZ 1994; 733, 740.
[22] OLG Hamm OLGZ 1992, 272, 277; BayObLG NJW 1996, 133; Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2268 Rn 9.

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