Rz. 270
Bei Kapitalgesellschaften ist die in den Geschäftsanteilen (GmbH) bzw. den Aktien (AG) verbriefte Mitgliedschaft frei vererblich (§ 15 GmbHG). Mit dem Erbfall fällt automatisch auch die Mitgliedschaft gem. § 1922 Abs. 1 BGB dem Erben, ggf. der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand (§§ 2032 ff. BGB bzw. § 18 GmbHG, § 69 AktG), an.
Dieser freien Vererblichkeit steht es aber nicht entgegen, in der Satzung der Gesellschaft eine den individuellen Verhältnissen angepasste Regelung über die Nachfolge in Anteile eines versterbenden Gesellschafters zu treffen. Dabei sind die verschiedenartigsten Bestimmungen denkbar und zulässig. Gemeinsam ist ihnen, dass sie unmittelbar die gesellschaftsrechtliche Behandlung des vererbten Geschäftsanteils betreffen und daher auch nicht durch letztwillige Verfügung abgedungen werden können.
Rz. 271
Bei der GmbH sind insbesondere die Zwangseinziehungsklausel und die Zwangsabtretungsklausel recht weit verbreitet. Auch die Kaduzierung von Anteilen oder andere Beschränkungen der Rechte der Erben kann die Satzung vorsehen, so z.B. die Vinkulierung der Geschäftsanteile. Denkbar und zulässig sind auch satzungsmäßige Regelungen, durch die die Mitgliedschaftsrechte des Erben inhaltlich beschränkt werden. Solange durch diese Beschränkungen der Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts nicht ausgehöhlt wird und sie sich sachlich rechtfertigen lassen, bestehen insoweit keine Bedenken. Bestimmungen, denen zufolge der Erbe beispielsweise sein Stimmrecht oder das Bucheinsichtsrecht nach § 51a GmbHG nur durch einen Bevollmächtigten ausüben darf, wenn er Wettbewerber des Unternehmens der Gesellschaft ist, sind daher zulässig.
Rz. 272
Der Gesellschaftsvertrag kann aber vorsehen, dass beim Tode eines Gesellschafters sein Geschäftsanteil eingezogen werden darf oder muss. Soweit dies in der Satzung einer GmbH vorgesehen ist, kann die Einziehung der Geschäftsanteile auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bzw. seiner Erben erfolgen (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Voraussetzung für die Durchführung der Einziehung ist jedoch nach dem Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals (§ 34 Abs. 3 i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG), dass der einzuziehende Geschäftsanteil voll eingezahlt ist. Im Übrigen hat die Einziehung von Geschäftsanteilen zu unterbleiben, wenn bzw. soweit nicht sichergestellt ist, dass eine etwaige Abfindung an den oder die Erben aus das Stammkapital übersteigenden Mitteln der Gesellschaft geleistet werden kann. Diese Voraussetzungen hat die Gesellschaft stets vor der Einziehung zu prüfen. Somit scheidet eine "automatische" Amortisation, deren einzige Bedingung im Tod des Gesellschafters besteht, aus.
Rz. 273
Gesellschaftsvertragliche Zwangsabtretungsklauseln können vorsehen, dass der ererbte bzw. vermächtnisweise erworbene Geschäftsanteil an einen anderen Gesellschafter, an einen vom Erblasser bestimmten Dritten oder eine von der Gesellschaft zu bestimmende Person oder auch die Gesellschaft selbst abgetreten werden muss. Aus solchen Vereinbarungen ist im Regelfall die Gesellschaft selbst anspruchsberechtigt, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch auch den Mitgesellschaftern oder sogar den Begünstigten das Recht einräumen, die Abtretung zu verlangen. In diesem Fall richtet sich das Forderungsrecht des Begünstigten – soweit nicht dem Vertrag ein abweichender Wille zu entnehmen ist – unmittelbar gegen den Gesellschaftererben, nicht etwa gegen die Gesellschaft.
Rz. 274
Auch bei Aktiengesellschaften kann statutarisch die Einziehung von Aktien vorbehalten werden, wenn diese an Erben gelangen, die nicht als Nachfolger erwünscht sind. Ob bei Eintritt eines dieses Falles aber tatsächlich eine Einziehung erfolgen kann, lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Denn im Hinblick auf §§ 53a, 54, 55 AktG erscheint es aktienrechtlich problematisch, Aktionären Pflichten aufzuerlegen, die (eindeutig) über die Kapitaleinzahlungsverpflichtung hinausgehen und nicht in der Erbringung wiederkehrender Leistungen bestehen. Aus § 54 Abs. 1 AktG ergibt sich, dass den Aktionär neben der Einlagepflicht keine weiteren Pflichten treffen, soweit diese nicht in der Satzung festgelegt sind. Vor diesem Hintergrund ist ein Ausschluss eines Gesellschafters aus in seiner Person liegenden bzw. verhaltensbezogenen Gründen stets problematisch und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen § 54 Abs. 1 AktG. Das gilt auch für die Ausübung eines satzungsmäßig vorgesehenen Einziehungsrechts beim Übergang von Aktien an satzungsmäßig unerwünschte Personen. So begründete Einziehungen können daher überhaupt nur in Betracht kommen, wenn die AG als solche mitunternehmerisch, also personal strukturiert ist. Denn nur in diesem Fall kann die Persönlichkeit eines Aktionärs bzw. seine Identität als Störung der Erreichung der von der AG verfolgten Zwecke in Betracht kommen. Demzufolge m...