aa) Grundsätzliches
Rz. 121
Gebäude gehören grundsätzlich zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB). Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes sind auch die zur Herstellung desselben eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB), so dass deren Wert auch Teil des Grundstückswerts ist. Jedoch sind auch hier Ausnahmen zu beachten: Nach § 95 Abs. 1 BGB sind Scheinbestandteile eines Grundstücks, die somit nicht als seine wesentlichen Bestandteile anzusehen sind, solche, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, oder Gebäude oder andere Werke, die in Ausübung eines dinglichen Rechts an diesem Grundstück (etwa Erbbaurecht, vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) von dem Berechtigten hiermit verbunden wurden. Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt wurden, sind ebenfalls nicht Bestandteil des Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB).
Rz. 122
Nur soweit für die vorhandenen Gebäude die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, insbesondere die Baugenehmigung, vorliegen, können diese bei der Ermittlung des Verkehrswerts werterhöhend berücksichtigt werden. Denn anderenfalls droht wegen des baurechtswidrigen Zustands ein Bußgeld, eine Nutzungsuntersagung, eine Stilllegungs- oder im Einzelfall sogar eine Rückbau- oder Abrissverfügung. Zur Überprüfung müssen die entsprechenden Genehmigungsunterlagen eingesehen werden, insbesondere die einschlägigen Bauakten bei den Baugenehmigungsbehörden (Bauaufsichtsbehörden). Echte Schwarzbauten sind zwar selten, jedoch fehlen für nachträgliche Umbauten, Erweiterungen oder baurechtliche Nutzungsänderungen mitunter am Stichtag die erforderlichen Genehmigungen, die sich i.d.R. nach den Bestimmungen der Landesbauordnungen richten. Wird ein solcher Tatbestand festgestellt, so kommt es weiter darauf an, ob ein nur formal baurechtswidriger Zustand vorliegt, weil das Bauwerk zwar so nicht genehmigt, aber immerhin genehmigungsfähig ist, oder aber ob es materiell baurechtswidrig ist, weil es auch nicht genehmigungsfähig ist. Denn bewertungsrelevant sind nach § 16 Abs. 4 ImmoWertV nur irreparable Abweichungen der tatsächlichen von der (rechtlich) zulässigen Grundstücksnutzung. Ohne Einschaltung der Baubehörde steht der Gutachter dabei allerdings oftmals vor einer schwierigen Prognoseentscheidung.
Für die Bewertung bebauter Grundstücke kommen – wie bereits angesprochen – unterschiedliche Bewertungsverfahren in Betracht. Die Auswahl der Bewertungsmethode hängt dabei vor allem von der Art des bebauten Grundstücks sowie den für die Bewertung zur Verfügung stehenden Daten und Informationen ab. Die für Immobilienbewertungen im Rahmen pflichtteilsrechtlicher Fragestellungen praktisch bedeutsamsten Aspekte sollen nachfolgend kurz umrissen und erläutert werden.
bb) Bewertung selbstgenutzter Immobilien
Rz. 123
Zur Ermittlung des Werts selbstgenutzter Immobilien – vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser – wird i.d.R. auf das Sachwertverfahren zurückgegriffen. Denn der Preis, den ein potenzieller Erwerber für eine Immobilie, die er selbst nutzen will, zu zahlen bereit wäre, hängt i.d.R. davon ab, wie viel er für ein anderes Grundstück in vergleichbarer Lage aufwenden müsste und welche Kosten die Herstellung eines vergleichbaren Gebäudes auf diesem Grundstück verursachen würde. Die Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten stehen hingegen nicht im Vordergrund. Prinzipiell wird dabei wie folgt vorgegangen:
Rz. 124
Das Sachwertverfahren geht von der Vorstellung aus, dass die Ersatzbeschaffungskosten der zu bewertenden Immobilie für deren Bewertung maßgeblich sind. Sein Anwendungsbereich ist daher immer dann eröffnet, wenn die Kosten der Ersatzbeschaffung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr als preisbestimmend angesehen werden können.
Rz. 125
Den Ausgangspunkt der Wertermittlung mit Hilfe des Sachwertverfahrens bilden die gewöhnlichen Herstellungskosten unter Berücksichtigung der am Wertermittlungsstichtag vorherrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie sie im Falle einer Neuerrichtung des Bewertungsobjekts anfallen würden. Es geht also im Grunde nicht um die Reproduktion des bestehenden Objekts (unter Zugrundelegung des im Errichtungszeitpunkt gültigen Baustandards etc.), sondern um die "neuzeitlichen Erstbeschaffungskosten". Auf diese Weise ergibt sich (nach §§ 21–23 ImmoWertV) ein vorläufiger Sachwert, der anschließend mit Hilfe von sog. Sachwertfaktoren (die empirisch aus Beobachtungen am Grundstücksmarkt abgeleitet werden) den tatsächlichen Verhältnissen am Grundstücksmarkt im Bewertungszeitpunkt anzupassen ist (Marktanpassung nach § 21 Abs. 1 ImmoWertV). Außerdem sind auch die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 und 3 ImmoWertV zu berücksichtigen. Die einzelnen Schritte des Verfahrens stellen sich – grob umrissen – wie folgt...