(1) Prognose der künftigen finanziellen Überschüsse (Phasenmethode)
Rz. 209
Der entscheidende Gesichtspunkt für die Feststellung des Unternehmenswerts ist die zukünftige Ertragskraft. Deren Einschätzung erfordert – jedenfalls vom Stichtag aus betrachtet – eine entsprechende Zukunftsprognose.
Rz. 210
Insoweit hat sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, dass die Prognose auf detaillierteren Planungen der Zukunftsergebnisse beruhen sollte. Dabei sind für alle wesentlichen erfolgswirksamen Faktoren einzelne Pläne aufzustellen, die – jeder für sich – mit den entsprechenden Vergangenheitsergebnissen korrelieren. Um die in der Vergangenheit tatsächlich entscheidenden Erfolgsfaktoren erkennbar zu machen, sind die Vergangenheitsrechnungen – üblicherweise der letzten fünf Jahre – zu bereinigen.
Rz. 211
Da die Planungssicherheit mit wachsendem zeitlichem Abstand zum Stichtag naturgemäß abnimmt, wird die – jedenfalls theoretisch unendliche – Zukunft des Unternehmens in verschiedene Phasen zerlegt. Im Allgemeinen werden zwei Phasen unterschieden:
Rz. 212
Für die erste, also dem Stichtag am nächsten liegende Phase (drei bis maximal fünf Jahre) können noch relativ genaue Vorausberechnungen angestellt werden, die auf Einzelplanansätzen der jeweiligen Aufwendungen und Erträge beruhen.
Rz. 213
Bei der Betrachtung der zweiten Phase sind Einzelplanansätze zumeist nicht mehr möglich, vielmehr beruhen die Ertragsprognosen auf allgemeinen Trenderwartungen, die auf den vorangegangenen Planungen aufbauen und in konstanten oder konstant wachsenden Erträgen resultieren. Da den Annahmen für diese zweite Phase im Rahmen der Bewertung erhebliches Gewicht zukommt, sind die hier getroffenen Annahmen besonders kritisch zu überprüfen. Dabei ist insbesondere das Unternehmenskonzept mit den erwarteten Rahmenbedingungen des Marktes und des Wettbewerbs sowie deren Veränderungen abzustimmen. Eine Kontrolle anhand von Branchenkennzahlen (z.B. Umsatzrenditen) ist praktisch unerlässlich.
(2) Kapitalisierung der künftigen finanziellen Überschüsse
Rz. 214
Als Zukunftserfolgswert stellt sich der Unternehmenswert als auf den Bewertungsstichtag diskontierter Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse dar. Im Regelfall ist von einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens auszugehen; bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine nur begrenzte Lebensdauer, ist dies entsprechend zu berücksichtigen.
Rz. 215
Bei unterstellter unbegrenzter Lebensdauer des Unternehmens entspricht der Unternehmenswert dem Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzüglich des Barwerts der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen. Bei nur begrenzter Lebensdauer ist im Rahmen der Barwertermittlung der Zeitpunkt der Aufgabe des Unternehmens zu berücksichtigen; der Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus der Unternehmensaufgabe (z.B. der Liquidation) ist dem Barwert der laufenden finanziellen Überschüsse hinzu zu addieren.
Rz. 216
Im Hinblick auf die einer zukunftsbezogenen Bewertung immanenten Prognoseunsicherheiten sowie die mit einem unternehmerischen Engagement stets verbundenen Chancen und Risiken, ist beim Abzinsungsfaktor eine Risikoprämie zu berücksichtigen. Insoweit gehen Theorie und Praxis übereinstimmend davon aus, dass die Wirtschaftssubjekte künftige Risiken stärker gewichten als zukünftige Chancen (Risikoaversion). Insoweit kann die sog. Zinszuschlagsmethode derzeit als Standard angesehen werden.
Rz. 217
In der Praxis kann die Höhe des Risikozuschlags nur mit vereinfachenden Annahmen festgelegt werden. Hierfür bilden am Markt beobachtete Risikoprämien zumeist eine geeignete Ausgangsgröße, die an der Besonderheiten des jeweiligen Bewertungsfalls anzupassen ist. Eine bloße Übernahme beobachteter Risikoprämien scheidet grundsätzlich aus, da sich das zu bewertende Unternehmen naturgemäß mehr oder weniger stark von den Vergleichsunternehmen unterscheidet, für die Risikoprämien am Markt tatsächlich beobachtet wurden.
Rz. 218
Rechnerisch lässt sich der Unternehmenswert entweder direkt (einstufig) durch Nettokapitalisierung ermitteln, indem die um Fremdkapitalkosten verminderten finanziellen Überschüsse in einem Schritt diskontiert werden. Dies ist die Vorgehensweise beim klassischen Ertragswertverfahren sowie im Rahmen des sog. Equity-Ansatzes beim DCF-Verfahren. Der Unternehmenswert lässt sich aber auch indirekt (mehrstufig) durch Bruttokapitalisierung er...