Rz. 7
Ein Erbschein muss die Rechtslage im Todeszeitpunkt wiedergeben, also die Rechtsnachfolge nach dem Tode des Erblassers. Da diese Rechtsnachfolge aber durch Verfügung von Todes wegen durch den Erblasser einschränkbar ist, nämlich durch die Verfügung, dass lediglich eine Vor- und Nacherbschaft oder eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, ist es unverzichtbar, diese Beschränkungen, wie sich dies auch aus § 352b FamFG (früher §§ 2363, 2364 BGB) ergibt, in dem Erbschein zu vermerken.
1. Vor- und Nacherbfolge/Ersatzerbeneinsetzung für den Nacherben
Rz. 8
Der Erblasser kann durch eine Verfügung von Todes wegen eine sog. Vor- und Nacherbschaft anordnen. Häufig kann sich eine solche Anordnung auch durch eine entsprechende Auslegung der letztwilligen Verfügung von Todes wegen ergeben, wobei auf die Kommentierung der §§ 2100 ff. BGB verwiesen sei. Da eine Nacherbenanordnung den Vorerben erheblich in seiner Verfügungsmacht einschränken kann, ist diese Anordnung im Erbschein zu vermerken. Es hat ein sog. Nacherbenvermerk zu erfolgen. Ein Vermerk von Ersatznacherben hat ebenfalls bereits im Erbschein des Vorerben zu erfolgen; diese heute überwiegende Meinung dürfte auch dem Verkehrsschutz, dem Vorerben und den Ersatznacherben gerecht werden. Wurde vom Erblasser kein Ersatznacherbe benannt oder lässt sich ein solcher auch nicht durch eine entsprechende Auslegung ermitteln, so ist die Anwartschaft des Nacherben im Zweifel vererblich gem. § 2108 BGB. Zur Abgrenzungsproblematik zwischen § 2069 u. § 2108 BGB vgl. im Einzelnen die dortigen Kommentierungen.
Rz. 9
Die Frage, ob auch ein Vermerk aufzunehmen ist, wonach gerade kein Ersatzerbe vom Erblasser bestimmt wurde, ist wohl mit der h.M. zu verneinen. Es dürfte für den Rechtsverkehr genügen, wenn lediglich für den Fall, dass der Erblasser gerade keine Vererblichkeit wünschte, dieses vermerkt wird. Der Erbschein des Vorerben ist nach dessen Tod einzuziehen, da dieser Erbschein durch den Eintritt des Todes des Vorerben unrichtig wird.
2. Testamentsvollstreckung
Rz. 10
Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung stellt eine erhebliche Einschränkung für den Erben dar. Deshalb ist sie nach § § 352b Abs. 2 FamFG im Erbschein zu vermerken. Auf das Testamentsvollstreckerzeugnis finden nach § 2368 BGB die Regelungen des Erbscheins (§§ 2353 ff. BGB) entsprechende Anwendung. Das Testamentsvollstreckerzeugnis genießt grds. öffentlichen Glauben und es gilt die Rechtsvermutung des § 2365 BGB, wonach dem Testamentsvollstrecker die Befugnis der Testamentsvollstreckung über den Nachlass oder Teile davon zusteht, und dass er nicht durch andere als in dem Zeugnis angegebene Anordnungen beschränkt ist.
3. Weitere Verfügungsbeschränkungen
Rz. 11
Beschränkungen des Erben können sich auch dadurch ergeben, dass sich im Nachlass bspw. ein Grundstück befindet, welches im Ausland liegt. Die Rspr. und die h.M. befürworten für diese Fälle, einen sog. Geltungsvermerk im Erbschein aufzunehmen, woraus sich ergeben soll, dass der Erbschein sich gerade nicht auf die im Ausland befindlichen unbeweglichen Vermögensteile des Nachlasses erstrecken soll. Der h.M. und der Rspr. ist insoweit zu folgen, da sich in der Praxis gerade im internationalen Rechtsverkehr erfahrungsgemäß zeigt, dass klare und deutliche Abgrenzungen hilfreich sind, gerade um im Ausland in Fällen von Nachlassspaltungen zügig Rechtsänderungen im Wege der Rechtsnachfolge erreichen zu können. Da nach wie vor in vielen Ländern durch die Anwendung der lex rei sitae Nachlassspaltung eintritt, ist ein Geltungsvermerk empfehlenswert. Auch um der Rechtsvermutung des § 2365 BGB entsprechen zu können, sollte ein Geltungsvermerk in den Erbschein aufgenommen werden. Der sich daraus ergebende Mehraufwand ist deshalb vertretbar.
Rz. 12
Die Frage, ob durch das Weglassen eines von der Rechtslage gebotenen Geltungsvermerks, also gerade für den Fall der Nachlassspaltung, ein Erbschein unrichtig ist und insofern eingezogen werden müsste, ist str. Konsequenterweise ist nach der Rspr. und h.M ein Erbschein ohne entsprechenden Geltungsvermerk als unrichtig einzuziehen. Denn ansonsten ergibt sich für den Rechtsverkehr der Eindruck eines unbeschränkt für das gesamte Vermögen gültigen Erbscheins, und dies sollte gerade i.S.d. § 2365 BGB vermieden werden.