Rz. 32

Soweit ein selbstständiger Gewerbebetrieb zum Inlandsvermögen gehört, sind hinsichtlich seiner Bewertung keine Besonderheiten zu beachten. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es sich lediglich um den Teil eines ausländischen Gewerbebetriebes handelt; denn dann kann der Wert des zum Inlandsvermögen gehörenden Teils entweder nach der sog. direkten oder der indirekten Methode bestimmt werden. Auch wenn grundsätzlich die direkte Methode vorrangig anzuwenden ist,[117] hängt die konkrete Auswahl dennoch von den Umständen des Einzelfalles ab. Die direkte Methode kann insbesondere dann unproblematisch angewendet werden, wenn für die inländische Betriebsstätte eine selbstständige Buchhaltung vorhanden ist. Sofern die Bewertung entsprechend den Vorgaben des seit dem 1.1.2009 geltenden Erbschaftsteuerrechts auf der Grundlage einer ordentlichen Unternehmensbewertung erfolgt, dürften entsprechende Finanzplan-Daten der deutschen Betriebsstätte ausreichen, auch wenn keine den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechende Buchführung existiert. Nach der direkten Methode ist der Wert des inländischen Betriebsvermögens nach denselben Grundsätzen zu bestimmen, wie wenn es sich um das Betriebsvermögen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen handeln würde. Es gelten also die allgemeinen bewertungsrechtlichen Vorschriften. Modifikationen erfahren diese allerdings bei der Behandlung von Verbindlichkeiten, soweit deren Gläubiger die ausländische Hauptniederlassung ist. Denn von der ausländischen Zentrale gewährte Kredite oder sonstiges Fremdkapital, für das keine Zinsen berechnet werden, werden regelmäßig wie Eigenkapital behandelt.[118] Handelt es sich bei der inländischen Betriebsstätte um ein Vertriebsunternehmen, das aus dem Ausland mit Waren beliefert wird, können (fiktive) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen anzusetzen sein, wenn die aus dem Ausland bereitgestellten Warenvorräte über eine sog. Erstausstattung hinausgehen.[119] Schwierigkeiten kann auch die Behandlung von durch Dritte gewährten Krediten bereiten, wenn bei deren Ausreichung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesamtunternehmens und nicht der isoliert betrachteten Betriebsstätte abgestellt wurde. Auch bei Kreditaufnahmen durch das Gesamtunternehmen, die teilweise auf die inländische Betriebsstätte entfallen, kann eine Aufteilung der Verbindlichkeiten erforderlich sein.[120]

 

Rz. 33

Nach der indirekten Methode wird zunächst das Betriebsvermögen des Gesamtunternehmens ermittelt. Hiernach ist dessen Wert auf die inländischen und die ausländischen Betriebsstätten bzw. Betriebsteile aufzuteilen.[121] Welche Wirtschaftsgüter zur inländischen Betriebsstätte gehören, ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen,[122] wobei stets ein funktionaler Zusammenhang zu der in der Betriebsstätte ausgeübten Tätigkeit bestehen muss.[123] Da eine genaue Allokation der anteiligen Unternehmenswerte sich in der Praxis äußerst schwierig gestaltet, läuft die Bewertung meist auf eine Schätzung nach § 162 AO hinaus.

[117] Auf die indirekte Methode kann nur noch ausnahmsweise zurückgegriffen werden, BFH v. 27.7.1965 – I 110/63 S, BStBl III 1966, 24.
[121] Vgl. Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 121 Rn 13.
[122] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 121 Rn 13.
[123] BFH v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl II 2008, 510; Anm. Früchtl, BB 2008, 1212.

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