Rz. 1
§ 28 ErbStG flankiert mit seinen Stundungsregelungen die Verschonungsvorschriften der §§ 13a–13d sowie § 19a ErbStG. Diejenige Erbschaftsteuer, die nach Anwendung der Verschonungsregelungen überhaupt noch erhoben wird, kann unter bestimmten Voraussetzungen – teilweise sogar zinslos – gestundet werden. Gegenüber den allgemeinen Stundungsregelungen des § 222 AO bildet § 28 ErbStG eine lex specialis, die dem Steuerpflichtigen sogar einen Anspruch auf Stundung gewährt, nicht lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch die Finanzverwaltung.
Rz. 2
Da die Gewährung der Stundung auf die im Hinblick auf die Art des erworbenen Vermögens verminderte Leistungsfähigkeit des Erwerbers abstellt, ist sie – jedenfalls dem Grunde nach – verfassungsrechtlich unbedenklich. Im Hinblick auf die früher sehr erheblichen Anforderungen an die Erfüllung der Stundungsvoraussetzungen und vor dem Hintergrund der doch sehr weitgehenden Verschonungen für Produktivvermögen war der "traditionelle" Anwendungsbereich von § 28 ErbStG a.F. zwischenzeitlich ziemlich eingeschränkt. Das galt insbesondere unter der Geltung des ErbStG 2009. Durch das ErbStG 2016 wurde der Stundungsanspruch auf sämtliches begünstigtes Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG (also auch Kapitalgesellschaftsanteile) ausgeweitet. Außerdem stellt das Gesetz im Grunde keine weiteren Bedingungen, so dass die praktische Bedeutung der Norm wieder gestiegen ist. Allerdings gilt sie nach dem ErbStG 2016 nur noch für Erwerbe von Todes wegen.
Weitere (geringfügige) Modifikationen ergaben sich durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen etc.
Rz. 3
§ 28 Abs. 1 ErbStG wurde – wie gesagt – durch das ErbStG 2016 weitgehend umgestaltet. Die Möglichkeiten einer Stundung der auf begünstigtes Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG entfallenden Erbschaftsteuer wurden neu geregelt. Insbesondere wurde die Anwendbarkeit der Norm auch auf Kapitalgesellschaftsbeteiligungen ausgedehnt, für deren Erwerb zuvor keine Stundung in Betracht kam. Gleichzeitig wurde der maximale Stundungszeitraum von zehn auf sieben Jahre reduziert und die (mögliche) Zinslosigkeit auf das erste Jahr der Stundung begrenzt. Ebenso hat der Gesetzgeber mögliche Gründe für die (vorzeitige) Beendigung der Stundung ausdrücklich in die Norm aufgenommen und im Übrigen klargestellt, dass eine Stundung derjenigen Steuer, die auf einem Verstoß des Steuerpflichtigen gegen die Lohsummenbedingungen (§ 13a Abs. 3 ErbStG) oder gegen die Behaltensverpflichtungen (§ 13a Abs. 6 ErbStG) beruht, nicht (erneut oder erstmalig) erfolgen kann. Das schließt aber eine Stundung der Steuer auf verbleibendes Vermögen, für das die Voraussetzungen (nach wie vor) vorliegen, nicht aus.
Rz. 4
Der mit dem ErbStG 2009 eingeführte (und zuletzt durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen etc. ergänzte) § 28 Abs. 3 ErbStG enthält eine Stundungsmöglichkeit auch für eigengenutzten oder zu Wohnzwecken vermieteten Grundbesitz, wenn eine sofortige Bedienung der Erbschaftsteuerverpflichtung nur durch Veräußerung dieses Grundbesitzes möglich wäre. Hierdurch ergibt sich eine deutlich höhere Zahl praktischer Anwendungsfälle als bei Betriebsvermögen bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Denn im Hinblick auf die gegenüber dem früheren Recht deutlich erhöhten erbschaftsteuerlichen Werte von Immobilien ergeben sich hier de facto deutlich höhere Steuerbelastungen als vor 2009. Diese wurden durch die Anhebung der persönlichen Freibeträge nur in sehr eingeschränktem Maße kompensiert. Auch die Verschonungen nach § 13d ErbStG schaffen nur eine vergleichsweise geringfügige Linderung. Außerdem ist § 28 Abs. 3 ErbStG sowohl auf Erwerbe von Todes wegen als auch auf Schenkungen unter Lebenden anwendbar.
Rz. 5
Die Stundung kann grds. von jedem Erwerber von Todes wegen (bzw. im Falle des Abs. 3 von jedem Beschenkten) in Anspruch genommen werden. Ein bestimmtes Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erwerber und Erblasser/Schenker ist nicht erforderlich. Die Stundung ist gem. § 28 Abs. 2 ErbStG auch in Fällen der Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) möglich.