Rz. 31
In vielen Fällen erfolgen erbrechtliche Verzichte oder Ausschlagungen sowie die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag des Erblassers zugunsten Dritter auf den Todesfall gegen Abfindungen. Gewöhnlich entfällt dann die Erbschaftsteuer für das ausgeschlagene Erbrecht oder auf den Verzicht des Erbrechts rückwirkend. An die Stelle des Erbrechts tritt erbschaftsteuerlich die Abfindung. Dies gilt allerdings nicht beim geltend gemachten Pflichtteilsanspruch (siehe Rdn 23 und 26). Die Steuer für die Abfindung entsteht an dem späteren Zeitpunkt des Verzichts oder der Ausschlagung – zu den dann geltenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen. Ist die Rechtswirksamkeit der Abfindungsvereinbarung durch eine aufschiebende Bedingung oder Befristung hinausgeschoben, entsteht die Steuer noch später erst mit dem Eintritt der Bedingung oder des bestimmten Anfangstermins; insofern geht die Regelung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG vor. Auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Abfindungssumme kommt es nicht an, weil das Gesetz als Besteuerungstatbestand den Vermögenszuwachs erblickt, der sich in dem Abfindungsanspruch konkretisiert (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG).
War eine Abfindungsleistung nicht Gegenstand der Vereinbarung über den Verzicht oder die Ausschlagung und wird gleichwohl ein Vermögensausgleich geleistet, entsteht ein Steueranspruch für das hierfür Zugewandte erst im Zeitpunkt der Leistung.
Ist eine Abfindungszahlung bei Pflichtteilsverzicht (vor Geltendmachung Rdn 23, 26) bis zum Tod des zweitversterbenden Elternteils unverzinslich gestundet, wäre streng genommen die Abfindungsverbindlichkeit mit der Abfindungsvereinbarung entstanden. Der BFH verneint in solchen Fällen aber die wirtschaftliche Belastung mit dieser Verbindlichkeit, weil kaum damit zu rechnen ist, dass es überhaupt zu einer Zahlung kommen wird. Das FG Baden-Württemberg ging in einem Fall der verzinslichen Stundung der Abfindung davon aus, dass aufgrund der Verpflichtung zu Zinszahlungen i.H.v. 4 % jährlich eine wirtschaftliche Belastung vorlag, d.h. die gestundete Abfindungsverpflichtung (Hauptforderung) als Nachlassverbindlichkeit abziehbar sei.
Die Erbschaftsteuer entsteht nach einer Ergänzung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f ErbStG im Fall einer Erklärung über das Nichtgeltendmachen einer Erbenstellung im Zeitpunkt der Abgabe der entsprechenden Erklärung. Die Ergänzung steht im Zusammenhang mit der Einbeziehung einer Abfindung, die dafür gewährt wird, dass eine Rechtsstellung, insbesondere eine Erbenstellung, oder ein Recht oder ein Anspruch, die zu einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 ErbStG (Erbanfall, Vermächtnis, Pflichtteil) führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht werden. Bei der Abfindung für die Nichtgeltendmachung insb. einer Erbenstellung geht es vor allem um Erklärungen künftiger Erben auf Verzicht der Erbenstellung; Näheres siehe § 3 ErbStG Rdn 50.