Rz. 18
Ist auf eine testamentarische Verfügung hin ein Testamentsvollstrecker eingesetzt worden (§§ 2197 ff. BGB) oder wurde durch das Nachlassgericht die Nachlassverwaltung angeordnet (§ 1981 BGB), so darf der Bescheid nicht dem Betroffenen bekannt gegeben werden. § 32 Abs. 1 ErbStG enthält hierzu die Sonderregel, dass die Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter als Bekanntgabeadressat zu erfolgen hat. Der einen Erwerb durch Vermächtnis betreffende Steuerbescheid ist nur dann dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben, wenn dieser die Erbschaftsteuererklärung tatsächlich abgegeben hat oder zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet war. Dies ist der Fall, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das Finanzamt die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt hat. Unerheblich ist, ob der Testamentsvollstrecker die Erklärung tatsächlich abgegeben hat oder die Erbschaftsteuerstelle anstelle der erklärten, geschätzten Werte der Veranlagung unterworfen hat. Damit entfaltet der dem Testamentsvollstrecker gegenüber bekannt gegebene Steuerbescheid im Falle einer fehlenden vorherigen Aufforderung gegenüber dem Testamentsvollstrecker mangels Empfangszuständigkeit keine Wirkung und ist damit nichtig. Demzufolge kann der in dieser Art fehlerhaft bekanntgegebene Bescheid die Festsetzungsverjährung nicht wahren und auch keine Einspruchsfrist auslösen. Gleichwohl sollte vorsorglich das Rechtsmittel des Einspruches bzw. ein Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit gestellt werden. Ist der Testamentsvollstrecker jedoch im Rahmen seiner Verwaltung des gesamten Nachlassvermögens nach § 2213 Abs. 1 BGB zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten verpflichtet und kann er demgemäß zur Erfüllung der Steuerschuld aus dem von ihm verwalteten Nachlass herangezogen werden, kann der Steuerbescheid – auch – an ihn gerichtet werden.
Rz. 19
Der Grund für die Sonderregelung ist aus § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG ersichtlich, der diese Personen zur Entrichtung der Steuer aus dem Nachlass verpflichtet. Allerdings entsteht hierdurch weder eine persönliche Steuerschuldnerschaft, noch hat der Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter die Steuer aus dem eigenen Vermögen zu entrichten. Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen sind daher an die Erben zu richten, die die Steuer zu entrichten haben (§ 20 ErbStG). Will das Finanzamt auf den in der Verwaltung des Testamentsvollstreckers befindlichen Nachlass zugreifen, ist hierzu ein Duldungsbescheid nach §§ 77 Abs. 1, 191 AO zu erlassen. Mangels Verfügungsbefugnis kommt eine unmittelbar in den Nachlass gerichtete Vollstreckung auf der Grundlage des Erbschaftsteuerbescheides nicht in Frage. Kehrt der Testamentsvollstrecker den Nachlass vor Entrichtung der Steuer aus und kann diese bei den Erben nicht erhoben werden, so kann er hierfür allenfalls nach §§ 69, 191 AO in Haftung genommen werden. Dies setzt indes eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung der ihm auferlegten Pflichten voraus. Dem widerspricht in Teilen die Rechtsprechung, die eine Haftung des Testamentsvollstreckers verneint, wenn es sich um einen steuerrechtlichen Laien handelt, dem die Pflicht zur Abführung der Steuer nicht bekannt war. Von der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber m.E. abzulehnen, ist eine Haftung des Testamentsvollstreckers nach Eintritt der Nachversteuerungstatbestände (z.B. § 13a Abs. 6 ErbStG). Jedenfalls in Fällen, in denen das Amt des Testamentsvollstreckers auf die Verwaltung des Nachlasses beschränkt ist, trifft ihn kein zurechenbares Verschulden für den Eintritt der Nachhaftungstatbestände, die eine Haftung nach § 69 AO rechtfertigten. Sein Amt wird im Regelfall auf die Erfüllung der Verfügung des Erblassers und die Entrichtung der Steuerschuld beschränkt sein, sich aber nicht auf Pflichten beziehen, die nach Erfüllung dieser Verfügung unmittelbar die Erwerber treffen (z.B. Überwachung der nachlaufenden Verschonungsregelungen nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 4c, 13a Abs. 6 ErbStG).
Rz. 20
Wird der Bescheid entgegen dem Wortlaut des Absatzes 1 den Erben bekannt gegeben, so bleibt dieser Bescheid so lange unwirksam, wie der Bekanntgabemangel nicht geheilt ist. Erst wenn der Bescheid an den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter weitergeleitet wird, gilt der Mangel als geheilt und der Inhalt des Bescheides muss beachtet werden. Ausreichend ist, wenn die Finanzbehörde im Falle eines Einspruchs gegen den (Schein-)Steuerbescheid die hierauf zu erlassende Einspruchsentscheidung unter Beachtung des § 32 ErbStG bekannt gibt, da hierdurch der Bekanntgabemangel geheilt wird. Dies gilt jedenfalls so lange, wie die Heilung vor Ablauf der Festsetzungsverjährung erfolgt ist, da nur der wirksam bekannt gegebene Steuerbescheid diese Frist wahren kann. Der Testamentsvollstrecker ist kein Vertreter der Erben, sondern Träger eines durch letztwillige Verfügung des Erblassers begründeten ...