Gerhard Sievert, Ulrich Gohlisch
Rz. 5
Der Bodenwertanteil ergibt sich aus dem kapitalisierten Unterschiedsbetrag zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins am Bewertungsstichtag. Die Errechnung kann in 5 Schritten vorgenommen werden.
Rz. 6
1. Schritt: Bodenwert
Zunächst ist der Wert des unbebauten Grund und Bodens zu ermitteln, so als ob das im Erbbaurechtswege errichtete Bauwerk nicht vorhanden wäre. Der Wert des unbelasteten Grundstücks ergibt sich gem. § 179 BewG aus der Multiplikation der Fläche mit dem zutreffenden Bodenrichtwert. Näheres siehe Erläuterungen zu § 179 BewG (siehe § 179 BewG Rdn 2 ff.).
Rz. 7
2. Schritt: Ermittlung des Verzinsungsbetrags des Bodenwertanteils
Der Verzinsungsbetrag des Bodenwerts wird aus dem Wert des unbelasteten Grundstücks und einem Liegenschaftszinssatz errechnet. Durch Anwendung des Liegenschaftszinssatzes auf dem Bodenwert ergibt sich der Verzinsungsbetrag. In § 193 Abs. 4 BewG wird angegeben, wie der Liegenschaftszinssatz zu ermitteln ist. Hier ist vorrangig auf Ermittlungen von Liegenschaftszinssätzen der Gutachterausschüsse zurückzugreifen; also ist zunächst Auskunft darüber einzuholen.
Als Reaktion auf die in letzter Zeit ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist die vorliegende Version der Norm geschaffen worden (siehe dazu auch § 188 BewG Rdn 3, 5 und 6). Mit den gesetzlichen Änderungen soll insbesondere eine verfassungskonforme und rechtssichere Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sichergestellt werden, die auf einer sach- und praxisgerechten Anwendung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten der Gutachterausschüsse fußen soll. Die jetzt formulierte Version von § 193 Abs. 4 S. 1 BewG präzisiert dabei i.V.m. § 188 Abs. 2 S. 1 und § 177 Abs. 2 BewG den zeitlichen Anwendungsbereich der von den Gutachterausschüssen abgeleiteten Liegenschaftszinssätze.
Der BFH hat entschieden, dass die vom Gutachterausschuss ermittelten und für die Bewertung des Grundbesitzes erforderlichen Daten (hier: Liegenschaftszinssätze) nur Anwendung finden, wenn der Auswertungszeitraum der Gutachterausschüsse den Bewertungsstichtag mitumfasst. Dies hätte zur Folge, dass für die jeweilige Bewertung auf die Auswertung und Veröffentlichung des Gutachterausschusses für den Auswertungszeitraum gewartet werden muss, der den Bewertungsstichtag mitumfasst. Der vom Gutachterausschuss zugrunde gelegte Auswertungszeitraum ist jedoch vom Gutachterausschuss frei wählbar und hängt auch von den vorhandenen Daten des Gutachterausschusses ab. Dies führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit und gefährdet eine zeitnahe Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer. Mit den Gesetzesanpassungen wird die bisherige Verwaltungsauffassung festgeschrieben, dass wie bei den Bodenrichtwerten die zuletzt ermittelten Daten für die Bewertung maßgeblich sind (vgl. § 188 Abs. 2 S. 1 BewG).
Kann der Gutachterausschuss keine Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stellen, ist hilfsweise auf die in § 193 Abs. 4 S. 2 BewG wiedergegebenen Zinssätze zurückzugreifen. Diese Liegenschaftszinssätze entsprechen denjenigen in § 188 BewG. Die Höhe des Liegenschaftszinssatzes ist von der Grundstücksart abhängig, die Grundstücksarten sind in § 181 BewG definiert.
Beispiel
Bei einem Mietwohngrundstück mit einem Bodenwert von 1 Mio. EUR ergibt sich bei Anwendung des Liegenschaftszinssatzes von 5 % ein Verzinsungsbetrag von 50.000 EUR.
Rz. 8
3. Schritt: Ermittlung des Erbbauzins
Maßgeblich ist der Erbbauzins, der am Bewertungsstichtag zu zahlen ist, umgerechnet auf 12 Monate. Auf die Zahlungsmodalitäten, Zahlungsrückstände u. dgl. kommt es nicht an. Künftige Anpassungen aufgrund von Wertsicherheitsklauseln sind nicht zu berücksichtigen. Wurden Erbbauzinsen in unterschiedlicher Höhe vereinbart, kann ein durchschnittlicher Jahresbetrag aus den insgesamt nach dem Bewertungsstichtag zu leistenden Erbbauzinsen in Abhängigkeit von der Restlaufzeit angesetzt werden.
Rz. 9
4. Schritt: Ermittlung des Unterschiedsbetrags
Der Unterschiedsbetrag ergibt sich, in dem vom Verzinsungsbetrag des Grund und Bodens der maßgebende jährliche Erbbauzinsbetrag abgezogen wird. Wurde das Erbbaurecht unentgeltlich eingeräumt, d.h. ist kein Erbbauzins zu zahlen, stellt zwangsläufig der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts gleichzeitig den Unterschiedsbetrag dar. Ist der jährlich zu zahlende Erbbauzins höher als der Verzinsungsbetrag des Grund und Bodens, kann sich auch ein negativer Unterschiedsbetrag ergeben. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist auch der negative Unterschiedsbetrag den weiteren Berechnungen zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass ein negativer Bodenwertanteil letztlich auch den positiven Gebäudewertanteil mindern kann.
Rz. 10
5. Schritt: Kapitalisierung des Unterschiedsbetrags
Die Kapitalisierung des Unterschiedsbetrags erfolgt durch Multiplikation des Untersc...