Rz. 15
§ 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG regelt die Steuerklasse bei Erwerb infolge der Aufhebung einer Stiftung bzw. der Auslösung eines Vereins. Im Gegensatz zu Satz 1 des § 15 Abs. 2 ErbStG gilt die Begünstigungsregelung in Satz 2 des § 15 Abs. 2 ErbStG für alle Stiftungen und Vereine im In- und im Ausland und gem. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG auch für ausländische Vermögensmassen sowie bei Zuwendungen an Zwischenberechtigte. Auch wenn der Trust/die ausländische Vermögensmasse oder der settlor/trustor als Zuwendender angesehen wird, kommt es für den Erwerb des Zwischenberechtigten auf dessen Verhältnis zum Zuwendenden an. Erhält z.B. ein im Inland unbeschränkt steuerpflichtiges Kind des settlors/trustors als Begünstigter eine Zuwendung, kann es den persönlichen Freibetrag von 400.000 EUR von der Zuwendung abziehen.
Bei Aufhebung einer Familienstiftung bzw. eines Familienvereins gilt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStG als Schenkung unter Lebenden, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird. Die "Auflösungsbesteuerung" betrifft – anders als die "Erwerbsbesteuerung" – neben den inländischen Familienstiftungen und -vereinen nach wohl h.M. auch die Auflösung ausländischer Familienstiftungen und -vereine. Zur Aufhebung einer Familienstiftung bzw. Auflösung eines Familienvereins oder eines Trusts und den damit verbundenen erbschaftsteuerlichen Auswirkungen siehe Erläuterungen zu § 7 Abs. 1 Nr. 8, 9 ErbStG (siehe § 7 ErbStG Rdn 146 ff.). Auf die Entlastung nach § 26 ErbStG ist hinzuweisen.
Für die persönlichen und sachlichen Freibeträge kommt es nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG auf die tatsächliche Steuerklasse des Anfallberechtigten im Verhältnis zum Stifter an. Grundsätzlich gilt nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG als Schenker der Stifter, bei Familienvereinen derjenige, der das Vermögen auf den Verein übertragen hat, bei Trusts (Vermögensmassen) derjenige, der diese gebildet oder ausgestattet hat. Bei mehreren Stiftern und dgl. liegt schenkungsteuerlich nur eine einheitliche Zuwendung der Stiftung – und nicht etwa eine Mehrheit von Zuwendungen entsprechend der Anzahl der Stifter – vor. Für die Steuerklasse gilt für die vorteilhaftere Steuerklassenzuordnung nach dem persönliche Verhältnis des Erwerbers zu der Person, die die Familienstiftung bzw. -verein oder den Trust errichtet oder ausgestattet hat (Steuerklassenvergünstigung nach § 15 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ErbStG). Nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG betrifft dies auch die ggf. günstigere Steuerklasse bei Stiefverhältnissen. Die in § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG getroffene Regelung beschränkt sich auf die Berechnung der Steuer für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten; § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG fingiert kein anderes Zuwender-Empfänger-Verhältnis. Sie hat z.B. keine Auswirkung auf die Bestimmung der persönlichen Steuerpflicht. Bei mehreren Stiftern mit unterschiedlichem Verwandtschaftsgrad können dabei entsprechend den persönlichen Verhältnissen der Anfallberechtigten auch unterschiedliche Steuerklassen anzuwenden sein. In diesem Fall kann für die Steuerberechnung der Erwerb entsprechend den Anteilen der Stifter an dem der Stiftung übertragenen Vermögen aufgeteilt werden. Denn diese Anteile sind letztlich die "Schenkungen" der Stifter i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG. Ist bei mehreren Stiftern für das Verhältnis der Anfallberechtigten zu den Stiftern jeweils dieselbe Steuerklasse anzuwenden, ist im Rahmen der Steuerberechnung weder der Erwerb noch der persönliche Freibetrag aufzuteilen. Bei mehreren Stiftern stehen dem Erwerber nicht entsprechend der Anzahl der Stifter auch mehrere persönliche Freibeträge zu, d.h. auch bei mehreren Stiftern gibt es nur einmal den Freibetrag. Im Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG fehlt es an einer Rechtsgrundlage für den mehrfachen Ansatz des persönlichen Freibetrags.
Fällt das Vermögen auf den/die Stifter und dgl. zurück, liegt prinzipiell ein Erwerb von einem fremden Dritten mit der Konsequenz vor, dass Steuerklasse III zur Anwendung kommen muss. Nach Jülicher kann bei bestimmter Regelung im Stiftungsgeschäft/in der Satzung § 29 ErbStG angewendet werden.
Der besondere Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG kommt beim Erwerb aus Anlass der Aufhebung einer vom Ehegatten errichteten Stiftung nicht in Betracht.
Rz. 16
Überträgt der Stifter nach Errichtung einer Familienstiftung später weiteres Vermögen auf die Stiftung, wird die Zustiftung nach Steuerklasse III besteuert. Keine Zustiftung soll vorliegen, wenn sich der Stifter im Stiftungsgeschäft verbindlich verpflichtet hat, zu einem späteren Zeitpunkt bestimmte Zuwendungen an die Stiftung zu tätigen. Die Beweislast dafür trägt die Stiftung als Erwerberin bzw. der Zuwendende, wenn er als Schenker die Steuer übernimmt und eine günstigere Steuerklasse reklamiert. Im Nachhinein ist es allerdings schwierig nachzuweisen, dass die Zustiftung "in Wirklichkeit" Teil der Übertragung bei Errichtung war. Die Zustiftung an eine (Fa...