Rz. 6
Befinden sich im Nachlass Verpflichtungen zu Steuernachzahlungen, kann der Erbe diese als Nachlassverbindlichkeiten absetzen, wenn die Steuerschulden bei der Entstehung der Erbschaftsteuer, also bei Eintritt des Erbfalls (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 11 ErbStG), rechtlich bestehen und zu diesem Stichtag eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Nach einer – auch von der Finanzverwaltung akzeptierten – Grundsatzentscheidung des BFH wirken sich auch Steuerschulden aus der Veranlagung des Erblassers für das Todesjahr bereicherungsmindernd aus, obwohl sie beim Erbfall noch nicht rechtlich entstanden waren. Für den Abzug der privaten Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist Voraussetzung, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb "für den Erblasser" als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht. Unschädlich ist, dass sie zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht festgesetzt waren, d.h. die Belastung durch Steuerverbindlichkeiten der Höhe nach nicht genau feststeht, weil noch mögliche Wahlrechte ausgeübt werden oder besondere steuerrelevante Ereignisse eintreten können; sie sind mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert abzugsfähig. Das gilt auch dann, wenn sich die Forderungen erst aufgrund einer Außenprüfung ergeben. In dem Zusammenhang gilt für Steuerberaterkosten, die auf einem Auftrag des Erben nach dem Tod des Erblassers beruhen und dessen Steuer betreffen, entsprechend, dass sie im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer noch nicht wirtschaftlich bestanden haben. Nach dem Stichtagsprinzip (§ 11 ErbStG) können fiktive Verbindlichkeiten des Erblassers wie auch zukünftige Verbindlichkeiten des Erben (latente Steuern) nicht berücksichtigt werden. Deshalb kann z.B. beim Erbfall (latent) die auf einer Zinsforderung ruhende Einkommensteuerlast des Erben nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Besonders diskutiert wird der Abzug von Steuernachforderungen, die sich aufgrund einer Steuerhinterziehung des Erblassers ergeben (könnten). Während nach Auffassung des BFH derartige Steuernachforderung nicht als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden dürfen, lässt die Finanzverwaltung eine Berücksichtigung als Nachlassverbindlichkeit zu. Steuerschulden, die aufgrund einer nach dem Todeszeitpunkt erfolgten Grundstücksentnahme entstehen, sind nicht abziehbar. Es kommt nicht auf die individuellen Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern auf die rechtlichen und faktischen Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörde an. Keine wirtschaftliche Belastung soll dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige steuererhebliche Sachverhalte bewusst verheimlicht und aus diesem Grunde selbst nicht damit rechnet, auf die Zahlung der entstandenen Steuern in Anspruch genommen zu werden. Ergeht nach Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheids ein Einkommensteuerbescheid, der noch den Erblasser betrifft und zu einer Steuernachzahlung führt, liegt darin kein rückwirkendes Ereignis, das eine Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ermöglichen würde. Besteht die Vermutung, dass gegen den Erblasser noch Steuerforderung geltend gemacht werden könnte, sollte daher darauf geachtet werden, dass der Erbschaftsteuerbescheid hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten vorläufig oder insgesamt unter Vorbehalt der Nachprüfung ergeht, denn andernfalls können nach Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheids ggf. spätere Steuernachforderungen nicht mehr berücksichtig werden. Die Höhe von Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers.