Rz. 139

Die freigebige Erstausstattung einer rechtsfähigen Stiftung (§§ 80 ff. BGB) mit Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden beinhaltet eine steuerpflichtige Schenkung des Stifters an die Stiftung als juristische Person.[265] Bei Errichtung einer Stiftung von Todes wegen greift § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG ein. Das Halten des Vermögens durch die Stiftung kann dagegen nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG besteuert werden. Für den Vermögensanfall bei Auflösung der Stiftung gilt § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG. Wird dagegen eine nichtrechtsfähige Stiftung errichtet, ist grds. § 8 ErbStG einschlägig, da es sich insoweit um eine Zweckzuwendung handelt.

 

Rz. 140

Spätere freigebige lebzeitige Zuwendungen an eine bereits errichtete Stiftung fallen unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (sog. Zustiftungen)[266] mit Ausnahme derjenigen späteren Zuwendungen, deren Verpflichtung sich unmittelbar aus dem Stiftungsgeschäft ergibt und die damit noch unter § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG fallen. Bedeutsam ist diese Abgrenzung für die bei Familienstiftungen u.U. günstigere Besteuerung (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG).

 

Rz. 141

Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ist, dass der Stiftung das Vermögen gegenüber dem Stifter zur tatsächlichen und rechtlichen freien Verfügung überlassen und nicht lediglich eine treuhänderische Vermögensübertragung stattfindet.[267] Weisungsrechte des Stifters müssen daher entsprechend eingeschränkt sein.[268] Wendet der Stifter Bargeld der Stiftung mit der Verpflichtung zu, näher bestimmte Vermögensgegenstände zu erwerben, finden die Grundsätze mittelbarer Schenkungen Anwendung.[269]

 

Rz. 142

Die Steuer entsteht mit Übergang des Vermögens auf die Stiftung, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Der Gesetzeswortlaut differenziert nicht danach, ob es sich um eine gemeinnützige Stiftung im Sinne von §§ 52 ff. AO handelt. Jedoch sieht § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG eine Steuerbefreiung für den Vermögensübergang auf gemeinnützige Stiftungen vor, so dass im Ergebnis nur der Vermögensübergang auf nicht als gemeinnützig anerkannte Stiftungen besteuert wird. Dies gilt auch für die Übertragung von Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung auf eine von ihr gegründete rechtsfähige Stiftung.[270] Steuerschuldner sind die Stiftung (Erwerber) und der Stifter (Schenker), § 20 Abs. 1 ErbStG.

 

Rz. 143

Der nachträglich angefügte Satz 2 erweitert die Besteuerung auch auf die lebzeitige Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts nach dem 4.3.1999. Dies erfasst vor allen Dingen die sog. Inter-Vivos-Trusts nach anglo-amerikanischem Recht, bei denen das Vermögen auf einen Treuhänder (Trustee) übertragen wird. Bereits die Übergabe des Vermögens an den Trustee ist damit trotz fehlender Rechtsfähigkeit des Trusts und fehlender Bereicherung des Trustees schenkungsteuerpflichtig, und nicht erst die Weitergabe des Vermögens bei Beendigung des Trusts an den Treugeber (Settlor) oder die von ihm benannten Dritten (Beneficiaries). Nach seinem Wortlaut gilt die Schenkungsteuerpflicht für die Bildung oder Ausstattung der Vermögensmasse mit Vermögen. Umstritten ist, ob die Norm damit nur für die erstmalige Vermögensausstattung gilt oder auch nachfolgende Vermögenszuführungen erfasst. Die herrschende Meinung versteht den Begriff "Ausstattung" im letztgenannten Sinne weit,[271] anderenfalls dürfte aber zumindest eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eingreifen.

 

Rz. 144

Nach § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Stifter (Schenker) zugrunde zu legen, sofern es sich um eine Familienstiftung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG handelt. Das Verwandtschaftsverhältnis zu dem entferntest Berechtigten bestimmt daher über die Anwendung der Steuerklassen, Steuersätze und Freibeträge (§§ 15 f. ErbStG).[272]

 

Beispiel

Sind die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Destinatäre der Familienstiftung, erfolgt die Besteuerung nach der Steuerklasse I. Der Freibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (400.000 EUR) greift ein.

 

Rz. 145

Liegt keine Familienstiftung vor, kommt stets die Steuerklasse III (§ 15 ErbStG) zur Anwendung, da zwischen dem Schenker (Stifter) und der Stiftung als juristischer Person keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen. Dies gilt auch für die Besteuerung ausländischer Vermögensmassen im Sinne des Satzes 2, da es sich bei ihnen nicht um inländische Familienstiftungen im Sinne von §§ 15 Abs. 2 S. 1, 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG handelt. Auf spätere Zustiftungen i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG findet § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG ebenfalls keine Anwendung.

[265] Koordinierter Ländererlass v. 11.12.2013 – S 3806.1.1–17/2 St34, DB 2014, 92.
[266] Vgl. BFH v. 28.6.2007 – II R 21/05, DStRE 2007, 1170; Hess. FG v. 27.3.2008 – 1 K 486/05, EFG 2008, 1138, bestätigt durch BFH v. 9.12.2009 – II R 22/08, BStBl II 2010, 363 für den Fall, dass der Zuwendende zugleich der einzige Begünstigte der Stiftung ist.

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