Rz. 146
Fällt Stiftungsvermögen bei Auflösung oder Aufhebung einer rechtsfähigen Stiftung den Anfallberechtigten kraft Gesetz (§ 88 BGB) zu, beinhaltet dies nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG eine steuerpflichtige Schenkung. Der Grund für die Aufhebung ist unerheblich. Wird Vermögen an andere Personen ausgekehrt, kommt eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG setzt zudem voraus, dass die Stiftung vollständig und endgültig aufgehoben wird. Die Auskehrung von Vermögensteilen kann dagegen lediglich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfasst werden.
Rz. 147
Die Änderung des Stiftungscharakters einer Familienstiftung durch Satzungsänderung soll nach Ansicht der Finanzverwaltung erbschaftsteuerlich als Aufhebung der Familienstiftung und Errichtung einer neuen Stiftung anzusehen sein (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG), deren Erwerb grundsätzlich aus Sicht der neuen Stiftung der Besteuerung nach der Stiftungsurkunde des entferntest Berechtigten zum ursprünglichen Stifter unterliegt, §§ 7 Abs. 1 Nr. 9, 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG. Gemäß § 87 BGB führt jedoch eine bloße Satzungsänderung nicht zu einem Rechtsträgerwechsel. Die Identität der Stiftung bleibt vielmehr gewahrt, eine Vermögensumschichtung, die Anknüpfungspunkt für eine Schenkungsteuerpflicht sein kann, lässt sich nicht feststellen.
Rz. 148
Die Besteuerung richtet sich nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG: Als Schenker gilt der Stifter oder derjenige, der das Vermögen auf den Verein übertragen hat. Damit bestimmt sich die Steuerklasse nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Stifter und fällt nicht per se unter die ungünstige Steuerklasse III, die sich bei Berücksichtigung der Stiftung als Zuwendender ergeben würde. Dass im Übrigen die Stiftung als Zuwendender gilt, ist u.a. bedeutsam für die Anwendung der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 14, 20 ErbStG. Der Stifter ist damit z.B. nicht Steuerschuldner i.S.d. § 20 Abs. 1 ErbStG, sondern die Stiftung. Über § 15 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ErbStG bestimmt sich jedoch die Steuerklasse nicht nach dem Verhältnis zur zuwendenden Stiftung, sondern nach dem Verhältnis zum Stifter. Ist der Berechtigte zugleich der Stifter, d.h. fällt das Vermögen im Rahmen der Liquidation der Stiftung an den Stifter selbst zurück, findet die Steuerklasse III Anwendung. Steuerfrei ist dieser Vermögensrückfall nicht.
Rz. 149
Wurde die Stiftung ursprünglich durch mehrere Stifter errichtet, scheidet eine Vervielfältigung der persönlichen Freibeträge im Sinne von § 16 ErbStG nach der Anzahl der Stifter für den jeweiligen Erwerber aus. Es liegen nicht mehrere Erwerbe von unterschiedlichen Stiftern vor, sondern ein einheitlicher Erwerb mit nur einem Freibetrag. Dieser einheitliche persönliche Freibetrag soll anteilig entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 2 S. 3 ErbStG bei der Bestimmung der Steuerklassen nach dem Verhältnis zum Stifter berücksichtigt werden. Greifen im Verhältnis zu den Stiftern dieselben Steuerklassen ein, ist im Rahmen der Steuerberechnung weder der Erwerb noch der persönliche Freibetrag aufzuteilen.
Rz. 150
Bei Aufhebung einer Familienstiftung oder eines Vereins findet überdies die Vergünstigung des § 26 ErbStG Anwendung.
Rz. 151
Vermögenserwerbe durch Mitglieder im Zuge der Auflösung eines (nicht) rechtsfähigen Vereins fallen ebenfalls unter § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG. Es muss sich jedoch um einen Verein handeln, der auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist. Dieses Kriterium, das in jedem Einzelfall zu prüfen ist, erfüllen gemeinnützige Vereine im Sinne der §§ 51 ff. AO nicht.
Rz. 152
Satz 2 erstreckt die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG – entsprechend der Vermögensausstattung nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG – auch auf die Auflösung nicht rechtsfähiger Vermögensmassen ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist. Insbesondere die Auflösung ausländischer Trusts wird damit der Auflösung von Stiftungen gleichgestellt. Eine Steuerpflicht kommt unter Heranziehung des § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG jedoch nur in Betracht, wenn der Begünstigte Inländer ist oder Inlandsvermögen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG übertragen wird. Satz 2 erfasst auch den Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse. Zwischenberechtigte sind Personen, die bis zur Auflösung des Trusts und der Verteilung der Vermögensmasse Vermögen oder Vermögenserträge erhalten haben. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG findet ebenfalls Anwendung. Die Regelung schießt jedoch über das Ziel – Gleichstellung der ausländischen Vermögensmasse mit rechtsfähigen inländischen Stiftungen – hinaus, da z.B. die satzungsmäßigen Zuwendungen an die Destinatäre mangels Freigebigkeit nicht der Schenkungsteuer unterliegen. Demgemäß ist fraglich, ob diese weite Definition des Zwischenberechtigten ohne weiteres auch auf ausländische Stiftungen zu übertragen ist.
Rz. 153
Der zum 1.1.2009 angefügte Satz 3 ist Folge des Urteils des BFH v. 14.2.2007. Der BFH hatte dort festgestellt, dass de...