Gerhard Sievert, Ulrich Gohlisch
Gesetzestext
(1) Der Wert des Erbbaurechts ist im Vergleichswertverfahren nach § 183 zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Erbbaurecht Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen.
(2) In allen anderen Fällen setzt sich der Wert des Erbbaurechts zusammen aus einem Bodenwertanteil nach Absatz 3 und einem Gebäudewertanteil nach Absatz 5.
(3) Der Bodenwertanteil ergibt sich aus der Differenz zwischen
1. |
dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks nach Absatz 4 und |
2. |
dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins. |
Der so ermittelte Unterschiedsbetrag ist über die Restlaufzeit des Erbbaurechts mit dem sich aus Anlage 21 ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren.
(4) Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks ergibt sich durch Anwendung des Liegenschaftszinssatzes im Sinne des § 188 Absatz 2 Satz 1 auf den Bodenwert nach § 179. Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stehen, gelten die folgenden Zinssätze:
1. |
3 Prozent für Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungseigentum, das wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist, |
2. |
5 Prozent für Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht unter Nummer 1 fällt, |
3. |
5,5 Prozent für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 Prozent, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, sowie sonstige bebaute Grundstücke, |
4. |
6 Prozent für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 Prozent, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, und |
5. |
6,5 Prozent für Geschäftsgrundstücke und Teileigentum. |
(5) Der Gebäudewertanteil ist bei der Bewertung des bebauten Grundstücks im Ertragswertverfahren der Gebäudeertragswert nach § 185, bei der Bewertung im Sachwertverfahren der Gebäudesachwert nach § 190. Ist der bei Ablauf des Erbbaurechts verbleibende Gebäudewert nicht oder nur teilweise zu entschädigen, ist der Gebäudewertanteil des Erbbaurechts um den Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks nach § 194 Abs. 4 zu mindern.
Gesetzesbegründung: BR-Drucks 273/21, S. 2, zu Art. 1, S. 1 und 2, S. 15 ff.; BT-Drucks 19/28902, S. 21 (Nummer 7).
Verwaltungsanweisung: R B 193 ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019.
A. Allgemeines
Rz. 1
§ 193 BewG regelt im Rahmen der Grundstücksbewertung, wie der Wert des Erbbaurechts an einem inländischen Grundstück zu ermitteln ist.
B. Tatbestand
I. Bewertung im Vergleichswertverfahren (Abs. 1)
Rz. 2
Grundsätzlich soll der gemeine Wert des Erbbaurechts im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG ermittelt werden. Dies setzt voraus, dass in hinreichender Anzahl Vergleichskaufpreise bzw. aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren für Erbbaurechte in der Region des geerbten oder geschenkten Erbbaurechts vorliegen. Solche Vergleichspreise werden im Zweifel von den Gutachterausschüssen und ggf. durch andere Marktbeobachter ermittelt und bekannt gegeben.
II. Gesamtwert des Erbbaurechts nach dem gesetzlichen (finanzmathematischen) Verfahren (Abs. 2)
Rz. 3
Liegen Vergleichspreise/Vergleichsfaktoren nicht vor, regelt § 193 Abs. 2–4 BewG die Wertermittlung. Die dort vorgesehene Wertermittlung ist ein finanzmathematisches Verfahren, das so in etwa auch bei der allgemeinen Verkehrswertermittlung üblich ist. Abweichend davon schließt das BewG eine Berücksichtigung weiterer wertbeeinflussender Umstände beispielsweise von Marktanpassungsfaktoren, vom Üblichen abweichende Auswirkungen vertraglicher Vereinbarungen (insb. fehlende Wertsicherungsklauseln oder der Ausschluss einer Anpassung des Erbbaurechtsvertrags) aus. Bei der gesetzlich geregelten Wertermittlung nach § 193 Abs. 2–4 BewG setzt sich der Wert des Erbbaurechts aus einem Bodenwertanteil und einem Gebäudewertanteil zusammen. Ist das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut, besteht der Grundbesitzwert des Erbbaurechts nur aus dem Bodenwertanteil.
Rz. 4
In der Gesetzesbegründung wird ein Ablaufbewertungsschema gezeigt, welches hier modifiziert (u.a. ergänzt mit den entsprechenden Normen) wiedergegeben wird:
Schema zur Bewertung von Erbbaurechten
III. Ermittlung des Bodenwertanteils (Abs. 3 und 4)
Rz. 5
Der Bodenwertanteil ergibt sich aus dem kapitalisierten Unterschiedsbetrag zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins am Bewertungsstichtag. Die Errechnung kann in 5 Schritten vorgenommen werden.
Rz. 6
1. Schritt: Bodenwert
Zunächst ist der Wert des unbebauten Grund und Bodens zu ermitteln, so als ob das im Erbbaurechtswege errichtete Bauwerk nicht vorhanden wäre. Der Wert des unbelasteten Grundstücks ergibt sich g...