Gesetzestext
(1) Steuern, die von dem Kapitalwert von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten sind, können nach Wahl des Erwerbers statt vom Kapitalwert jährlich im voraus von dem Jahreswert entrichtet werden. Die Steuer wird in diesem Fall nach dem Steuersatz erhoben, der sich nach § 19 für den gesamten Erwerb einschließlich des Kapitalwerts der Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen ergibt.
(2) Der Erwerber hat das Recht, die Jahressteuer zum jeweils nächsten Fälligkeitstermin mit ihrem Kapitalwert abzulösen. Für die Ermittlung des Kapitalwerts im Ablösungszeitpunkt sind die Vorschriften der §§ 13 und 14 des Bewertungsgesetzes anzuwenden. Der Antrag auf Ablösung der Jahressteuer ist spätestens bis zum Beginn des Monats zu stellen, der dem Monat vorausgeht, in dem die nächste Jahressteuer fällig wird.
A. Allgemeines
Rz. 1
§ 23 ErbStG eröffnet dem Empfänger von Nutzungsrechten und wiederkehrenden Leistungen ein Wahlrecht: Anstelle einer sofortigen Besteuerung nach dem Kapitalwert (Regelfall) kann er sich für die Jahressteuer i.S.v. § 23 ErbStG entscheiden. Bei der Jahressteuer wird die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auf die Laufzeit der wiederkehrenden Zahlungen gestreckt und auf jährliche Zahlungen aufgeteilt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Zahlungsempfänger eine sofort in voller Höhe fällige Steuer nach dem Kapitalwert nicht aus seinem eigenen Vermögen aufbringen kann.
Rz. 2
Klarzustellen ist, dass § 23 ErbStG nicht zu einer Verlagerung des Zeitpunktes der Entstehung der Steuer führt. Hier gilt weiterhin § 9 ErbStG (Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, vgl. § 9 ErbStG Rdn 1 ff.). Bei der Jahressteuer wird die Steuer nach dem Jahreswert jährlich festgesetzt, der aus dem Kapitalwert abzuleiten ist. Es ändern sich daher vorrangig die Zahlungsmodalitäten, wenn der begünstigte Empfänger die Jahresbesteuerung nach § 23 ErbStG wählt. Nachträgliche Gesetzesänderungen oder Änderungen in der Rechtsprechung haben keinen Einfluss auf die einmal festgesetzte Jahressteuer, da die jährliche Zahlungsweise primär eine Regelung über die Zahlungsart und keine jährlich neue Steuerfestsetzung dem Grunde nach darstellt.
B. Tatbestand
I. Steuern auf Renten und wiederkehrende Nutzungen bzw. Leistungen
Rz. 3
§ 23 ErbStG ist anwendbar auf die lebzeitige unentgeltliche bzw. die vermächtnisweise Zuwendung von Renten (§ 759 BGB), dauernden Lasten oder Nießbrauchsrechten. Das Wahlrecht gilt sowohl für obligatorische wie auch dingliche Nutzungsrechte, nicht aber für den Verzicht des Schenkers auf einen vorbehaltenen Nießbrauch. Es findet auch Anwendung auf in gleichen Raten zu tilgende Kapitalforderungen. Die Norm erfasst dagegen nicht den Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks, obwohl der Grundstückserwerber Anspruch auf den wiederkehrenden Erbbauzins hat. Auch die vom Schenker übernommene Steuer auf den Erwerb einer Rente oder einer anderen wiederkehrenden Nutzung oder Leistung fällt nicht unter § 23 Abs. 1 ErbStG. Denn die übernommene Steuer beinhaltet einen eigenständigen Erwerb, bei dem es sich nicht um einen Anspruch auf eine Rente oder wiederkehrende Leistung handelt. Insoweit besteht daher kein Wahlrecht, es tritt stets Sofortbesteuerung ein.
II. Berechnung der Jahressteuer
1. Ermittlung des Jahreswertes
Rz. 4
Stichtag für die Ermittlung des Jahreswertes ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung, § 9 ErbStG. Entscheidend für die Bewertung sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt. Nachträgliche Wertveränderungen wirken sich nicht aus, da die Jahressteuer lediglich die Nachteile, die bei einer sofortigen umfassenden Besteuerung nach dem Kapitalwert entstehen können, ausgleichen soll, nicht jedoch zu einer Besserstellung gegenüber einer Sofortsteuer führen darf. Der Jahreswert ermittelt sich nach den §§ 15, 16 BewG (vgl. § 15 BewG Rdn 4). Auch die Begrenzung auf den 18,6-ten Teil des Steuerwertes findet Anwendung. Bei dem Zuwendungsempfänger ist die auf die wiederkehrenden Zahlungen anfallende Einkommensteuer nicht in Abzug zu bringen.
2. Ermittlung des Steuersatzes
Rz. 5
Die Jahressteuer wird nach dem Steuersatz erhoben, der sich gemäß § 19 ErbStG für den gesamten Erwerb einschließlich des Kapitalwerts der Renten oder wiederkehrenden Nutzungen bzw. Leistungen ergibt, § 23 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Zuwendungsempfänger durch die Wahl der Jahressteuer in den Genuss eines niedrigeren Steuersatzes kommt. Es ist daher der Kapitalwert des zugewendeten Renten- bzw. Nießbrauchsrechts nach den § 12 Abs. 1 ErbStG, §§ 13–16 BewG zu ermitteln (vgl. § 12 ErbStG Rdn 37) und dieser zu den Werten...