Der Erblasser kann testamentarisch einem anderen, ohne ihn als Erbe einzusetzen, einen Vermögensvorteil als Vermächtnis (§ 1939 BGB) zuwenden. Der mit dem Vermächtnis Bedachte erwirbt keine unmittelbare dingliche Berechtigung an dem vermachten Gegenstand, sondern hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den mit dem Vermächtnis Beschwerten – regelmäßig den Erben – auf Leistung des Vermächtnisses. Der zugewendete Vermögensvorteil muss nur Gegenstand eines Anspruchs sein können, sodass sich ein weites Anwendungsspektrum eröffnet.
In der Praxis werden Vermächtnisarten nach ihrem Gegenstand oder Zweck unterschieden, so ist etwa die Rede von Geld-, Renten-, Nießbrauchs-, Grundstücks-, Wohnrechts- oder Herausgabevermächtnissen. Weiterhin gibt es Vorausvermächtnisse, Vor- und Nachvermächtnisse, Versorgungsvermächtnisse, Verschaffungsvermächtnisse, Bestimmungsvermächtnisse und Unterlassungsvermächtnisse.
Das Vermächtnis bietet sich in erster Linie als Instrument zur Zuwendung einzelner Gegenstände (vornehmlich Grundstücke) an. Der Bedachte kann das Vermächtnis ab dem Erbfall durch formlose Erklärung gegenüber dem Beschwerten annehmen oder ausschlagen (§§ 2176, 2180 BGB). Die grundsätzlich sofort fällige Erfüllung, deren Kosten im Regelfall der Beschwerte zu tragen hat, muss formell und inhaltlich den dafür einschlägigen Vorschriften genügen.
Die Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs muss innerhalb der regelmäßigen 3-jährigen Verjährung (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) erfolgen.
Lebt der Vermächtnisnehmer beim Erbfall nicht mehr, so ist die Anordnung nach § 2160 BGB grundsätzlich unwirksam, sofern der Erblasser keinen Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt hat. Die Auslegungsregel des § 2069 BGB findet hier – nachrangig zur Auslegung des letzten Willens – Anwendung.
Mit der gesetzlichen Konzeption des Vermächtnisses schwer vereinbar, aber nach herrschender Meinung zulässig und nicht gem. §§ 2087, 2065 BGB verboten ist das Universalvermächtnis, das im Wesentlichen den gesamten Nachlass mit allen Aktiva und Passiva ausschöpft.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Erblasser die Benennung des Vermächtnisnehmers in einem gewissen Rahmen einem Dritten übertragen kann, § 2151 Abs. 1 BGB.
Sind neben Erben und Vermächtnisnehmer noch Pflichtteilsberechtigte vorhanden, ist § 2318 BGB zu beachten, wonach es zu einer verhältnismäßigen Aufteilung der Pflichtteilslast kommt, sofern nicht letztwillig anderes bestimmt ist. Die im Vergleich zum Erben schwächere Berechtigung des Vermächtnisnehmers kann wiederum verstärkt werden, indem man ihn selbst zur Vermächtniserfüllung bevollmächtigt oder ihn insofern zum Testamentsvollstrecker einsetzt.
Ein Vermächtnisnehmer kann seinerseits mit einem Untervermächtnis beschwert werden. Von Interesse ist dies in Fällen, in denen dem Vermächtnisnehmer die Substanz und einem Dritten die Nutzung eines Gegenstandes (z.B. einer Immobilie) zugute kommen soll.
Formulierungsbeispiel
Anordnung eines Vermächtnisses mit Vollzugsvollmacht für bzw. Testamentsvollstreckung durch den Vermächtnisnehmer
Dem … setze ich meine Segelyacht (Beschreibung) als Vermächtnis aus. Ich bevollmächtige ihn hiermit auf meinen Tod unwiderruflich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, sich die Segelyacht in Erfüllung des Vermächtnisses selbst zu Eigentum zu übertragen.
(Oder:
Zur Erfüllung dieses Vermächtnisses setze ich ihn als Testamentsvollstrecker ein mit der einzigen Aufgabe, sich die Segelyacht in Erfüllung des Vermächtnisses selbst zu Eigentum zu übertragen.)
2.2.1 Vorausvermächtnis
Die Stellung des Erben und des Vermächtnisnehmers schließen einander nicht aus. Vielmehr kann der Erblasser Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung kombinieren, um etwa einzelne Miterben zu bevorzugen, in...