Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
WEG-Verwalter einer Ferienpark-Wohnanlage hat aufgrund eigener mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile Fremdenverkehrsbeiträge zu leisten!
Normenkette
Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz – NKAG – § 9 Abs. 2 Satz 1 und § 27 Abs. 2 WEG
Kommentar
Die Tätigkeit als Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums an einer Wohnungseigentumsanlage, die auf eine ausschließliche Nutzung als Ferienpark (Ferienhäuser und -wohnungen) ausgerichtet ist, weist einen konkreten Bezug zum Fremdenverkehr auf, der die Heranziehung zu Fremdenverkehrsbeiträgen wegen besonderer, mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile rechtfertigt.
Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der klagende Verwalter selbst keine Wohnungen vermietet, sondern nur das Gemeinschaftseigentum verwaltet; dieses ist jedenfalls abhängig vom Wohnungseigentum und wird im Rahmen des Fremdenverkehrs genutzt. Ohne die entsprechenden Ferienwohnungen und deren Nutzung hätte der Kläger auch keine Einnahmen als Verwalter des Gemeinschaftseigentums. Für die Fremdenverkehrs-Beitragspflicht ist es ohne Bedeutung, dass sich die Tätigkeit des klagenden WEG-Verwalters allein auf Aufgaben und Befugnisse nach § 27 WEG beschränkt und Bestellung eines Verwalters für Wohnungseigentumsanlagen gesetzlich vorgeschrieben ist.
Gleiche Beitragsverpflichtungen treffen auch andere Dienstleister mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr, wie etwa Steuerberater, Notare, Banken, Sparkassen oder Architekten. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 NKAG sind alle selbstständig tätigen Personen und Unternehmen beitragspflichtig, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden und die damit einen konkreten Bezug zum Fremdenverkehr aufweisen. Die besonderen wirtschaftlichen Vorteile liegen hier regelmäßig in den gesteigerten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einschließlich der dem Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG obliegende ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dient bei einer Ferienwohnanlage der Aufrechterhaltung fremdenverkehrsbedingter Nutzung der Anlage insgesamt. Somit ist hier auch die Verwaltertätigkeit des Klägers ausschließlich fremdenverkehrsbedingt und bietet ihm mittelbare Vorteile im Sinn von § 9 Abs. 2 Satz 2 NKAG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 der örtlichen Fremdenverkehrsbeitragssatzung.
Zumindest mir sind vergleichbare Fälle entsprechender Zahlungsverpflichtungen von WEG-Verwaltern als Verwaltern von Gemeinschaftseigentum von "Ferienpark-Wohnungen" bisher nicht bekannt geworden; auch in anderen gemeindlichen Fremdenverkehrsbeitragssatzungen – zumindest in bayerischen Ferienwohnanlagen bzw. -gebieten – kenne ich bisher nicht entsprechende Anspruchsberechtigungen über Ermächtigungsgrundlage in Kommunalgesetzen. Höchst überraschend ist damit für mich auch der Begründungssatz in vorstehender Entscheidung, dass "bei WEG-Verwaltung in reiner Ferienwohnanlage der erzielte Umsatz aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums jedenfalls fremdenverkehrsbedingt ist" (!). Befremdlich erscheint mir auch die weitere Begründungspassage, dass "ohne den Fremdenverkehr im Erhebungsgebiet kein Bedarf für die Errichtung einer Ferienhausanlage und für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach WEG bestünde, somit eine Grundlage für Verdienstmöglichkeit des Verwalters fehle, auch wenn die Höhe seiner Vergütung nicht vom Umfang der Vermietung der einzelnen Ferienwohnungen abhängig sei"(!). Sollten auch anderweit solche Kommunalabgabegesetze und Satzungen existieren, wäre ich über entsprechende Leserzuschriften sehr dankbar. Sicher hat sich ein jeder bestellter WEG-Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG u.a. stets als Kernaufgabe um ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu kümmern, d.h. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen; gemeint sind hier insbesondere organisatorische Maßnahmen i.S.d. Veranlassung entsprechender Beschlüsse nach vorausgehender Feststellung von entsprechenden Sanierungsbedürfnissen und gebotener Informationspflicht gegenüber den Eigentümern. Abgesehen von eigenständigen Notmaßnahmen entscheiden allerdings auch hierüber die Eigentümer im Rahmen des ihnen zugewiesenen Ermessens- und Gestaltungsspielraums, nicht der Verwalter. Ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dient damit der Gesamtgemeinschaft auch in einer Ferienwohnanlage, um die fremdenverkehrsbedingte Nutzung der Anlage insgesamt aufrechtzuerhalten. Nicht immer wird der Verwalter für entsprechende Arbeitsbelastungen sondervergütet.
Muss nun ein WEG-Verwalter bei ihn ebenfalls belastenden Fremdenverkehrsbeiträgen solche öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten in Zukunft mit in seine Vergütungskalkulation einbeziehen?
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 18.10.2012, 9 LA 151/11