Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
Rz. 141
In vielerlei Situationen benötigt der Erbe einen Nachweis seines Erbrechts (gegenüber dem Grundbuchamt, dem Handelsregister, Banken, Lebensversicherungen etc.). Deshalb stellt das Nachlassgericht gem. § 2353 BGB auf Antrag dem Erben ein Zeugnis über sein Erbrecht aus. Aus diesem ergeben sich die Person des Erben sowie die Größe des jeweiligen Erbteils (§ 2353 BGB) sowie Verfügungsbeschränkungen des Erben durch Nacherbfolge (§ 2363 BGB) und Testamentsvollstreckung (§ 2364 BGB). Der Erbschein enthält dagegen keine Angabe darüber, ob der oder die Erben mit Vermächtnissen, Auflagen oder beispielsweise Pflichtteilsansprüchen belastet sind.
Rz. 142
Man unterscheidet verschiedene Arten von Erbscheinen: Grundfall des Erbscheins ist der Alleinerbschein, der das alleinige Erbrecht des Alleinerben bezeugt (§ 352 FamFG, § 2353 1. Alt. BGB). Einem von mehreren Miterben kann gem. § 2353 2. Alt. BGB auch ein sog. Teilerbschein erteilt werden. In diesem werden die übrigen Miterben nicht aufgeführt. Demgegenüber nennt der gemeinschaftliche Erbschein gem. § 352a FamFG sämtliche Miterben. In der Praxis kommt dem gemeinschaftlichen Erbschein deutlich größere Bedeutung zu als dem Teilerbschein, da die Miterben nur gemeinschaftlich über den Nachlass verfügen können (§ 2033 Abs. 2 BGB) und somit die Erbenstellung aller Miterben nachgewiesen werden muss.
Rz. 143
Für den Nachweis der Erbenstellung, beispielsweise gegenüber dem Grundbuchamt oder gegenüber dem Handelsregister, werden nur inländische Erbzeugnisse akzeptiert. Die Tatsache, dass ausländisches Erbrecht zur Anwendung gelangt, steht der Erteilung eines Erbscheins durch deutsche Gerichte nicht entgegen. Die örtliche Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte begründet auch zugleich die internationale Zuständigkeit nach § 105 FamFG, und zwar unabhängig davon, ob deutsches Erbrecht anwendbar ist oder nicht. Örtlich und damit dann auch international zuständig sind deutsche Nachlassgerichte nach § 343 FamFG, wenn der Erblasser Wohnsitz oder Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes (§ 343 Abs. 1 FamFG) oder zu einem früheren Zeitpunkt (§ 343 Abs. 2 FamFG) im Inland hatte, wenn er deutscher Staatsangehöriger war (§ 343 Abs. 3 FamFG) oder wenn sich Nachlassgegenstände im Inland befinden (§ 343 Abs. 3 FamFG). In diesen Fällen kann stets ein unbeschränkter Erbschein nach § 2353 BGB beantragt werden, der dann auch ausländisches Erbrecht berücksichtigt und somit sozusagen auch Fremdrechtserbschein ist.
Rz. 144
Gemäß § 352c FamFG ist es möglich, den Erbscheinsantrag auf die im Inland befindlichen Nachlassgegenstände zu beschränken (gegenständlich beschränkter Erbschein). Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn durch ausländisches Recht auf das Recht des (deutschen) Lageortes verwiesen wird. Durch eine Beschränkung des Antrags nach § 352c FamFG kann dann erreicht werden, dass ein beschränkter Erbschein nach deutschem Recht erteilt wird. Dies beschleunigt das Erbscheinsverfahren.