Leitsatz

Eine privatschriftliche letztwillige Verfügung bedarf zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich der Form des § 2247 Abs. 1 BGB. Nimmt der Erblasser in einem handschriftlichen Textteil auf einen maschinengeschriebenen Text Bezug, um diesem Gültigkeit zu verleihen, so ist dies nur dann möglich, wenn der maschinengeschriebene Teil der Erläuterung einer Verfügung dient, die ihrerseits die Grundlage in einem der Testamentsform entsprechenden Schriftstück hat. Ergibt sich die inhaltliche Bestimmung der letztwilligen Verfügung allerdings nur aus dem in Bezug genommenen maschinenschriftlichen Schriftstück, so ist die Testamentsform durch einen solchen handschriftlichen Zusatz nicht mehr gewahrt.

 

Sachverhalt

Erblasser hinterlässt drei Kinder, die Beteiligten zu 2) und 3) aus geschiedener Ehe und den Beteiligten zu 1) aus einer späteren Beziehung. Am 22.07.2004 verfasste der Erblasser ein an den Beteiligten zu 1) adressiertes Schriftstück mit der Überschrift "Dieses Schriftstück ist auch gleichzeitig mein Testament". Das Schriftstück enthält in seinem ersten Teil einen mittels Ausdruck am Computer erstellten Text, der zunächst Anordnungen für die Beerdigung und sodann eine Regelung zu den "Geldangelegenheiten" enthält, nämlich dass auf den Beteiligten zu 1) lautende Bankvollmachten hinterlegt seien, und dass bei seinem Ableben alle Konten an den Beteiligten zu 1) übergehen sollen. Diesen maschinenschriftlichen Textteil hat der Erblasser mit Datumsangabe unterschrieben. Ihm folgt ein vom Erblasser eigenhändig geschriebener Textteil, in dem dieser darauf hinweist, dass "ein Testament … im üblichen Sinne handschriftlich verfasst werden" sollte, er es jedoch mit dem Computer erstellt habe, damit es "gut zu lesen" sei. Auch diesen Textteil hat der Erblasser eigenhändig unterschrieben.

Der Beteiligte zu 1) beantragt die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweist. Diesem Antrag sind die Beteiligten zu 2) und 3) entgegengetreten und haben ihrerseits einen gemeinschaftlichen Erbschein als Miterben zu je 1/3 beantragt, da das Testament vom 22.07.2004 insofern formunwirksam sei, als ausschließlich im maschinengeschriebenen Teil Anordnungen enthalten seien, die als letztwillige Verfügung verstanden werden könnten.

Das LG wies die gegen die Ablehnung des Erbscheinsantrages des Beteiligten zu 1) eingelegte Beschwerde zurück.

 

Entscheidung

Die nach §§ 27, 29 FGG statthafte und formgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet, da die Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 BGB (eigenhändige Niederschrift und Unterschrift durch den Erblasser) einer wirksamen Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) entgegensteht.

Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, lässt der vom Erblasser eigenhändig niedergeschriebene Teil des Schriftstücks für sich alleine eine Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) nicht erkennen. Grundlage für eine solche könnte nur die Bezugnahme auf den maschinengeschriebenen Teil sein.

Die Grenzen der Auslegung einer letztwilligen Verfügung müssen von den Anforderungen der Formvorschriften für die Testamentserrichtung unterschieden werden. Zwar besteht die Möglichkeit, den Erblasserwillen auch durch außerhalb der Urkunde liegende Umstände zu ermitteln. Ein im Wege der Auslegung ermittelter Erblasserwille kann nur dann Berücksichtigung finden, wenn er in der Verfügung von Todes wegen wenigstens andeutungsweise Ausdruck gefunden hat.

Vorliegend fehlt es an einer auslegungsfähigen letztwilligen Verfügung, da die Testamentsform mangels entsprechender Erbeinsetzung im eigenhändig geschriebenen Textteil nicht mehr gewahrt ist. Die im maschinenschriftlichen Teil getroffene Verfügung betreffend die Bankgutachten kann zwar als Verfügung auf den Todesfall über Bankguthaben zu Gunsten Dritter gesehen werden mit der Folge eines Rechtsübergangs nach § 331 BGB auf den Berechtigten außerhalb des Nachlasses. Eine Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) findet aber keinen erkennbaren Ausdruck im eigenhändigen Textteil. Es kommt auf die isolierte Betrachtung des eigenhändigen Textteils an, da ansonsten jeder handschriftliche Zusatz auf einen formunwirksamen maschinenschriftlichen Text zur Aufgabe des Formerfordernisses führen würde. Das Formerfordernis der eigenhändigen Niederschrift ist nur dann gewahrt, wenn ein eigenhändiger Zusatz der näheren Erläuterung einer Verfügung dient, die in einem der Testamentsform entsprechenden Schriftstück eine hinreichende Grundlage findet. Nicht mehr gewahrt ist die Form, wenn die inhaltliche Bestimmung der letztwilligen Verfügung nur aus dem in Bezug genommenen maschinengeschriebenen Schriftstück gewonnen werden kann.

 

Hinweis

Bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments ist die Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 BGB zwingend zu beachten. Die Einbeziehung maschinenschriftlicher Teile ist allenfalls möglich, wenn dies der Erläuterung einer formgültigen Verfügung dient.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 10.01.2006, 15 W 414/05

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