Zusammenfassung
Die weitaus meisten Ehen werden in Deutschland ohne Ehevertrag abgeschlossen. Dann gilt der gesetzliche Güterstand der "Zugewinngemeinschaft", § 1363 BGB. Alles, was während der Ehe hinzugewonnen wird, wird beim Ende der Ehe geteilt. Jeder Ehepartner kann dessen ungeachtet grundsätzlich frei über sein Vermögen verfügen.
Eine Ausnahme von dieser Regel stellt § 1365 BGB dar. Danach ist es den Ehepartnern verboten, ohne die Zustimmung des anderen Ehepartners über ihr ganzes Vermögen zu verfügen. Diese Einschränkung gilt nicht nur für Verfügungen, die tatsächlich "en bloc" das ganze Vermögen umfassen; Rechtsprechung und Literatur haben den Schutz des Ehepartners erweitert und fassen darunter auch Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände (etwa Immobilien oder Gesellschaftsanteile), wenn es sich hierbei um (nahezu) das ganze Vermögen handelt. Ein Richtwert liegt, je nach Vermögensgröße, zwischen 90 und 95 % des Vermögens.
Nimmt ein Ehepartner ein solches Geschäft vor, ohne die vorherige Zustimmung oder ohne die nachträgliche Genehmigung des Ehepartners einzuholen, dann ist dieses Ge-schäft unwirksam. Die Unwirksamkeit erfasst sowohl die vertragliche Seite als auch die dingliche Übertragung. Ob der verfügende Ehepartner sich dessen bewusst war, ist irrelevant. Handelt es sich um einzelne Gegenstände, muss der Vertragspartner aber wissen, dass es sich um nahezu das ganze Vermögen handelt; zumindest muss ihm angesichts der Wertverhältnisse klar sein, dass die veräußerten Gegenstände das ganze oder das wesentliche Vermögen des Veräußerers ausmachen. Dann können selbst Gutglaubensvorschriften die Übereignung nicht "heilen".
Ob der verfügende Ehepartner eine Gegenleistung erhält, die dem Wert des veräußerten Vermögensgegenstands entspricht, ist irrelevant. Es handelt sich bei § 1365 BGB um ein absolutes Veräußerungsverbot.
§ 1365 BGB im Gesellschaftsrecht
Anteile an Gesellschaften machen, je nach Wert des Unternehmens, schnell 90 % des Vermögens der Gesellschafter aus. Bei vielen Unternehmen – etwa im Mittelstand oder bei Start-ups – haben die Gesellschafter den Großteil ihres Vermögens in der Beteiligung stecken und wenig anderes Vermögen. Deshalb unterliegt die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen häufig den Beschränkungen des § 1365 BGB. Weniger offensichtlich ist die Relevanz von § 1365 BGB bei anderen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen – immer vorausgesetzt, dass wirtschaftlich mindestens 90 % des Vermögens betroffen sind.
Gründung
Zustimmungsbedürftig ist der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages durch einen Ehegatten, wenn er die Verpflichtung enthält, das (nahezu) ganze Vermögen in die Gesellschaft einzubringen. Praktisch geschieht dies durch eine sehr hohe Stammeinlage in einer Kapitalgesellschaft oder durch eine hohe Beitragspflicht in einer Personengesellschaft. Dabei ist, wie in vielen Fällen der Zustimmungsbedürftigkeit, nicht von Belang, dass durch die Übertragung der wirtschaftliche Wert nicht verloren ist, sondern nur auf die jeweilige Gesellschaft übertragen worden ist.
Beendigung der Gesellschafterstellung
Umstritten ist, ob auch Handlungen, die zur Beendigung der Mitgliedschaft unter Fortbestand der Gesellschaft oder unter Auflösung der Gesellschaft der Zustimmung des Ehegatten bedürfen. Konkret geht es hierbei um Kündigung, Auflösungsklage oder eine Ausscheidensvereinbarung. Einzelne Stimmen der Literatur sehen solche Handlungen als zustimmungsfrei an, wenn es sich bei der Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt. Der personenrechtliche Charakter der Gesellschaft vertrage sich nicht mit einer Fremdeinmischung; deshalb müsse die Entscheidung der Beendigung ausschließlich bei den Gesellschaftern liegen. Dies wird aber von der wohl herrschenden Meinung abgelehnt, denn auch die Veräußerung als solche kann zu einer Beendigung der Gesellschaft führen; zudem spricht bereits die Kündigungsmöglichkeit des Pfändungsgläubigers gem. § 725 BGB oder § 135 HGB gegen das personenrechtliche Argument.
Aufnahme neuer Gesellschafter
Durch die Aufnahme neuer Gesellschafter kann es zu einer Verschiebung der Kapitalanteile kommen; der verheiratete Gesellschafter kann seine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung und damit die Möglichkeit verlieren, wichtige Vermögensentscheidungen der Gesellschaft zu bestimmen. Die reine Möglichkeit von fehlendem Einfluss innerhalb der Gesellschaft reicht aber nicht aus, um eine (nahezu) ganze Aushöhlung des Vermögenswertes der Gesellschaftsbeteiligung anzunehmen. Unter dieser Prämisse ist davon auszugehen, dass die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters nicht der Zustimmung des Ehepartners bedarf.
Änderungen des Gesellschaftsvertrags
Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages kann zustimmungspflichtig sein, wenn sie die wirtschaftliche Seite der Beteiligung in einer Weise betrifft, dass sich daraus sofort oder später eine Preisgabe des Vermögens ergeben kann. So ist eine wesentliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse oder der (nahezu) völlige Ausschluss des Ausein...