Leitsatz
Der Kläger begehrte eine Reduzierung des von ihm zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, der zuletzt durch Urteil vom 20.1.1998 tituliert worden war.
Zur Begründung seines Abänderungsbegehrens berief er sich auf eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich des Selbstbehalts gegenüber einem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt und verwies insoweit auf die Entscheidung des BGH vom 15.3.2006 zum Geschäftszeichen XII ZR 30/04.
Der Kläger vertrat die Auffassung, im Hinblick auf den Inhalt dieser Entscheidung habe eine Abänderung des Urteils des AG aus dem Monat Januar 1998 zu erfolgen.
Er beantragte für die von ihm beabsichtigte Abänderungsklage Prozesskostenhilfe, die ihm vom erstinstanzlichen Gericht nicht gewährt wurde. Einer hiergegen eingelegten Beschwerde wurde vom AG nicht abgeholfen. Auch das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG führte in seinem Beschluss aus, es sei zwar richtig, dass eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Abänderungsgrund i.S.d. § 323 I BGB darstellen könne. Im vorliegenden Fall rechtfertige die Entscheidung des BGH (BGH v. 15.3.2006 - XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 m. Anm. Luthin = MDR 2006, 1235 = FamRZ 2006, 683 ff.) eine Abänderung des Urteils des AG aus dem Monat Januar 1998 jedoch nicht. Beide Parteien hätten zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils bereits Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen. Die Hälfte der Differenz ihrer Renteneinkünfte habe ca. 233,00 DM betragen, diesen Betrag habe das erstinstanzliche Gericht im Jahre 1998 als von dem Kläger zu zahlenden nachehelichen Unterhalt ausgeurteilt.
Das AG habe seinerzeit festgestellt, dass der damals geltende notwendige Selbstbehalt (Düsseldorfer Tabelle, Stand Januar 1996) nicht unterschritten worden sei. Es seien keinerlei Ausführungen dazu gemacht worden, aufgrund welcher Billigkeitsüberlegungen eine Erhöhung des Selbstbehalts gerechtfertigt sein könnte. Vielmehr beruhe das Urteil auf dem in dieser Sache ergangenen Beschluss des OLG Koblenz aus dem Monat November 1997, der in dem Urteil des AG vom 20.1.1998 wörtlich zitiert worden sei und in dem Ausführungen zu einer Erhöhung des Selbstbehalts nicht enthalten seien. Das OLG Koblenz sei in seinem Beschluss jedoch offenkundig davon ausgegangen, dass angesichts der ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien es nicht gerechtfertig wäre, dem Kläger den angemessenen Selbstbehalt zu belassen.
Der BGH habe in seiner Entscheidung vom 15.3.2006 zum Geschäftszeichen XII ZR 30/04 ausgeführt, dass der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Ehegattenunterhalt in der Regel mit dem Betrag zu bemessen sei, der zwischen dem angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt liege. Aus den weiteren Ausführungen ergebe sich, dass im Einzelfall auch von diesem Mittelbetrag nach unten oder oben abgewichen werden könne, wenn Billigkeitsabwägungen gem. § 1581 BGB dies geböten. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen.
Die sich nach der Scheidung fortentwickelnden ehelichen Lebensverhältnisse seien zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des AG vom 20.1.1998 bereits durch den beiderseitigen Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente geprägt gewesen. Das Einkommen der unterhaltsberechtigten Beklagten habe nicht unerheblich unter dem notwendigen Selbstbehalt eines Unterhaltsverpflichteten gelegen, während das Einkommen des Klägers nicht unerheblich unter dem angemessenen Selbstbehalt gelegen habe, der nach damaliger Rechtsprechung zuzubilligen war. Den sich aus den fortentwickelten ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarf habe das AG in seinem Urteil vom 20.1.1998 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Koblenz vom 12.11.1997 zutreffend mit 233,00 DM ermittelt. Nach Auffassung des OLG wäre es nicht richtig gewesen, die Billigkeitsabwägung gem. § 1581 BGB in der Weise vorzunehmen, dass dem Kläger wegen Unterschreitens des angemessenen Selbstbehalts von 1.650,00 DM seine Rente voll verblieb. Auch wenn die Ehe fortgeführt worden wäre, hätten beide Ehegatten nicht einen Betrag von jeweils 1.650,00 DM zur Verfügung gehabt.
Die aktuellen Nettorenten der Parteien nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherung beliefen sich aufseiten des Klägers auf 851,65 EUR und aufseiten der Beklagten auf 628,40 EUR monatlich. Die Beklagte habe in Höhe eines über 81,65 EUR hinausgehenden Unterhaltsbetrages auf die Rechte aus dem Urteil des AG vom 20.1.1998 verzichtet. Eine weitere Reduzierung der Unterhaltsansprüche der Beklagten könne bei der gem. § 1581 BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung vor dem Hintergrund der ehelichen Lebensverhältnisse nicht erfolgen.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 04.01.2007, 11 WF 1200/06