Nach der Rechtsprechung des BGH umfasst der Begriff der Familienangehörigen i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB alle Personen, denen das Prozessrecht (§ 383 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 52 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt. Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder eine besondere persönliche Bindung ist nicht erforderlich.[1]

Dementsprechend zählen zu den Familienangehörigen die Kinder, die Eltern und die Geschwister; ferner Verwandte in gerader Linie z. B. Enkel, Großeltern sowie leibliche Neffen und Nichten.[2] Auch Ehegatten zählen zu den Familienangehörigen; selbst dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht ist oder die Scheidung schon vollzogen ist.[3]

Zu dem sog. privilegierten Personenkreis, für den der Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann, gehören nach der Rechtsprechung auch

  • Schwiegerkinder,
  • Schwiegereltern,[4]
  • Stiefkinder,[5]
  • Pflegekinder und
  • Pflegeeltern.[6]

Eigenbedarf für einen Schwager kann nur geltend gemacht werden, wenn ein besonders enger Kontakt zum Vermieter besteht.[7] Gleiches gilt für die Kündigung zugunsten des Großneffen des Vermieters. Auch hier ist die Darlegung eines besonderen Näheverhältnisses zum Vermieter erforderlich, da ein Großneffe nicht zum Bereich der engen Kernfamilie gehört. Daher ist im Einzelfall ein besonderes und herausgehobenes persönliches Näheverhältnis erforderlich, das über allgemein enge Familienbande hinausgeht und eine moralische Verpflichtung des Vermieters gerade gegenüber der Bedarfsperson begründet.[8]

Für Stiefkinder des Vermieters, die mit diesem weder in einem gemeinsamen Haushalt leben noch mit ihm verwandt oder verschwägert sind, kann Eigenbedarf nicht geltend gemacht werden, da diese – auch bei enger persönlicher Bindung – keine Bedarfspersonen i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind.[9]

 
Hinweis

Entferntere Verwandte

Diese zählen nur dann zu den Familienangehörigen, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine enge Bindung des Vermieters zu dieser Person ergeben oder ihnen der Vermieter rechtlich – oder zumindest moralisch – zur Gewährung von Unterhalt oder Fürsorge verpflichtet ist. Hieraus muss sich dann die Verantwortlichkeit des Vermieters für den Wohnbedarf des Angehörigen ergeben.[10]

Gleiches gilt, wenn sie dem Vermieter persönlich nahestehen, z. B. weil familiäre Beziehungen zu diesen Personen unterhalten werden und die Überlassung der Wohnung der Pflege dieser Beziehungen dienen soll.[11]

 
Wichtig

Beziehung im Kündigungsschreiben nennen

Wird Eigenbedarf für einen entfernteren Verwandten oder Verschwägerten geltend gemacht, sollten die genannten Umstände bereits im Kündigungsschreiben vorgetragen werden.

[6] LG Braunschweig, a. a. O..
[7] BGH, Beschluss v. 3.3.2009, VIII ZR 247/08.
[8] AG Fürstenfeldbruck, Urteil v. 9.8.2019, 5 C 364/19.
[10] OLG Oldenburg, a. a. O.; vgl. auch OLG Braunschweig, RE v. 1.11.1993, 1 W 26/93, WuM 1993 S. 731 für Cousine; LG Frankfurt/M., Urteil v. 8.5.2002, 2/17 S 196/01, WuM 2004 S. 209 für Cousin; LG Stuttgart, Urteil v. 26.2.1998, 6 S 404/97, WuM 1998 S. 598 für Großcousine; LG Mainz, Urteil v. 26.3.1991, 3 S 305/90, WuM 1991 S. 554 für Schwager; LG München, Beschluss v. 5.8.1987, 14 T 24960/86, WuM 1990 S. 23 für Stiefkinder; AG Frankfurt/M., Urteil v. 8.11.1990, 33 C 2911/90-26, WuM 1991 S. 108 für Tante der Ehefrau des Vermieters; BGH, Beschluss v. 3.3.2009, VIII ZR 247/08, WuM 2009 S. 294 für Schwager des Vermieters, wenn ein besonders enger Kontakt besteht.
[11] Vgl. Bub-Treier, IV, Rn. 67; LG Ravensburg, Urteil v. 17.6.1992, 2 S 85/92, WuM 1993 S. 51: Kündigung für Cousine bei enger verwandtschaftlicher Bindung. Die generelle Beschränkung des Begriffs der "Familienangehörigen" nur auf Verwandte in gerader Linie wäre eine unzulässige Einschränkung des Verfügungsrechts des Vermieters, OLG Braunschweig, a. a. O..

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