Nach divergierenden Entscheidungen der Vorinstanzen beschäftigte sich der BGH im Revisionsverfahren ausführlich mit dem Begriff der Familie in den mietrechtlichen Bestimmungen. Der BGH stellte klar:
- Die Begriffe "Familie" in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB und "Familienangehörige" in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB haben die gleiche Bedeutung.
- Der mietrechtliche Familienbegriff umfasst ausschließlich diejenigen Personen, denen das Gesetz ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen einräumt (§ 383 ZPO, § 52 StPO).
- Ein entfernter Verwandter wie ein Cousin gehört nicht zu diesem Personenkreis.
- Daran ändert es auch nichts, wenn zwischen dem Cousin oder einem sonstigen Verwandten und dem Vermieter eine enge persönliche Bindung besteht.
Nur ein enges Verwandtschaftsverhältnis rechtfertigt Kündigungsprivilegierung
Der BGH begründete diese enge Auslegung des Familienbegriffs mit dem Sinn der Privilegierung von Familienangehörigen bei der Eigenbedarfskündigung. Der Gesetzgeber habe dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass innerhalb einer Familie infolge des engen Verwandtschaftsverhältnisses typischerweise ein Verhältnis persönlicher Verbundenheit und gegenseitiger Solidarität bestehe. Allein dies sei nach dem Willen des Gesetzgebers die Rechtfertigung für die Privilegierung einer zeitnahen Eigenbedarfskündigung.
Besondere persönliche Nähe ist ohne Bedeutung
Der Senat betonte, dass das Gesetz in diesen Fällen eine typisierende Betrachtungsweise vornehme. Es sei nicht im Einzelfall zu prüfen, ob eine besondere persönliche Nähe zwischen den Beteiligten tatsächlich bestehe oder nicht. Die typisierende Betrachtungsweise diene der Rechtssicherheit und schließe eine einzelfallbezogene Prüfung des Vorliegens einer besonderen sozialen Nähe aus. Die Schaffung objektiver Kriterien rechtfertige es nach Auffassung des BGH, die vom Gesetzgeber vorgenommenen Wertungen bei der Privilegierung von Familienangehörigen im Rahmen der des Rechts zur Zeugnisverweigerung heranzuziehen und hier eine Einheitlichkeit der Rechtsordnung herzustellen.
Cousins rechtfertigen keinen Eigenbedarf
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die Kündigung von Mietverhältnissen zugunsten des Eigenbedarfs eines Cousins weder im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gerechtfertigt ist, noch eine Privilegierung wegen der Zugehörigkeit zur selben Familie i. S. d. § 577a Abs. 1 Abs. 2 BGB rechtfertigt. Da der Rechtsstreit entscheidungsreif war, hat der BGH die ursprüngliche, die Räumungsklage abweisende Entscheidung des AG unter Zurückweisung der Berufung wieder hergestellt.